Rituale im Jahreskreis. Roswitha Stark

Rituale im Jahreskreis - Roswitha Stark


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von einer Sonnenwende bis zur nächsten gerechnet. Es gibt zwei Sonnenwenden innerhalb eines Jahres: Die Wintersonnenwende am 21. oder 22. Dezember (= Winteranfang) und die Sommersonnenwende am 21. Juni (= Sommeranfang). An diesen Tagen erreicht die Sonne ihren größten Abstand zum Himmelsäquator, von da an ändert sie ihre Bewegungsrichtung und nähert sich wieder dem Äquator an.

      Der Stellare (=Sternen-)Kalender orientiert sich an dem jeweiligen Stand verschiedener Sterne, wobei Sonne wie Mond eine untergeordnete Rolle spielen. Ein Jahr beginnt hier zum Beispiel nicht mit dem Wiedererscheinen des Mondes, sondern eines bestimmten Sternes. Solche Kalendersysteme verwendeten die alten Ägypter, die Maya und andere alte Kulturen. Die berühmten mystischen und vielfach noch völlig unverstandenen Maya-Kalender waren der Sonne stark verbundene Rechensysteme, die aber nicht in unser Verständnis klassischer Kalender passen. Sie sind eher universelle Codes, die wohl die Schöpfungsprinzipien des Lebens abbildeten und übersetzten.

      Auf den folgenden Seiten werden die beiden Kalender vorgestellt, die unsere westliche Kultur in besonderem Maße geprägt haben.

      Julianischer Kalender

      Gaius Julius Caesar machte sich nicht nur einen Namen als römischer Feldherr und Diktator, sondern er verewigte sich auch als Reformator der Zeitrechnung, indem er 46 v. Chr. den julianischen Kalender einführte. Dieser löste den altrömischen Kalender ab, der mit Schaltmonaten versucht hatte, die Differenz zwischen Mondjahr und Sonnenjahr zu überbrücken. Der julianische Kalender besteht aus einem System von 12 Monaten, wie wir es kennen, von Januar bis Dezember. Jeder Monat zählt 30 oder 31 Tage, mit Ausnahme des Monats Februar. Zunächst bezogen die Römer den julianischen Kalender auf den Zeitpunkt der Gründung Roms, die wir in unserem modernen Kalender auf das Jahr 753 v. Chr. datieren. Mit dem politischen Sieg des Christentums wurde der Nullpunkt des Kalenders jedoch mit dem Geburtsjahr Christi identifiziert. Neueste Korrekturen veränderten das Geburtsjahr Jesu Christi geringfügig. Die Vermutung, dass Jesus wahrscheinlich vier Jahre vor Beginn der christlichen Zeitrechnung geboren wurde, bleibt jedoch ohne Einfluss auf die Form des heutigen Kalenders. In diesem System folgt auf das Jahr 1 v. Chr. unmittelbar das Jahr 1 n. Chr., das heißt in der christlichen Zeitrechnung gibt es kein Jahr 0. Das zeigt uns erneut, wie willkürlich die Kalendarien und Zeitrechnungen angelegt wurden.

      Der julianische Kalender führte alle vier Jahre ein Schaltjahr mit 366 Tagen ein; das durchschnittliche Jahr hatte dadurch 365,25 Tage (also 365 Tage und sechs Stunden) und entsprach damit fast genau dem Sonnenjahr – fast, denn die Erde braucht, um genau zu sein, für ihren Umlauf um die Sonne 365,24219878 Tage und damit etwas weniger, als der julianische Kalender festgelegt hatte. Im 16. Jahrhundert hatte sich dieser kleine Fehler auf zehn Tage addiert. Die Tagundnachtgleiche, die auf dem Konzil von Nizäa im Jahr 325 auf den 21. März festgelegt worden war, fiel im Jahr 1582 auf den 10. März. Das julianische Jahr ist also gegenüber dem Sonnenjahr um elf Minuten und 14 Sekunden zu lang, sodass sich die Abweichung im 14. Jahrhundert schon auf mehr als sieben Tage belief. Wieder war es also mehr schlecht als recht gelungen (oder misslungen), den natürlichen Lauf der Erdenbahn um die Sonne in eine rechnerische, von Menschen gemachte Form pressen zu wollen.

      Gregorianischer Kalender

      Die durchschnittliche Jahreslänge des julianischen Kalenders mit 365,25 Tagen bedeutete in Bezug auf das astronomische, mittlere Sonnenjahr eine Abweichung von 0,0078 Tagen. Das Kalenderjahr verschob sich zum Sonnenjahr also relativ langsam, aber stetig. Bis zum 16. Jahrhundert war die Diskrepanz zur jahreszeitlichen Ordnung so groß geworden, dass Papst Gregor XIII. kurzerhand eine Kalenderreform im Stil der katholischen, machthabenden Kirche durchführte:

      ► Er ließ die zehn Tage zwischen dem 4. und dem 15. Oktober 1582 einfach ausfallen, um die Abweichung zum Sonnenjahr auszugleichen. Nach dem 4. Oktober 1582 wurde direkt mit dem 15. Oktober 1582 weitergezählt. Damit wurden zehn Tage zum Zweck der Angleichung einfach eliminiert.

