Lebensläufe Zeitläufte. Karlheinz Gerlach

Lebensläufe Zeitläufte - Karlheinz Gerlach


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bei dem jungen Schweizer Vikar Johann Georg Sulzer. Er übernahm nach dem Tod des Vaters 1753 die Firma Heinrich Wilhelm Bachmann & Comp., die 1755 ein kgl. Privileg für Seidenbänder und Samtborten auf französische Art erhielt. Bachmann besaß in Magdeburg ein Haus am Sudenburger Tor und ein Gartenhaus auf dem Werder, in das er die Sommer-Gesellschaften einlud, besaß einen englischen Flügel, komponierte, übersetzte aus dem Französischen und lateinische Klassiker, schrieb für die moralischen Wochenschriften Der Greis (1763-1765) und Der Wohltäter (1772-1773, Herausgeber Johann Samuel Patzke [1727-1787], Prediger an der Magdeburger Heiliggeistkirche), zahlte als Kunstmäzen dem Leipziger Dichter und Moralphilosophen Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769) für ein Auftragsgedicht 50 Dukaten, veröffentlichte 1768 in Berlin anonym Briefe von den Herren Gleim und Jacobi. Er, Johann Wilhelm Ludwig Gleim u. a. finanzierten 1761/62 den Aufenthalt der Dichterin Anna Louisa Karsch, der Karschin, in Halberstadt und Magdeburg.

      Anna Louisa Karsch (1.12.1722 Hammer bei Schwiebus/Neumark Brandenburg-12.12.1791 Berlin, Grab an der Sophienkirche), V Gastwirt Dürbach († 1728), ∞ 2. Schneider Daniel Karsch aus Fraustadt (im Siebenjährigen Krieg Soldat, lebten getrennt), schrieb bereits als junge Frau Gedichte, wurde nach dem Umzug nach Glogau in Schlesien als Dichterin bekannt, verfaßte im Siebenjährigen Krieg Lobeshymnen auf Friedrich II. und Preußen, die durch Flugschriften weit verbreitet waren und sie in Berlin bekanntmachten, 1761/62 in Halberstadt, wo Gleim sie als deutsche Sappho feierte und später die Herausgabe der Auserlesenen Gedichte (Herausgeber Johann Georg Sulzer, Berlin 1764) veranlaßte, und in Magdeburg, wo sie am Hofe Königin Elisabeth Christines verkehrte und → Herzog Ferdinand von Braunschweig kennenlernte, schrieb zum Johannisfest der Loge Félicité die Ode An den Schatten des Täufers Johannes, für Heinrich Wilhelm Bachmann die Ode an Freund Bachmann, Loblied auf die Freymäurer. Der Verf. zu Ehren. Auf Kosten der Gesellschaft (bei → Georg Jakob Decker: Berlin 1765, 2 Blatt), Lied an die versammelten Freymäurer von A. L. Karschin, den 5ten Julii 1767 (bei Veltheim: Berlin 1767, 2 Blatt), Zum Lobe der edlen Freymäurergesellschaft gesungen am Tage ihrer jährlichen Versammlung, den 5. Juli 1768 (Berlin 1768, 3 Blatt), Drei Loblieder auf die Freimaurer sowie Ode für die Loge Ferdinand zur Glückseligkeit (in: Auserlesene Gedichte). Die Karschin lebte ab 1761 in Berlin, wo heute die Anna-Louisa-Karsch-Straße an sie erinnert.

      Bachmann entdeckte 1761 gemeinsam mit Georg Christoph Silberschlag (1731-1790), Lehrer an Kloster Berge und Laienastronom, die Venusatmosphäre. Er war Mitgründer des Gelehrten Clubs (Mittwochsgesellschaft). 1760, mitten im Siebenjährigen Krieg, gründeten Kaufleute und Fabrikanten der französischen und Pfälzer Kolonie, unter ihnen der 23-jährige Bachmann, Beamte des in die Festung Magdeburg geflüchteten Berliner Hofes sowie gefangene Offiziere die Loge De la Félicité. Die Loge erhielt am 23.2.1761 nicht von der Mutterloge zu den drei Weltkugeln, sondern von ihrer Tochter De la Concorde ein Konstitutionspatent mit der Folge eines folgenreichen Streits unter den Berliner Freimaurern und der Gründung einer Schiedsstelle, des Maurerische Tribunals. Die Loge wählte Bachmann im September 1761 zum deputierten (interimistischen) Meister vom Stuhl (bis Dezember 1761). Nach einem Streit zwischen Kolonie- und einheimischen Logenmitgliedern traten Letztere am 29.6.1761 aus der Loge aus und gründeten eine eigene Loge, Zur Glückseligkeit. Die beiden Logen riefen das Maurerische Tribunal an, das am 26.11.1761 auf der Grundlage eines Berichts des gefangenen hessischen Obersten → Karl August v. Gemmingen und des kurhessischen Gesandten am Berliner Hof Gottfried Adam Freiherr v. Hochstätter, beide Mitglieder der Mutterloge zu den drei Weltkugeln, die Existenz zweier Logen in Magdeburg anerkannte. Die Glückseligkeit nannte sich fortan Zur Beständigkeit (28.11.1762 Konstitutionspatent der Mutterloge zu den drei Weltkugeln). Bachmann wechselte Dezember 1761 zur Beständigkeit; sie erlosch Januar 1767. Bachmann verlor in der schweren Wirtschafts- und Finanzkrise Europas nach dem Siebenjährigen Krieg einen großen Teil seines Vermögens. Er gründete 1767 ein neues Unternehmen, die Typographische Gesellschaft, verlor erneut große Summen und floh 1768 vor dem drohenden Bankrott nach St. Petersburg, wo er wohl ebenfalls scheiterte und sich das Leben nahm.

