Achtsamkeit für Superfrauen. 5-Minuten-Pausen vom Alltag.. Shonda Moralis
ist, ich bin jedenfalls nicht gekränkt, wenn man mir diese Frage stellt. Und ich könnte durchaus zu den Frauen in Dufus Publikum gehören, die aufrichtig daran interessiert sind, zu erfahren, wie andere starke, erfolgreiche Frauen es schaffen, ein Gleichgewicht zwischen Berufs- und Privatleben herzustellen. Würde ich es begrüßen, wenn vollkommene Gleichberechtigung der Geschlechter es überflüssig machen würde, diese Frage vor allem Frauen zu stellen? Auf jeden Fall! Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg, und zwischenzeitlich werde ich weiter neugierig sein, Fragen stellen (ich entschuldige mich im Voraus bei allen Frauen, die das stört) und meine Schlüsse ziehen.
Work-Life-Balance. Die kann für jeden total anders aussehen, und entsprechend vielfältig sind auch die Methoden, sie zu erreichen. Für den Weg, den Achtsamkeit für Superfrauen vorschlägt, möchte ich sie so definieren: Die Work-Life-Balance ist ein dauerhaftes, vernünftiges Gleichgewicht zwischen allen Aspekten des Lebens, angepasst an die jeweilige Lebensphase. Das bedeutet, seinen Umgang mit Zeit und Energie immer wieder neu einzustellen, bewusste Entscheidungen zu treffen und Schuldgefühle abzubauen. Meiner Meinung nach gehört dazu auch, dass wir unsere Erwartungen zurückschrauben und akzeptieren, dass wir nicht alles jetzt und sofort haben oder tun können. Ein Patentrezept für eine Work-Life-Balance gibt es nicht, aber machbar ist sie in jedem Fall.
Unsere Gesellschaft glaubt, dass gute Angestellte 60 Wochenstunden arbeiten, gestresst und überfordert sein müssen, um produktiv zu sein und Karriere zu machen. In Wirklichkeit brauchen wir aber auch Spaß, Zeit für uns selbst und Flexibilität in unserem Terminkalender, um optimal zu funktionieren. Denn wenn auch nur ein Teil unseres Lebens, egal, ob beruflich oder privat, aus dem Gleichgewicht gerät, beeinflusst der daraus resultierende Stress unsere Gedanken, Gefühle und Reaktionen auch in allen anderen Bereichen. Wir stellen auf Autopilot, handeln ohne nachzudenken und verharren in ungesunden Gewohnheiten. Um Angstgefühle zu bekämpfen, futtern wir literweise Ben & Jerry’s-Eiscreme, betäuben uns mit Mojitos, lenken uns mit Instagram ab oder vergraben uns in Arbeit. Wenn wir erschöpft und leer sind, sind wir weder produktiv noch kreativ und ganz bestimmt nicht zu Höchstleistungen fähig.
Frauen hängen sich so stark hinein, dass sie vornüberkippen.
Jess Davis
Am Ende einer langen Arbeitswoche sind unsere geistigen und körperlichen Reserven auf dem Tiefpunkt und wir fühlen uns kaum in der Lage, darüber zu reflektieren, wie wir unsere schwere Bürde erleichtern könnten. Wir nutzen das Wochenende, um zu regenerieren und uns auf die Herausforderungen vorzubereiten, die uns ab Montagmorgen erwarten, wo wir womöglich schon im Morgengrauen aus dem Bett kriechen, um unsere E-Mails zu checken.
Ohne regelmäßige Pausen, in denen wir uns zurücklehnen, um das Gesamtbild zu betrachten, ist es unmöglich, die Unsinnigkeit stumpfer Gewohnheiten zu entdecken und zu erkennen, wo wir Prioritäten setzen müssen. Wenn wir gestresst sind und in den Augen-zu-und-durch-Modus verfallen, verlieren wir so positive Eigenschaften wie unseren Sinn für Humor, unser Mitgefühl, unsere Fähigkeit, klar zu denken, oder unsere Libido. Müssen wir unter Druck entscheiden, was wir zuerst tun, verlieren wir nicht selten wichtige Dinge schnell aus dem Auge: die Beziehung zu Familie und Freunden, Hobbys, die wir aus reinem Vergnügen verfolgen, Zeiten, in denen wir uns selbst verwöhnen. Stattdessen tun wir nur noch das, was uns im Moment dringend erscheint. Wir gewöhnen uns so an den Stress, dass wir Kopfschmerzen, verspannte Muskeln oder Magenprobleme nicht einmal wirklich wahrnehmen, bis unsere Gesundheit so angeschlagen ist, dass wir zusammenbrechen, ernsthaft erkranken oder ein Burn-out haben. Erst dann kommt unser unermüdlicher Motor mit einem lauten Kreischen zum Halten.
