Wie lernt Kirche Partizipation. Группа авторов
Jean Marie: Säkularisierung und Pastoral, in: Reinhard FEITER/Hadwig MÜLLER (Hg.)/Wilhelm RAUSCHER (Übers.): Frei geben – pastoraltheologische Impulse aus Frankreich, Ostfildern 2012, S. 56-80, hier S. 69.
96 LEHMANN, Leutemangel, S. 140. „Es muss möglich sein, in der Kirche anderen zu begegnen, ohne die Mitgliedschaftsfrage [die Zugehörigkeitsfrage oder die berühmte Mit-Mach-Frage; E: K.] zu stellen oder gestellt zu bekommen, und es muss ebenso möglich sein, als Mitglied von Begegnungen abzusehen, also abwesend zu sein.“
97 HEMMERLE, Klaus: Propädeutische Überlegungen zur Glaubensvermittlung, verfügbar unter: http://www.klaus-hemmerle.de/index.php?option=com_content&view=article&id=442&Itemid=33 [Zugriff: 10.05.2016].
98 Ebd.
99 Ebd.
100 Dies drückt Hemmerle in Bezug auf den von ihm angestoßenen Prozess Weggemeinschaft im Bistum Aachen aus: „Die Methode des Prozesses ‚Weggemeinschaft‘ ist bestimmt vom anderen Stil des Evangeliums.“ HEMMERLE, Klaus: Zehn Punkte eines für die Zukunft des Prozesses „Weggemeinschaft“ im Bistum Aachen erforderlichen und tragenden Konsenses, in: BISCHÖFLICHES GENERALVIKARIAT AACHEN (Hg.): Der Prozess Weggemeinschaft im Bistum Aachen 1988-1994, Aachen 31995, S. 27-29, hier S. 28.
101 Ansprache von Papst Franziskus „Synodalität für das 3. Jahrtausend“.
102 Ebd.
103 BUCHER, … wenn nichts bleibt, S. 194.
104 Ebd. S. 131.
Martin Pott
Projekt „Verantwortung teilen“ – Mosaikstein einer diözesanen Pastoralentwicklung
Im Frühjahr 2013 hat das Bistum Aachen als erste deutsche Diözese einen Kooperationsvertrag mit dem neu gegründeten „Zentrum für angewandte Pastoral-forschung“ (ZAP) der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum abgeschlossen. Im „ZAP-Konfigurator“ mit seinen sieben inhaltlichen Linien sollte sich das Projekt auf der Linie der „Partizipation“ bewegen. Anlass für dieses Kooperationsprojekt war damals die im November 2013 erstmals bevorstehende Wahl der neuen Synodalgremien auf Ebene der pastoralen Räume. Diese pastoralen Räume, von denen es 71 gibt, haben im Bistum Aachen den Namen „Gemeinschaften der Gemeinden“. Neben dem aktuellen Anlass gab es aber einen tieferen Grund für dieses Vorhaben: Es sollte sich einfügen in den „Prozess Weggemeinschaft“ des Bistums, der seit nunmehr über 25 Jahren eine Pastoral verfolgt, die in der Gottsuche die jeweilige Lebenssituation der Betroffenen unbedingt ernst nimmt und die Menschen als Expertinnen und Experten ihres eigenen Lebens und Glaubens ansieht. Vom ZAP erhoffte sich das Bistum wissenschaftliche Expertise, die Möglichkeit der Kommunikation mit vergleichbaren Projekten in anderen Diözesen sowie vor allem in Person der für das Aachener Projekt zur Verfügung gestellten wissenschaftlichen Mitarbeiterin Elisa Kröger eine wichtige „Außenperspektive“, theologische und Exposure-Kompetenz und Inspirationen jedweder Art.
Im Folgenden wird das Projekt, das unter dem Label „Verantwortung teilen“ firmiert, in vier Abschnitten aus der Sicht eines unmittelbar im Projekt involvierten Bistumsmitarbeiters dargestellt. Zunächst geht es (1) um die Kontextualisierung des Projekts in Geschichte und Geist des Bistums Aachen; zum Zweiten (2) soll die strategische Funktion des Projektes in der diözesanen Pastoralentwicklung thematisiert werden. Es folgt dann (3) die Bewertung des Projektertrags aus Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer wie des Bistums, ehe es abschließend (4) um die bleibende Herausforderung geht, die sich nach drei Jahren Erfahrung mit „Verantwortung teilen“ abzeichnet.