      ► Gregor XIII. führte Schaltjahre mit bestimmten Regeln ein, um Abweichungen auszugleichen: Nur noch diejenigen Jahre am Ende eines Jahrhunderts sollten Schaltjahre sein, die sich durch 400 teilen ließen (1600, 2000 usw.). Damit dauert ein Durchschnittsjahr 365,2425 Tage; danach wird erst nach knapp 3320 Jahren wieder eine Korrektur von einem Tag notwendig sein. Der Beginn des neuen Jahres wurde offiziell auf den 1. Januar gelegt. Der Name des Monats stammt vom lateinischen Wort „ianua“ (= Tür, Eingang, Durchgang). Diese Festlegung hat vermutlich mit der Wintersonnenwende sowie der Geburt Jesu Christi zu tun.

      ► Es wurden neue Regeln zur Berechnung des Osterfestes eingeführt.

      Der gregorianische Kalender ist in unserer Zeit bis auf Ausnahmen internationaler Standard geworden. Seit Gregor XIII. hat es Versuche gegeben, den Kalenderstandard unter verschiedenen Gesichtspunkten zu ändern. So gelang es zum Beispiel dem Maya-Spezialisten José Argüelles, eine Papst-Audienz zu bekommen, um sein neues Denken zur Zeit- und Lebensqualität vorzustellen – allerdings erfolglos. Wir können uns von alten Gewohnheiten nur sehr schwer trennen, selbst wenn sie nicht mehr wirklich „zeitgemäß“ sind.

      Auch wenn die meisten Menschen auf den gregorianischen Kalender „getaktet“ sind, sollten wir uns bewusst machen, dass dies nicht unserem natürlichen Rhythmus entspricht.

      Die 12er-Taktung der Uhr

      Ich konnte Uhren am Handgelenk nie leiden. Sie erschienen mir immer wie eine Fessel. Bis heute habe ich ein gutes Zeitgefühl, ohne ständig eine Uhr bei mir tragen zu müssen. Die Uhr am Handgelenk taktet uns den ganzen Tag auf eine fiktive Zeit ein und auf die damit verbundene Botschaft: „Zeit ist Geld“ Direkt am Puls sitzend, der eigentlich Ausdruck unseres individuellen Rhythmus ist, beeinflusst der künstliche 60-Sekunden-Takt permanent wichtige Meridiane (= Licht- und Lebensbahnen), die direkt hier unter der Haut und in unserem angrenzenden feinstofflichen Feld der Aura liegen. Unsere Uhren repräsentieren eine Druck erzeugende manipulierende Energie, denn sie behaupten, der natürliche Rhythmus sei die 12 (12 Stunden habe ein Tag, 12 Monate ein Jahr). Wir haben aber nicht immer genau 12 Mondphasen pro Jahr, manchmal sind es auch 13! Und so werden wir letztlich in ein ungenaues Schema hineingepresst, das unserem eher chaotischen, aber lebendigen System nicht entspricht.

      Unser Körper, unser Zellgedächtnis und unsere Seele wissen jedoch um dieses flexible, fließende Lebensprinzip, weshalb die künstliche Taktung Stress erzeugt. Ein Beispiel sind die Stechuhren in den Fabriken. Könnte der Grund für das in der westlichen Welt weitverbreitete Gefühl der Sinnlosigkeit nicht in diesem unmenschlichen Zeit(erfassungs)-System liegen? Mit dem reinen Messen der Zeit nach dem willkürlichen (gregorianischen) Kalender wachsen unser Stress und unser Getriebensein und das Bedürfnis nach Erholung am Ende der vermeintlich abgelaufenen Zeit. So ist die Zeit während der Woche weniger wert als das Wochenende, weil damit meist Arbeit assoziiert wird, während das Wochenende Lebensqualität bedeutet. Das Wochenende ist aber schnell vorbei, sodass hier wiederum nur die Quantität im Vordergrund steht. Wir warten darauf, dass es endlich Frühling wird, statt die Qualität des Winters wertzuschätzen und genießen zu lernen. Wir warten auf das Rentenalter, weil es uns da endlich besser gehen wird. Denken Sie immer noch in Vergangenheit und Zukunft und vergessen dabei, im Hier und Jetzt zu leben?

      Was den Maya-Kalender auszeichnet

      2012 geriet bei vielen Menschen weltweit ein einzigartiges Kalendersystem in den Mittelpunkt des Interesses, das mystisch, prophetisch und unverstanden zugleich anmutet: Der Kalender der Mayas sollte am 21. Dezember 2012 zu Ende gehen, was bei zahllosen Menschen Panik und Weltuntergangsszenarien auslöste und nebenbei den Propheten des Zeitenendes einen riesigen Umsatz bescherte. Sollte es einen Leser geben, der dies nicht mitbekommen hat, so möge er sich bitte bei mir melden (dagegen gibt es bestimmt Leser, die noch nie etwas vom julianischen Kalender gehört haben). Wenn wir jetzt nicht alle völlig unbemerkt in eine andere Dimension katapultiert worden sind, dann scheint dieses Ende der Zeit oder der Welt zumindest hinausgeschoben worden zu sein.

      Das ungewöhnlich exakte Astronomie- und Kalenderwissen der Maya erstaunt uns Mitteleuropäer sehr, hat es doch mit seiner Genauigkeit bis heute nicht seinesgleichen gefunden. Obwohl die Maya rund 20 verschiedene Kalender besaßen, die natürliche, planetare, solare und galaktische Zyklen abbildeten, wurden vor allem drei Kalendersysteme näher erforscht und interpretiert: der Tzolkin als heiliger Kalender mit einem


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