Sakramente - immer gratis, nie umsonst. Ottmar Fuchs

Sakramente - immer gratis, nie umsonst - Ottmar Fuchs


Скачать книгу
Praxis

       Eucharistie

       1. Momente der Eucharistie

       1.1. Sattwerden, Vertrauen und Offenheit

       1.2. Opfergedächtnis

       1.3. Versöhnung vom Kreuz her

       1.4. Mahl der Gnade und Einheit

       1.5. Communio mit den „Heiligen“

       1.6. Mahl zwischen den Zeiten

       2. Gestalt der Gnade

       2.1. Unblockierte Zulassung

       2.2. Mit Kommunionausteilung?

       2.3. Integrität oder Gestalt

       Beichte und Sühne

       1. Praxis des Bußsakraments

       2. Sehnsucht nach Vergebung und Wiedergutmachung

       3. Richterlicher Akt als Vergebungsvollzug

       4. „Genugtuung“ für den Schatten des guten Lebens

       5. Die „Feinde“ lieben?

       6. Liebe als Gestaltprinzip der Gerechtigkeit

       Sakrament für Ehe und Familie

       1. Trauungsrituale

       1.1. Ritual als Schwelle

       1.2. Zwischen „innen“ und “außen“

       1.3. Spiritualität der Gabe

       2. Unauflöslichkeit der Treue Gottes

       2.1. Gegenwärtige Herausforderungen

       2.2. Vom Gottesplan zum Evangelium

       2.3. Planlose „Familie“ in der Bibel

       2.4. Ehe als Sakrament

       2.5. Gott ist mitverantwortlich

       2.6. Gnadenreiche Pastoral

       2.7. Entfächerte Sakramentalität

       Sakrament in der Not

       1. An der Grenze

       2. Nicht alleingelassen

       3. Pastorale Kontexte

       4. Vollendung der Taufe

       5. Soziale Entfaltung

       6. Sensibilität für die Vielfalt

       7. Zeichen heiliger Welt in unheiler Welt

       8. Feier des Unmöglichen

       Raum des Festes

       1. Überschreitung und Dank

       2. Lebenssteigerung im Exzess

       3. Gefahren und Chancen

       4. Ein „schönes“ Fest

       Anmerkungen

       Eigene Vorarbeiten

       Gnade im Ritual

      „Die Kraft der Rituale“, so titelte das Magazin „emotion“ in der Dezembernummer des Jahres 2014. Da ist zu lesen: „Das beste Geschenk, das Sie sich machen können: Bauen Sie Rituale in Ihr Leben ein. Momente des Innehaltens, alte tradierte oder ganz neue, individuelle, die uns Wurzeln geben und zugleich beflügeln.“1 Rituale „verändern unsere Wahrnehmung und können uns eine neue Sicht auf die Dinge geben, die uns gerade beschäftigen“2. Ein Ritual verändert den Tag und gibt ihm ein neues Gesicht und ein Gefühl von Sicherheit. Dabei ist es gerade die Unverbindlichkeit, die das Ritual für viele attraktiv macht, unverbindlich dahingehend, dass man es feiert und dann wieder weggehen kann.

      Das Ritual hilft aber auch, „spontanes Verlangen zugunsten langfristiger Ziele und der Gemeinschaft zu kontrollieren“3. Es kann z. B. einer Familie helfen, langfristig auch über Schwierigkeiten und Streitigkeiten hinweg bzw. durch sie hindurch beieinanderzubleiben und sie gemeinsam durchzustehen. Sie geben die Chance, „Gefühle zuzulassen und uns Dingen zu stellen, die wir im Alltag verdrängen.“4

      Ein weiteres Plus an Ritualen ist ihre Entlastungsqualität: „Rituale sind wie ein festgeschriebenes Skript: Man hat seinen Platz und muss nicht überlegen, wie man sich zu verhalten hat, sich nicht hinterfragen und kann einen Augenblick einfach nur mitgehen. Sie vermitteln uns Sicherheit. Und dieses Gefühl braucht jeder von uns. … Ja, wir brauchen diese Anker, weil sie uns Kraft und Energie geben.“5 Rituale sind „Stopper“ im Alltag, wo man ankommt und loslassen kann. Denn „erst wer loslassen kann, kann weitergehen“6.

