Sperare Contra Spem. Susanne Hegger

Sperare Contra Spem - Susanne Hegger


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Dank.

      Nicht minder wichtig als die Unterstützung, die ich von akademischer und kirchlicher Seite erfahren durfte, waren Beistand und Hilfe von Freunden und meiner Familie. Frau Jutta Doetsch danke ich für so manchen bereichernden (theologischen) Gedankenaustausch, besonders wenn er spätabends, an Wochenenden oder auf Autofahrten stattfand. Um die leidige aber unverzichtbare Aufgabe des Korrekturlesens haben sich Tim Schiller und vor allem Dr. Bettina Oeste verdient gemacht. Ihr weiß ich mich außerdem für das eine oder andere Telefonat zu Dank verpflichtet. Mein Mann Andreas Hegger hat mein Projekt in jeder Phase mit großer Gelassenheit und dankenswerter Geduld verfolgt und mir so die für jedes wissenschaftliche Forschen unabdingbare Ruhe gewährt.

      Mein ganz besonderer Dank aber gilt meinen Kindern Jonathan, Theresa und Leonard, denen diese Arbeit darum gewidmet ist. Immer wieder haben sie als Heranwachsende gleichsam ihre Rollen mit mir getauscht und mich ermuntert, gelobt, getröstet oder aber auch, wann immer es ihnen nötig erschien, zur Arbeit geradezu angetrieben. Ohne ihr großes Verständnis, ihre Unterstützung und Nachsicht hätte diese Studie nicht entstehen können.

Voerde, im Februar 2012 Susanne Hegger

      1. Einleitung

      Eine systematisch-theologische Untersuchung zur Frage der Hölle im 21. Jahrhundert mag auf den ersten Blick nicht nur anachronistisch, sondern geradezu befremdlich erscheinen. Nachdem die Höllenthematik über Jahrhunderte hinweg nicht zuletzt im Interesse der Sicherung kirchlicher Macht über die Gläubigen eine zentrale Stellung in Theologie und Verkündigung eingenommen hatte, setzte in der evangelischen Theologie im 19., katholischerseits dann ab Mitte des 20. Jahrhunderts eine Kehrtwende ein. „Vor dem Denkhorizont des 20. Jahrhunderts erweisen sich die überkommenen Vorstellungen von der Hölle in zunehmendem Maße als nicht mehr mitvollziehbar“1, und so wächst die Einsicht in die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Entmythologisierung der Lehre. „Die naive analogielose Anwendung unseres Zeit- und Raumdenkens, eine rein innerweltl(iche) Beurteilung des Ganzen also, die diesem Dogma eine oft kaum zu ertragende Gestalt gibt, muß … als eine Verzerrung seiner eigentl. Bedeutung erkannt werden“2, betont in diesem Sinne schon 1960 Joseph Ratzinger. Vor allem aber wächst mehr und mehr das Bewusstsein für die im engeren Sinne theo-logische Problematik der Rede von einer ewigen Bestrafung des unbekehrten Sünders. Immer mehr Gläubigen erscheint sie als letztlich unvereinbar mit dem christlichen Bild eines dem Menschen in absoluter Liebe zugewandten, zutiefst gütigen und barmherzigen Gottes.

       1.1 Abschied von der Hölle?

      „Die großen Theologen unseres (= des 20.; S. H.) Jahrhunderts haben versucht, der Hölle die Flammen zu löschen“3. Mit einer Neubesinnung auf die in Jesus Christus offenbar gewordene absolute Liebe Gottes und seinen unbedingten Heilswillen treten sie an, die Pervertierung der christlichen Frohbotschaft zu einer Drohbotschaft zu überwinden. „So wird heute die Tendenz zu einem gegenläufigen Pendelschlag verständlich, daß man nämlich statt von Gericht, Strafe und Hölle zu sprechen, nur noch einlinig Heil, Liebe und ewiges, seliges Leben hervorhebt.“4 Dieser Befund gilt sowohl mit Blick auf die wissenschaftliche Theologie, wie auch hinsichtlich der Verkündigungspraxis. Elke Jüngling kommt in einer breiten Bestandsaufnahme zu dem Ergebnis, dass in manchen neueren evangelischen aber auch ökumenischen Dogmatiken das Thema der Hölle schlicht vermieden und ausgespart wird.5 Aber auch dort, wo Abhandlungen sich der Frage annehmen, „brechen (sie) mit dem traditionellen eschatologischen Diskurs“6, indem sie zu Abschwächungen und Relativierungen der traditionellen Lehre neigen, stellt Michael Ebertz fest.7 Den gleichen Richtungswechsel kann er in einer historisch-empirischen Untersuchung für Predigttexte nachweisen. Auch hier ist ‚Hölle‘ „zu einem Tabuthema geworden …, worüber man eigentlich sprechen müßte, aber nicht mehr angemessen sprechen kann“8.