Aber man kann auch anders leben. Wir können eine Pause machen, ein paar Mal tief durchatmen und unsere ganze Aufmerksamkeit auf den Moment richten. Das ist die Technik der Achtsamkeit. Sie hilft uns, das scheinbar unausweichliche Tempo zu drosseln. Wenn wir achtsam sind, können wir besser entscheiden, worauf wir uns konzentrieren sollten, können bewusst reagieren, statt eingefahrenen Verhaltensmustern zu folgen, können positive Momente als solche erkennen und genießen, können zur Ruhe kommen. Wenn wir ruhig sind, sind wir kreativer, produktiver, lockerer, effizienter, gesünder und glücklicher.
Achtsamkeit für Superfrauen zeigt dir einfache Wege, dein Bewusstsein, deine Selbstsicherheit, deine innere Kraft und deine Führungsqualitäten zu steigern, egal, in welcher Lebenssituation du steckst. Wenn du dich mit dir selbst und der Welt in Einklang fühlst und dir bewusst machst, welche höheren Ziele du verfolgst, bist du schon auf dem besten Weg zu einer vernünftigen Work-Life-Balance. Dann kannst du deine persönlichen Parameter Schritt für Schritt optimieren und so dein Leben ins Gleichgewicht bringen.
An der Realität vorbei?
Ich bin mir bewusst, dass viele der in diesem Buch diskutierten Stressfaktoren als Luxusprobleme abgetan werden könnten. Auch ich habe mir schon die Frage gestellt, ob es nicht egoistisch ist, sich in dieser Art auf sich selbst zu konzentrieren, während andere mit weit ernsteren Problemen kämpfen. Aber ich kann nicht genug betonen, dass wir nur als gesunde, ausgeglichene und in uns ruhende Person die notwendige Energie, Aufmerksamkeit und Empathie haben, um uns um andere zu kümmern. Wenn wir eine schwierige Phase durchmachen – sei es ein Verlust, ein dramatischer Umbruch oder eine andere große Belastung –, werden wir automatisch sehr selbstfixiert. Das ist auch notwendig, um die Lage zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen. Es ist überflüssig, sich Vorwürfe zu machen, wie man in eine solche Situation geraten konnte oder wie unsouverän man darauf reagiert. Besser ist es, die beschriebenen einfachen Bewusstmachungs-Techniken einzusetzen und damit langsam, aber sicher in Richtung Ruhe, Ausgeglichenheit und Gesundheit zu steuern. Erst dann sind wir wieder eine positive Kraft in dieser Welt, in welcher Form auch immer. Wenn wir unser eigenes Leben wieder im Griff haben, können wir den Blick auf die Welt um uns herum richten und überlegen, welchen Beitrag wir leisten können, um sie zu verbessern. Das kann innerhalb der Familie sein, am Arbeitsplatz oder in unserer Gemeinde. Wenn du mit dir selbst im Reinen bist, hast du die Kraft, andere zu unterstützen, zu stärken und deine individuellen und kostbaren Fähigkeiten in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen.
Wir haben schon viel erreicht ... wirklich?
Die Herausforderung für uns alle ist, die Revolution zu leben, und nicht, für sie zu sterben.
Gloria Steinem, Feministin
Kraft durch Achtsamkeit für Frauen? Und was ist mit den Männern? Brauchen die keine Achtsamkeit?“ Diese Frage wird mir oft gestellt – so gut wie immer von Männern. Ich verstehe sie gut und habe überhaupt keine Vorbehalte gegenüber der Spezies Mann (mein geliebter Vater ist einer, mit einem weiteren Vertreter bin ich glücklich verheiratet und ich ziehe ein anbetungswürdiges Exemplar davon auf). Selbstverständlich kämpfen auch Männer mit Stress und verdienen es, ein bewusstes, harmonisches Leben zu führen. Ich bin unbedingt dafür, dass auch sie Achtsamkeit erlernen und von ihr profitieren. Aber die Tatsache bleibt bestehen, dass wir bezüglich Gleichberechtigung zwar schon große Fortschritte gemacht haben, Frauen aber trotzdem noch vor vielen geschlechtsspezifischen Hindernissen stehen. Dazu gehören ungleiche Bezahlung und schlechtere Karrierechancen am Arbeitsplatz; in Führungspositionen sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Es gibt unausgesprochene gesellschaftliche Erwartungen, und wir neigen dazu, an uns selbst zu zweifeln. All das hemmt uns, während wir versuchen, nach außen hin ein makelloses, cooles Bild abzugeben.
Es ist absolut notwendig, Männer zu Achtsamkeit und Empathie zu erziehen. Aber solange die Emanzipation noch nicht abgeschlossen ist, werden wir frauenspezifische Fragen aufwerfen und behandeln müssen. Die amerikanische Aktivistin, Autorin, Schauspielerin und Vloggerin Franchesca Ramsey erklärte es einmal anhand eines Benefizlaufs gegen Brustkrebs. Wenn sie laufe, um Gelder für die Brustkrebsforschung zu sammeln, wolle sie damit nicht sagen, andere Krebsarten müssten weniger bekämpft werden. Aber dieses Mal habe sie sich eben entschieden, auf das Problem Brustkrebs aufmerksam zu machen. Punkt. Es sei keine Entweder-oder-Frage. Das Thema Female Empowerment durch Achtsamkeit ist es auch nicht.
Studien