      Menschen brauchen also Rituale, um im Leben und Zusammenleben einen Halt zu finden. Weil man Rituale wiederholen kann und nicht immer wieder neu herstellen muss, entschleunigen sie das Leben, geben Ruhe und Kraft. Diese neue Aufmerksamkeit für Rituale berührt auch die religiösen Symbolhandlungen mit entsprechenden Wünschen, Erwartungen und Hoffnungen. Rituale vollziehen das Gleiche, was Symbole leisten, allerdings so, dass es sich nicht (nur) um geprägte Wörter oder Bilder, sondern um geprägte Handlungen handelt.

      Im kirchlichen Bereich gehören die Sakramente zu den wichtigsten Ritualen. Sie sind nach wie vor mehr gefragt als die Kirchen und ihre Gemeinden selbst. Die Verantwortlichen in Seelsorge und Pastoral gehen damit sehr unterschiedlich um. Manche Unsicherheit, ob man die Sakramente einfach „gratis“ spenden könne, verbindet sich mit letzten Versuchungen, zu reglementieren und wenigstens bei der Zulassung zu den Sakramenten noch Bedingungen zu stellen und so pastorale Macht auszuüben. Jenseits der Alternative zwischen „Ausverkauf und Rigorismus“7 sind Wegweisungen zu entdecken, die hier weiterhelfen. Dabei kommt es darauf an, dass die menschliche Erfahrung des Rituals als Ort der Ruhe und der Kraft sich auch in der Erfahrung der sakramentalen Rituale wiederfindet.

      Werden Sakramente als Geschenk eines Gottesglaubens erlebt, der für das Leben und für das Mitleben stärkt, dann kann man erfahren, was die Kirche von ihren Sakramenten sagt, nämlich dass sie besondere Orte der Gnade, also der Anerkennung und der Wertschätzung, sind, die Gott gibt. Was bedeutet diese so verstandene Vorgegebenheit des liturgischen Rituals, die in besonderer Weise Ausdruck für die Vorgegebenheit eines Gottes ist, der Halt und Kraft gibt, für die Art und Weise, wie die Kirchen mit ihren Sakramenten umgehen? Wie kann darin erfahren werden, dass Gott die Menschen immer zuerst entlastet und beschenkt? So dass sie aus diesem Geschenk heraus leben können? In welchem Sinn sind die Sakramente gratis, aber nie umsonst, im Sinne von vergeblich, wertlos und wirkungslos?

      Die Kirchen lernen ihre eigene Verantwortung neu kennen, wenn sie ihre Sakramente als Schatz betrachten und feiern. Es ist ein Schatz, den sie neu heben und weitergeben im Dienst an den Menschen, die sich nach einer guten Macht sehnen, die sie nicht selber herstellen können und müssen, sondern der sie sich verdanken und anvertrauen. Zur sozialen Verantwortung kirchlicher Diakonie und Caritas kommt die sakramentale Diakonie, in der Gottes Liebe (Caritas) für die Menschen erfahrbar ist. Weil diese Liebe bedingungslos ist, dürfen die Sakramente nicht mit Bedingungen belastet werden, die ihrem Wesen widersprechen. Sakramente sind keine Herrschaftsmittel, sondern vermitteln Gottes unerschöpfliche Gnade, nicht lax, sondern loslassend, nicht rigoros, sondern befreiend, nicht festhaltend, sondern mitgehend und mittragend.

      Schon seit geraumer Zeit hat man die Rituale wiederentdeckt, in den Kirchen und in


Скачать книгу