Rückkehr zu Gott. Jörg Gabriel
conflatis omnibus et singulis tuis scolasticis unum componas sermonem similem uni illius; non hoc exigo, certus, quod impossibilia tibi sunt. Sed hoc solum insulto: adhibe omnes nervos ingenii tui cum omni copia eruditionis tuae scolasticae, et totam. … si unum aut alterum sermonem eius intelligere digne possis. Postea credemus tibi illum esse somniatorem, te vero unum vigilatorem aut certe apertis oculis dormitantem.“
79 Zu Blosius: Siehe Hoenen 1994, 409ff.
80 Ludovici Blosii, Opera, Antwerpen 1632, 348: „Haec et his similia scribens Thaulerus, non demolitur, sed plurimum adiuuat stabilitque regularem Religionis obseruantiam.“ Vgl. Thery 1927, 44f.; Gnädinger 1993, 420.
81 Hoenen 1994, 412. Zu Blosius Argumenten im Einzelnen: Siehe Hoenen 1994, 409 – 414.
82 Haas 1989 (a), 270f.
83 Vgl. Gnädinger 1993, 420.
84 Hoenen 1994, 424; insgesamt Vgl. 414 – 424. Hoenen bietet darüber hinaus im Anhang eine Synopse des mittelhochdeutschen Textes, der protestantischen Ausgabe von 1565 und der niederländischen protestantischen Ausgabe von 1588 (427 – 444). Vgl. Mösch 2004, 4; Otto 2003, 183 – 214.
85 Vgl. Gnädinger 1993, 420.
86 Vgl. Gnädinger 1993, 418; Weilner 1961, 30; Reusch 1880, 24. Der erste Römische Index entstand 1559; seit 1571 gab es eine ständige Indexkongregation; 1966 wurde der Index außer Kraft gesetzt.
87 Zur Überlieferung und Drucktradierung Siehe Einleitung, viertes Kapitel.
Zweites Kapitel
Forschungsstand
Die Forschung über Johannes Tauler setzte schon sehr früh ein, vor allem auf protestantischer Seite.88 Bereits 1584 erschien in Wittenberg von Michael Neanders die kleine Schrift „Theologia Bernhardi et Tauleri“89, deren Taulerteil einige Auszüge aus den Tauler zugeschriebenen Schriften enthält.90
Die erste Arbeit über Johannes Tauler schrieb um 1583 der Protestant Peter Glaser. Sie trägt den Titel: „Tauleri Christliche Lehre von dem fürnemsten heuptstücken der heiligen Schrifft (und sonderlich wie er seine Zuhörer auff Christum gewiessen) und dargegen die Bäptische irthume gestraffet habe.“91 Glaser beschreibt Taulers Leben, stellt in einigen Punkten dessen Lehre vor und zitiiert aus den Predigten.92
Der Wittenberger G. F. Heupelius brachte 1688 ein Buch über Tauler heraus: „Memoria Joh. Tauleri instaurata.“93 Heupelius gelangt aufgrund der in seinem Buch zitierten Aussprüche Taulers zu der Überzeugung, man solle Tauler nur mit grosser Vorsicht lesen.94
Die erste Dissertation über Tauler wurde von protestantischer Seite 1786 in Straßburg von J.J. Beck, hinter der wahrscheinlich der elsässische Pastor und Sozialreformer Johann Friedrich Oberlin (1740 – 1826) stand, unter dem Titel „De Tauleri dictione vernacula et mystica“ herausgegeben.95 Der bleibende Wert dieser Arbeit besteht darin, dass über den Inhalt der im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 verbrannten Taulerhandschrift Cod. A,91 ausführlich berichtet wird.96
Im 18. Jahrhundert ging das Interesse an mystischer Literatur stark zurück, da die Aufklärung mit dem Anliegen der Mystik nichts anzufangen vermochte.97 Das änderte sich wieder in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1841 brachte der Protestant Carl Schmidt eine Monographie über Tauler heraus.98 Schmidt versucht Taulers Denken systematisch darzustellen. Dabei nennt er Tauler einen Pantheisten wider Willen.99 In seinen Ausführungen orientiert sich Schmidt vor allem am sog. „Meisterbuch“ bzw. an der „Nachfolgung des armen Lebens Jesu“. Für ihn ist die „Nachfolgung“ das Hauptwerk Taulers.100 Erst einige Jahrzehnte später konnte Heinrich S. Denifle nachweisen, dass sowohl das „Meisterbuch“ als auch die „Nachfolgung“ nicht von Tauler stammen.101 Schmidts Verdienst um die Taulerforschung besteht darin, dass er den Inhalt der im Krieg von 1870/71 vernichteten Handschriften durch seine Abschriften bewahrt hat.102 Vom selben fehlerhaften Taulerbild wie Schmidt ist auch die erste umfassende Geschichte der Mystik in Deutschland von Wilhelm Preger geprägt (1874 – 93).103 Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts erschienen noch einige kleinere Abhandlungen über Tauler, auf die Helander in seiner Arbeit eigens hinweist.104
