Tinnitus. Eberhard J. Wormer

Tinnitus - Eberhard J. Wormer


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oder E.T.A. Hoffmann („dass es Ihnen im Kopfe ganz schrecklich saust und braust“).

      Der Komponist Ludwig van Beethoven litt zeitlebens unter Schwerhörigkeit und Tinnitus bis hin zur Ertaubung.

      Schlimmer erging es Musikern und Komponisten, die von Tinnitus und Hörverlust geplagt waren. Die berühmtesten Künstler, die Tinnitus als inneres akustisches Inferno erlebten, waren Beethoven, Schumann und Smetana. Insbesondere Beethoven litt schwer an Ohrgeräuschen und seiner Ertaubung: „Mein Gehör ist seit drei Jahren immer schwächer geworden … Nur meine Ohren, die sausen und brausen Tag und Nacht fort. Ich kann sagen, ich bringe mein Leben elend zu, seit zwei Jahren fast meide ich alle Gesellschaften, weil‘s mir nicht möglich ist, den Leuten zu sagen: Ich bin taub.“

      Der große Romantiker Robert Schumann wurde nicht nur vom „beständigen Singen und Brausen im Ohr“ gequält, sondern hatte häufig akustische Halluzinationen. Schumanns tragisches Schicksal hing auch mit seiner angeschlagenen Psyche zusammen.

      Der böhmische Komponist Bedřich Smetana (1824-1884), gleichfalls ein Romantiker, verewigte 1876 seinen Tinnitus in einem Streichquartett mit dem Titel Aus meinem Leben in Form eines „hohen e“ der ersten Violine über heftig tremolierten Tönen der übrigen Streicher. Smetana litt stark unter Ohrgeräuschen. Tag und Nacht hörte er das „schrille Pfeifen eines As-Dur-Sextakkords in den höchsten Registern der Piccoloflöte“. Sein zweites Streichquartett komponierte er in völliger Taubheit.

      Seit Anfang des 19. Jahrhunderts kündet das lärmende Inferno von Dampfmaschinen und Eisenbahnen von Industrialisierung und Technisierung. Das geht auch am Ohr nicht spurlos vorüber. Hörstürze, Lärmtraumen und Tinnitus-Fälle häufen sich. Lokomotivführer und Kutscher klagen über Ohrensausen, Kesselflicker, Schlosser und Schmiede über Schwerhörigkeit.

      1880 befassen sich Ohrenärzte erstmals mit dem Einfluss von Berufstätigkeiten auf das Gehör. Lärm kann krank machen, das liegt auf der Hand. Als Ursache solcher subjektiven Gehörsempfindungen identifiziert man nervöse Störungen, Angst einflößende und verunsichernde Effekte. Beschreibungen von durch Lärm verursachten Missverständnissen finden sich zahlreich in Texten von Franz Kafka.

      Meyers Konversationslexikon (1888/1908) definiert Ohrensausen als „eine Reihe subjektiver Gehörsempfindungen, welche, durch eine krankhafte Reizung des Hörnervs bedingt, als Sausen, Brausen, Zischen, Pfeifen, Klopfen, Brummen, Rauschen, Knacken, Zirpen etc. empfunden werden. Sie entstehen durch Reizbarkeit des Nervensystems infolge von Krankheiten, von Blut- und Säfteverlusten, bei gastrischen Zuständen, bei Hirn- und Geisteskrankheiten.“

      Bis ins 20. Jahrhundert wurde „Nervenschwäche/Reizbarkeit“ (Neurasthenie) als mögliche Begleiterscheinung des modernen Lebensstils in der industrialisierten Gesellschaft heiß diskutiert. Als Hauptsymptome dieser „Zivilisationskrankheit“ galten erhöhte Lärm- und Schmerzempfindlichkeit. „Ohne Ohropax bei Tag und Nacht ginge es gar nicht“, schreibt Kafka 1922.

      Das lärmgeplagte Ohr des modernen Menschen, dargestellt vom britischen Karikaturisten George Cruikshank (1792-1878)

      Tinnitus-Prominenz

      → Martin Luther (1483–1546), Reformator (Tinnitus, Morbus Menière)

      → Francisco de Goya (1746–1828), spanischer Maler und Grafiker (Tinnitus und Ertaubung)

      → Joseph Toynbee (1815–1866), englischer Arzt und Otologe, starb bei dem Versuch, seinen Tinnitus durch Inhalation von Chloroform zu heilen

      → Vincent van Gogh (1853–1890), niederländischer Maler

      → Barbra Streisand (*1942), US-amerikanische Sängerin

      → Pete Townshend (*1945), britischer Rockmusiker (The Who)

