Beziehungswirklichkeit im Personalmanagement des christlichen Krankenhauses - Proprium und strategischer Erfolgsfaktor. Wolfgang Schell

Beziehungswirklichkeit im Personalmanagement des christlichen Krankenhauses - Proprium und strategischer Erfolgsfaktor - Wolfgang Schell


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Quality ManagementTVöDTarifvertrag für den öffentlichen DienstURII. Vatikanisches Konzil: Dekret über den Ökumenismus („Unitatis redintegratio“)

      Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und der Textökonomie wurde auf die weibliche Form von Personsubstantiven weitgehend verzichtet und nur die männliche gebraucht – gemeint und angesprochen sind jedoch stets beide Geschlechter.

      I. Das christliche Krankenhaus und sein Proprium

      Das Gesundheitswesen in Deutschland und der deutsche Krankenhausmarkt sind im Umbruch begriffen. Der Krankenhaussektor sieht sich mit einer Vielzahl organisatorischer, medizinisch-technischer und ökonomischer Herausforderungen konfrontiert1. Demographische Entwicklung, medizinischer Fortschritt und die durch die Abrechnung nach Fallpauschalen hervorgerufenen Budgetveränderungen bilden hierbei nur die Spitze enormer Wandlungsprozesse. Unter dem Druck der erforderlichen Anpassungen verändert sich auch das Bild der deutschen Krankenhauslandschaft: bisher selbständige Krankenhäuser fusionieren oder müssen geschlossen werden, zunehmend werden private Investoren auf dem Klinikmarkt aktiv, und der Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern nimmt zu.

      Über ein Drittel der deutschen Krankenhäuser befindet sich in freigemeinnütziger Trägerschaft2 – der größte Teil dieser fast 700 Krankenhäuser weist eine kirchliche Trägerschaft auf. Diese christlichen Krankenhäuser stehen hierbei vor denselben Herausforderungen wie der gesamte Krankenhausmarkt. Gleichzeitig bringen sich christliche Krankenhäuser auf spezifische Weise im heutigen Gesundheitswesen ein. Christliches Engagement im Krankenhausbereich versteht sich als gelebte Nächstenliebe und knüpft an eine über Jahrhunderte gepflegte Tradition des Helfens aus dem Glauben heraus an. Unter den Anforderungen der Gegenwart stehen christliche Krankenhäuser der Frage gegenüber, wie ihr spezifisches christliches Proprium heute bewahrt und erfahrbar gemacht werden kann.

      Krankenhäuser gleich welcher Trägerschaft haben auf die veränderten Rahmenbedingungen heute zu reagieren, um ihr Überleben zu sichern. Die qualitätsorientierte und zugleich wirtschaftliche Führung eines Krankenhauses erfordert hierbei sowohl zeitgemäße Organisations- und Rechtsformen als auch Managementkonzepte, die den Anforderungen der Zeit entsprechen. Darüber hinaus sind z.B. neue Formen der Qualitätspolitik und der Wettbewerbsorientierung sowie Offenheit für verschiedenste Kooperationen von Nöten. Auf diese Veränderungsanforderungen sollte ein Krankenhaus mit langfristiger Planung und mit einer strategischen Ausrichtung des Krankenhausmanagements reagieren. Solch eine strategische Positionierung eines Krankenhauses erfordert den Aufbau und die Pflege von so genannten strategischen Erfolgsfaktoren. Unter strategischen Erfolgsfaktoren werden hierbei Marktleistungen oder Ressourcen verstanden, die einem Krankenhaus dazu verhelfen, zu überleben und langfristig erfolgreich zu sein.

      Christliche Krankenhäuser haben sich hierbei einer doppelten Herausforderung zu stellen: Zum einen gilt es als Krankenhaus zu überleben – d.h. das wirtschaftliche Überleben einer Einrichtung zu sichern, auch im Hinblick auf medizinische, personelle und organisatorische Entwicklungen. Zum zweiten jedoch stellt sich die drängende Aufgabe, als christliches Krankenhaus bestehen zu bleiben. Das Proprium der Christlichkeit wird zur Gabe und Aufgabe: Gelingt es, die christliche Gestalt eines Krankenhauses zu bewahren und für alle Anspruchsgruppen einer Klinik erlebbar und spürbar zu machen, so kann das wiederum auch Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Hauses haben. Im Falle des christlichen Krankenhauses kann sich gerade die vom christlichen Glauben getragene Beziehungswirklichkeit und ein für Patienten, Angehörige und Mitarbeiter erfahrbares christliches Profil, das Patienten anspricht und anzieht, als wichtiger strategischer Erfolgsfaktor erweisen, der dazu beitragen kann, den Erfolg und das Überleben eines Krankenhauses zu sichern.

      Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten kommt in diesem Prozess der strategischen Positionierung dem Personalmanagement im Krankenhaus eine besondere Bedeutung zu. Ein Krankenhaus als Erbringer personalintensiver und personennaher Dienstleistungen benötigt Mitarbeiter mit hoher fachlicher, kommunikativer und sozialer Kompetenz. Auch auf der Kostenseite ist die Gestaltung der Personalkosten – mit einem durchschnittlichen Anteil von 60-70 % der Gesamtkosten – entscheidend für das wirtschaftliche Überleben eines Krankenhauses. Für die Zukunft wird es für Kliniken ausschlaggebend sein, die konkrete Personalarbeit mit der strategischen Ausrichtung des Krankenhauses zu verknüpfen und so eine Verbindung herzustellen zwischen Unternehmensstrategie auf der einen und Personalstrategie auf der anderen Seite.

      Für ein christliches Krankenhaus bedeutet dies, dass gerade im Bereich des Personalmanagements intensiv über die Gestaltung einer christlich geprägten Beziehungswirklichkeit nachgedacht werden muss. Es stellt sich hierbei die Frage, wie das Personalmanagement des christlichen Krankenhauses positiv auf die Entwicklung, Kultivierung und Erhaltung des christlichen Propriums einwirken kann. Personalmanagement im christlichen Krankenhaus wird sich auf diesem Hintergrund einer strategischen Ausrichtung verpflichtet wissen, die auf ein christliches Profil hinarbeitet. Dieser Weg führt hin zu einem strategischen Personalmanagement, wie es in verschiedenen Ansätzen des Strategischen Human Resource Managements vertreten wird. Eine Verknüpfung des Strategischen Human Resource Managements mit krankenhausspezifischen Problemstellungen kann daher ein wichtiger Beitrag sein für die Entwicklung eines stärker strategieorientierten Krankenhausmanagements – insbesondere im christlichen Krankenhaus.

      Es zeigt sich, dass für ein christliches Krankenhaus Aspekte aus Wirtschaft und Theologie von Bedeutung sind – die vorliegende Arbeit stellt sich dieser immer wieder aufs Neue notwendigen interdisziplinären Begegnung. Hinführend soll im Folgenden zunächst auf die Ausgangsfrage nach dem „Christlichen Krankenhaus“ eingegangen werden. Das spannende und spannungsreiche Zueinander von Theologie und Ökonomie ist des Weiteren zum Verständnis des interdisziplinären Ansatzes relevant. Zentral für die Gestaltung des christlichen Krankenhauses und seines erfahrbaren Propriums ist – so die hier vertretene These – die Beziehungsdimension der Wirklichkeit. Diese beziehungstheologische Grundlage soll erläutert werden, bevor schließlich der Gang der Untersuchung vorgezeichnet wird.

      1 Vgl.: DAMKOWSKI, Wulf; MEYER-PANNWITT, Ulrich; PRECHT, Claus: Das Krankenhaus im Wandel : Konzepte – Strategien – Lösungen. Stuttgart : Kohlhammer, 2000, v.a. S. 15ff.

      2 Vgl. zur Krankenhausstatistik 2008: DEUTSCHE KRANKENHAUSGESELLSCHAFT (Hrsg.): Eckdaten der Krankenhausstatistik 2008. www.dkgev.de/dkg.php/cat/62/aid/6628/title/ Krankenhausstatistik_2008_%28Grunddaten%29 (download 15.05.2010).

      1. Ausgangspunkt „Christliches Krankenhaus“

      Das Werk der christlichen Nächstenliebe ist nicht nur Aufgabe der einzelnen Christinnen und Christen sondern ebenso der kirchlichen Gemeinschaft als Ganzer. Schon in der Frühzeit der Kirche entstanden daher Einrichtungen für Kranke. Hospitäler und Krankenanstalten, getragen von Gemeinden, Bischöfen oder Klöstern, waren fester Bestandteil des caritativen Engagements der Kirche und entwickelten sich über die Jahrhunderte hinweg weiter bis hin zu den heutigen modernen Krankenhäusern.3 Die in der Krankensorge praktizierte Nächstenliebe wurde so „ein entscheidendes Kennzeichen der christlichen Gemeinde, der Kirche“ (DCE 24). Im christlichen Krankenhaus nimmt die Liebe Gottes zum Menschen eine konkrete Gestalt an – Kirche wird transparent als „Zeichen und Werkzeug“ (vgl. LG 1) für die innigste Vereinigung der Menschen mit Gott und untereinander. Damit wird deutlich, dass die Praxis christlicher Nächstenliebe zum zentralen Lebensvollzug der Kirche gehört.4 Die erste Enzyklika von Papst BENEDIKT XVI. „Deus caritas est“5 weist ausdrücklich auf den dreifachen Auftrag der Kirche hin (vgl. DCE 25). Das Wesen der Kirche drückt sich in ihren drei Grundvollzügen aus:

      • Die Feier der Gottesdienste und der Sakramente (Liturgie)

      • Die Verkündigung des Wortes (Martyria/Katechese)

      • Der Dienst der tätigen Nächstenliebe (Caritas/Diakonie)


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