Zur Wende in der Taulerforschung kam es durch den Dominikaner Heinrich Seuse Denifle (1844 – 1905)105, der nachweisen konnte, welche Schriften Taulers echt bzw. unecht sind. Auf diese Weise war es ihm möglich, annähernd das heutige Textkorpus zu rekonstruieren.106 Denifle bricht
„mit den seit 400 Jahren tradierten und nur vereinzelt angezweifelten Vorstellungen vom Lebenslauf und Werk Taulers. Denifle zeigt gleichfalls, dass der immer wieder geäußerte Pantheismusverdacht bei Tauler keine Grundlage hat. Es ist nicht übertrieben, wenn man feststellt, dass die Taulerforschung damit an ihrem ‚Punkt Null‘ angekommen ist.“107
Zekorn beschreibt in seiner Arbeit ausführlich den Stand der Forschung bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein.108 Darüber hinaus geht Ruh auf den Forschungsstand bis 1996 ein.109 Alle Beiträge über Tauler, deren Qualität sehr unterschiedlich ist, zu besprechen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Wir wollen deshalb nur auf die Veröffentlichungen und Arbeiten näher eingehen, die für diese Arbeit wichtig bzw. die neueren Datums sind.
Im folgenden sei ein kurzer Überblick über diese Arbeiten gegeben: 1961 erschien eine Gedenkschrift zum 600. Todestag Taulers110, in der in einzelnen Beiträgen Fragen zum Leben und Wirken, zur Gedankenwelt und Einflusssphäre Taulers behandelt werden und die viele Aspekte der vorangegangen Forschung enthält. Die Fülle der Themen, die von verschiedenen Autoren behandelt werden, bietet eine gute Übersicht in Taulers Welt und Denken.111
Die Arbeiten von Ignaz Weilner112 (1961) und Bernd Ulrich Rehe113 (1989) beleuchten Taulers Predigten auch aus dem Blickwinkel der Psychologie. Weilner möchte in seiner moral-theologischen Studie zeigen, dass es bei Tauler so etwas wie eine „Psychologie der Tiefe“ gibt.114 Laut Weilner hat Tauler „nicht irgendeine mystische Theorie entwickelt oder ein … überkommenes Schema“115 wiedergegeben. Tauler beschreibt vielmehr unermüdlich „einen bedeutsamen Erlebnisvorgang unter wechselnden Gesichtspunkten“116. Diesen Erlebnisvorgang, der in Taulers eigenem Leben seine Grundlage hat117, stellt Weilner wie folgt dar:
„Der Mensch, auch der gutwillig Fromme, droht sich mit den Jahren immer mehr an die Mannigfaltigkeit der Weltdinge zu verlieren, ohne dass er es merkt; ja er glaubt sogar, sich selber darin um so intensiver zu besitzen.118
Soll sich der Mensch jedoch in all den Dingen nicht verlieren, muss er durch die tiefe Krise der „Zweiten Bekehrung“119 wieder mit dem „Grund und Ursprung alles Lebens … sich in Gott zurückgewinnen“.120 Diese Bekehrung, so Weilner, verbindet Tauler mit dem vierzigsten Lebensjahr. Darin sehe Tauler ein „Entwicklungsgesetz des geistlichen Lebens“121:
„Zwischen dem vierzigsten und fünfzigsten Lebensjahr vollzieht sich nach seinen [Taulers] Beobachtungen im seelischen Bereich des Menschen ein Strukturwandel, in dem nicht nur die ganze bisherige Lebensleistung in Frage gestellt wird und auf ihren Echtheitsgehalt geprüft wird, sondern zugleich die große Chance zur wesentlichen Verinnerlichung, im Einzelfall sogar zu mystischer Begnadung bietet.“122
Vom Begriff der Bekehrung aus deutet Weilner die Einkehr des Menschen in den Seelengrund als einen Reifeprozess, als einen Weg inneren Wachstums. Was die Seele in diesem Prozess erlebt, beschreibt Weilner im ersten Teil seiner Arbeit aus der Sicht Taulers.123 Im zweiten Teil weist Weilner Parallelen zwischen der Tiefenpsychologie C. G. Jungs und Tauler auf.124 Rehe folgt Weilners Ansatz und ergänzt dessen Untersuchung mit Erkenntnissen aus der Entwicklungspsychologie, indem er sich am lebensgeschichtlichen Ansatz von August