      → Eric Clapton (*1945), britischer Sänger, Rock- und Bluesgitarrist

      → Ralph Siegel (*1945), deutscher Musiker und Schlagerkomponist

      Die Nacht des Tinnitus

      Letztes Jahr war gesundheitlich für mich eine Katastrophepermanente Halsentzündungen im Sommerim September bekam ich Schmerzen in den Armen und Beinen, Ursache bis heute nicht geklärtzeitgleich heftige Entzündung der oberen AtemwegeSinusitis (chronisch)immer wiederkehrende Kehlkopf- und Stimmbandentzündungich habe viele Nasenspülungen gemacht und frage mich, ob ich damit den Weg geebnet habe für das folgende…

      Eines Morgens werde ich von einem Geräusch in meinem Ohr gewecktes hört sich an wie ein lautes Rauschen, wie blasender Windoder wie wenn man durch einen Strohhalm pustetGott sei Dank verschwindet das Geräusch nach einigen Sekunden wieder, nachdem ich den Kopf einige Male hin und her bewegt habe … von diesem Geräusch werde ich aber leider wieder geweckt, sodass ich nach einigen Tagen zum HNO-Arzt geheinzwischen lausche ich so fokussiert auf das Ohr, dass ich anscheinend mein eigenes Ohr- oder Kopfgeräusch permanent wahrnehmevielleicht ist es das eigene Geräusch, vielleicht ist es ein eigener Tinnitusich habe keine Ahnungich weiß nur, dass der Ton sehr hoch und wellig istdieser Ton begleitet mich den ganzen Tagauch beim Fernsehen höre ich ihn dauerndnur das Kochen unter der laufenden Dunstabzugshaube oder aber unter der Duscheda höre ich ihn nicht, ansonsten ist er immer da, wenn auch leise

      Es vergeht einige Zeit, hin und wieder tut das Ohr richtig wehvor allem, wenn ich mir die Nase putze, kracht es im Ohr und ein stechender Schmerz fährt hindurchirgendwann kommen dann Schwindelanfälle hinzuich gehe erneut zum HNO-Arzt, er kann am Ohr nichts feststellen und schickt mich unbehandelt nach Hause … der Schwindel beeinträchtigt mein Leben so sehr, dass ich mein Funktionstraining im Wasser nicht mehr machen kann und ich brauche zwei Medikamente, damit ich einigermaßen über den Tag komme … ich suche einen neuen HNO-Arztauch dort nichtsalles in Ordnung mit meinem Ohr

      Das Geräusch in der Nacht kommt und gehtmal habe ich es drei Nächte hintereinander, mal ist es zwei bis drei Tage weg und ich wache von allein aufin den letzten vier Nächten hat es mich gequält, diese Tage schlimmer als sonstin der einen Nacht werde ich bereits um ein Uhr wach … die andere Nacht hab ich es zwei Mal innerhalb von einer Stunde … in der letzten Nacht dauert es über eine Minute, bis ich das Geräusch „weggeschüttelt“ habe …

       Inzwischen habe ich panische Angst vor dem Schlafengehen … einschlafen kann ich gut, auch wenn da noch immer der permanente hohe Ton ist … aber ich habe solche Angst vor dem Rauschen … Angst, dass es irgendwann bleibt … Angst, dass ich keine Nacht mehr durchschlafen kann … vor lauter Angst gehe ich immer später ins Bett … heute Nachmittag war ich so müde, dass ich ein Nickerchen auf der Couch gemacht habe … auch dort hat mich das Geräusch heimgesucht … nur wurde ich dieses Mal nicht wach … ich habe es in meinen Traum eingebaut und habe mir im Traum immer die Ohren zugehalten und ich habe im Traum geweint … als ich endlich aufgewacht bin, war mein Gesicht voller Tränen …

       Inzwischen bin ich psychisch an meine Grenzen gestoßen aufgrund des massiven Schlafmangels und des nun aufkommenden Streits mit meiner Schwiegermutter und meinem Mann … meine Schwiegermutter glaubt wie die Ärzte, dass ich psychiatrische Hilfe brauche … mein Mann fängt das Streiten mit mir an, weil ich so langsam die Hoffnung aufgebe und kaum noch Motivation habe, etwas zu unternehmen … ich bin es einfach leid, dass man mir sagt, ich hätte nicht alle Tassen im Schrank … es gibt keinen Befund, also muss es eine kranke Psyche sein … ich weiß nicht, wie ich damit leben soll … ich bekomme keinerlei


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