1. KONTEXTUALISIERUNG
1.1 COMMUNIO ALS THEOLOGISCHE LEITKATEGORIE
Der frühere Aachener Bischof Klaus Hemmerle hat im Jahr 1989 den Impuls „Weggemeinschaft“ ins Bistum Aachen gegeben.1 Er verstand den Impuls nicht als Vorgabe von oben, sondern als Einladung zu einem Prozess! Theologisch hat er im Begriff der Weggemeinschaft; zwei zentrale Begriffe des Zweiten Vatikanums miteinander verknüpft: den des Volkes Gottes unterwegs und den der Communio. „Communio“ rückte als theologischer Zentralbegriff in der nachvatikanischen Phase immer mehr in den Vordergrund.2 Stärker als der Begriff des „Volkes Gottes“ betont Communio die interpersonale Dimension. Communio ist zunächst Gabe Gottes. Erst im zweiten Schritt erwächst daraus die Auf-Gabe für die Kirche, ihrerseits Gemeinschaft mit Gott und untereinander anzuzielen (vgl. LG 1). In ihrer Ekklesiogenese darf Kirche sich theologisch von der innertrinitarischen Communio leiten lassen.3 Vater, Sohn und Geist sind trialogisch aufeinander bezogen. Ihre Kommunikationsstrukturen sind reziprok und symmetrisch. Hemmerle betont:
„In der Communio gibt es nicht die Unterscheidung zwischen nur Gebenden und nur Nehmenden. Auch die Annahme will durch die Gabe selber zu einem gebenden, Wert schaffenden und partnerischen Geschehen ‚entbunden‘ werden. Aber auch das Geben ist ein Beschenktwerden.“4
So zu reden setzt voraus, dass Personsein nicht als reine Individualität, sondern im Sinne eines beziehungsontologischen Denkens als Gleichursprünglichkeit von Individualität und Relationalität verstanden wird.
Die Brisanz dieser communio-theologischen Linie für die Ekklesiologie und noch mehr die Ekklesiopraxie ist enorm. Vielleicht ist dies der Grund dafür, dass ihre Umsetzung in ekklesiale Organisationsstrukturen weitgehend noch aussteht? Denn, was würde daraus für das Ganze der Glieder des Volkes Gottes, gleich ob am gemeinsamen Priestertum aller oder zusätzlich am ordinierten Dienstamt teilhabend, folgen? Klaus Hemmerle drückt es so aus:
„Nur wo das Subjektsein aller in der Kirche, nur wo die Angewiesenheit auch jener, die Charismen zu beurteilen haben, auf die Charismen anderer, jener, die Dienste zu ordnen haben, auf diese Dienste und jener, die zu verkünden haben, auf den ‚produktiven‘ Glauben anderer zur Geltung kommt, ist das Maß von Communio eingelöst.“5
Teilhabe am Ganzen meint eben nicht die Inanspruchnahme eines Stückes vom Kuchen als Eigenes, „vielmehr ist das Ganze in jedem und ist jeder im anderen, und die Weise, wie das Ganze im Einzelnen enthalten ist, und das Einzelne dem anderen das Ganze auf je seine Weise schenkt, ist maßgeblich“6. Aus genau dieser konstitutiven wechselseitigen Ergänzungsbedürftigkeit erwächst die Wahl von „Verantwortung teilen“ zum Projekttitel. Es geht nicht darum, die unabtretbare subjektive Verantwortung zu schmälern oder sich davon zu dispensieren. Es geht vielmehr darum, dass Alle ihre je persönliche Verantwortung als ganze und ungeteilte dann dennoch so mit den Anderen in Kontakt bringen, dass, ohne dass etwas von dem Einzelnen verloren ginge, sich darin für Alle das Ganze tiefer erschließt und eine ermergente Qualität aufscheint.
1.2 PLURALE PASTORAL
Weggemeinschaft ist für Hemmerle die Sache und Methode eines neuen Denkens. Der Inhalt und die Vermittlung des Inhalts gehören für ihn untrennbar zusammen. Hemmerles Nachfolger im Bischofsamt, Bischof Dr. Heinrich Mussinghoff (1995 bis 2015), führte den Weggemeinschafts-Gedanken auf seine Art fort. Als ein Bischof, der gerne und viel mit Partnern aus dem christlich-jüdischen und dem interreligiösen Dialog zusammen war, lag ihm jede Verengung fern. Er warb für eine katholische Weite, die er besonders auch durch die in Aachen ansässigen Werke MISEREOR, missio und Kindermissionswerk repräsentiert sah. Bischof Mussinghoff war zu keiner Zeit für einen Rückzug auf die kirchliche Sozialgestalt der Pfarrei zu haben. Ihm war die Pluralität kirchlicher Präsenzformen heilig. Neben klassischen kategorialen Seelsorgefeldern wie der Krankenhaus-, JVA-, Hochschul-oder Behindertenseelsorge fielen in seine Amtszeit der Ausbau von Citypastoral und Trauerpastoral, Hospizarbeit und Seelsorge in der Arbeitswelt. Im neuen Nationalpark Eifel wurde ebenso eine Nationalparkseelsorge eingerichtet wie aktuell für den neuen Campus der Aachener RWTH-Universität eine kirchliche Präsenz in Planung ist.
1.3 SYNODALE KIRCHE
Schon die frühere Satzung für die Pfarrgemeinderäte im Bistum Aachen sprach davon, dass der PGR teil an der Gemeindeleitung habe. Der Wert synodalen Miteinander-auf-dem-Weg-seins