      Bachmann, Jean (Johann Peter Heinrich) (3.9.1766 Rheinsberg/Mark Brandenburg-6.12.1824 Königsberg/Pr.), luth., V Johann Nikolaus Bachmann († 10.3.1773), Hornist in der Kapelle → Prinz Heinrichs in Rheinsberg, M Charlotte geb. Lavilleta, ∞ 1788 Friederike Schuch (* 1.1.1767 Berlin, V → Franz Schuch d. J., M Johanna Karoline Steinberg geb. Zarger [1739-1787]),

      Schwager:

      Karl David Ackermann (1751 Ruhland/Kursachsen-1796 Danzig), luth., Schauspieler, Bühnen- und Konzertsänger, 1753 Mitglied der Schuchschen Schauspielergesellschaft in Danzig, 1776-1795 in Königsberg, spielte im Musikleben bedeutende Rolle, 1786 kurze Zeit Gesellschafter der Prinzipalin Schuch, 1799 in Danzig auch Brauereibesitzer, a. 1777 Königsberg von der Loge Zum Totenkopf (GLL), II. 1779, III. 1783, zwischenzeitlich 1784 Mitglied der Logen Aurora in Treptow a. d. Rega, 12.5.1790 Constantia zur gekrönten Eintracht in Elbing, IV. 2.11.1796.

      Jean Bachmann, Schauspieler und Sänger (Baß), kam 1782 mit seinem jüngeren Bruder Johann Karl Bachmann (* 4.5.1769 Rheinsberg) zur Schuchschen Schauspielergesellschaft, deren Mitdirektor er nach seiner Heirat mit Friederike Schuch in Königsberg und Danzig wurde. Er blieb nach der Teilung der Gesellschaft 1802-1812 Direktor des Theaters in Danzig, trat aber weiter als Sänger auf. Bachmann suchte in Königsberg Mitglied der Loge Zu den drei Kronen zu werden, die ihn jedoch abwies. Dagegen nahm ihn am 27.7.1796 in Elbing die Loge Constantia zur gekrönten Eintracht auf, beförderte ihn am 3.11.1796 zum Gesellen und Meister und am 11.7.1803 zum Schottenmeister; sie führte ihn 1796-1802 als auswärtiges Mitglied. Er war 1804/1805 Schottenmeister in der delegierten altschottischen Loge Drusis.

      Badenhaupt, Friedrich Ernst (1741-2.2.1776 Berlin an Brust- und Rippenfellentzündung), ref., Eltern nicht ermittelt, ∞ Mitau Witwe Marggraf,

      Sohn:

      Christian Ernst Badenhaupt († 1773), cand. jur., Theden? hielt in Anwesenheit des Vaters die von → Georg Jakob Decker gedruckte Trauerrede über das Absterben des Br. du Guibert und des jüngeren Br. Badenhaupt, gehalten in der Trauerversammlung der vereinigten Logen der drey Weltkugeln, der Eintracht und zum flammenden Stern von einem vorsitzenden Br. den 24sten Sept. 1773.

      Friedrich Ernst Badenhaupt verlor in seiner frühesten Kindheit seinen Vater, der der Witwe wenig oder nichts hinterließ. Wer ihm den Besuch des Joachimsthalschen Gymnasiums in Berlin und das dreijährige Theologiestudium in Frankfurt (Oder) (28.4.1770 immatrikuliert) ermöglichte, wissen wir nicht. Er erhielt im Herzogtum Kurland die Hofmeisterstelle eines jungen Adligen und danach die der Kinder des wohlhabenden Kaufmanns Marggraf in Mitau (heute Jelgava), der kurländischen Hauptstadt. Als Marggraf starb, heiratete die Witwe den Hofmeister, um ihren Kindern einen Mentor zu erhalten, der so väterlich gegen sie dachte. Badenhaupt zog mit seiner Frau und ihren drei jüngsten Kindern nach Berlin, wo er vergeblich auf eine Anstellung hoffte. Um nun nicht ganz ohne Beschäftigung zu sein, übernahm er indessen die Stelle eines Mitglieds [unbesoldeten Assessors] bei dem Armen-Directorio, welche er fünfzehn ganze Jahre mit Gesinnungen eines wahren Waisenvaters ohne die mindeste andere Belohnung als den Hofratstitel versahe. Dem Berliner Armendirektorium unterstanden die Armen-, Kranken- und Waisenhäuser sowie das Arbeits- und Irrenhaus. Badenhaupt wollte 1761, mitten im Siebenjährigen Krieg, nach St. Petersburg zu seinem ältesten Stiefsohn, Leibmedikus des Grafen Ivan Ivanovič Šuvalov (1727-1797), Favorit der Zarin Elisabeth (Elizaveta Petrovna Romanova, 1709-1762, 1741-1762 Kaiserin von Rußland), reisen. Die militärische Lage Preußens war 1760 katastrophal, Ostpreußen, Sachsen und Schlesien in der Hand der Gegner, Berlin zeitweise besetzt, die Aussichten auf das folgende Jahr nicht besser. In dieser Situation wollte Friedrich II. die Reise Badenhaupts nutzen. Er erteilte ihm mündlich durch den Kaufmann → Gotzkowsky und am 16.12.1760 in Leipzig in einer schriftlichen geheimen Instruktion den Auftrag, Šuvalov zu gewinnen und es bei seiner Souveränin dahin einzuleiten, damit dieselbe, nachdem obgedachter Badenhaupt nämlich die Umstände dort finden wird, entweder gar einen Particulärfrieden mit Sr. Königl. Majestät, ohne Conditiones von Cessionen, schließe, oder aber


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