      Diese Entwicklung entpuppt sich nun zunehmend als zweischneidiges Schwert. Einerseits kann und darf es gar keinen Zweifel daran geben, dass der vollzogene Umbruch des Denkens nicht nur geistesgeschichtlich unausweichlich, sondern auch theologisch unbedingt geboten war. Im Zentrum der christlichen Botschaft steht die Rettung und Befreiung der Menschheit durch Jesus Christus. In ihm, in seinem Leben, Wirken und Sterben, zuhöchst aber in seiner Auferweckung ist das Heil Gottes in der Welt angebrochen, der damit zugleich ihre Vollendung in der Teilhabe an der göttlichen Liebe verheißen ist. Jede Rede von der Hölle im Sinne der realen Möglichkeit endgültiger Verfehlung dieser letzten Bestimmung von Mensch und Welt ist damit grundsätzlich auf eine Hermeneutik der Erlösung verpflichtet. Hinter diese fundamentale Einsicht darf es unter keinen Umständen ein Zurück geben.

      Andererseits aber wird man sagen müssen, dass nicht nur eine Reinigung des Höllentopos von verfehlten und missbräuchlichen Vorstellungen stattgefunden hat, sondern geradezu ein Umschlag in das Gegenteil vollzogen wurde, indem die Theologie dazu neigt, „sich ausschließlich des ewigen Lebens und der Liebe Gottes zu versichern.“9 In der Eschatologie hat sich so in Ablösung der Rede von der Verwerfung der Vielen ein neues Paradigma durchgesetzt, das „in zugespitzter Kurzform: ‚Wenn Tod, dann Himmel‘“10 lautet. Mit dieser Beschneidung der Lehre von den letzten Dingen um ehemalige Schlüsselbegriffe und Grundgedanken11, findet aber nicht nur eine Korrektur der kirchlich-theologischen Tradition, sondern auch eine deutliche Veränderung der christlichen Botschaft statt.

      Wenngleich Jesus auch sicherlich kein Höllenprediger war, so spielt die Warnung vor der Gefahr, das zugesagte Heil endgültig zu verfehlen doch zweifellos eine unverkennbare Rolle in seiner Verkündigung.12 Wird diese Dimension in der Gegenwartsdiskussion nun ausgeblendet, so hat dies erhebliche Konsequenzen nicht nur für die Eschatologie, sondern für die Theologie insgesamt. Indem ein gewisser Heilsoptimismus, wenn nicht gar eine Heilsgewissheit um sich greift, geschieht nämlich eine regelrechte Zivilisierung des biblischen Gottes13 zu einem partnerschaftlichen Kumpanen.14 „Alles, was den Gott des Evangeliums unbequem, ja ärgerlich machte, wurde strukturell eliminiert.“15 Zur neuen Leitformel und Basisorientierung wurde der ‚liebe Gott16, ein Gott mithin, „über dessen Haltung man sich getrost hinwegzusetzen vermag“17, weil nichts Bedrohliches von ihm ausgeht. „Die inflationäre Rhetorik vom lieben Gott aber ist nicht nur langweilig und undramatisch, sie betrügt auch um den Ernst, der die Liebe in einer lieblosen Welt ans Kreuz gebracht hat.“18 Das biblische Gotteszeugnis wird dergestalt „unter dem Apriori einer ‚Hermeneutik der Harmlosigkeit‘ gedeutet“19. Mit der Reduzierung der zwischengottmenschlichenen Beziehung auf den Zuspruch göttlicher Liebe, wird der Anspruchcharakter der christlichen Botschaft eliminiert.20

      Aus dieser Eindimensionalität ergibt sich aber nicht nur eine neue, gleichsam gegenläufige Verzerrung des Gottesbildes. Auch das Bild des Menschen erfährt deutliche Veränderungen in seiner Konturierung, wobei allerdings logisch zwei unterschiedliche Konsequenzen gezogen werden können. Entweder dem menschlichen Dasein wird ein letzter Sinn und Ernst abgesprochen, weil und indem ohne letztgültige Ausrichtung und Weisung alles Handeln wie auch jede Entscheidung willkürlich und beliebig erscheinen, oder aber der Mensch muss antreten, sich und der Welt selber ein Ziel, aber auch Maß und Norm zu verleihen. Mit dem Verzicht auf den Höllentopos nämlich geht notwendig der Verlust des Gerichtsgedankens einher. Ist die Erwartung eines letzten göttlichen Aktes, mit dem jeder Mensch, sei er Opfer oder Täter, schließlich in sein Recht gesetzt wird, aber erst einmal aufgegeben, so „fällt die ganze Last der Gerechtigkeitssicherung auf menschliche Instanzen, auf den Menschen überhaupt zurück.“21 Dieser Aufgabe aber kann er als endliches Wesen schlechterdings nicht gerecht werden. Scheinbar aus der Fremdbestimmung eines allgegenwärtigen, disziplinierenden Gottes befreit, sieht er sich vor die Begrenztheit und Unzulänglichkeit seines eigenen Daseins gestellt.

      In der Auseinandersetzung nicht zuletzt mit dieser Erfahrung kommt nun unversehens die Rede von der Hölle in veränderter Gestalt vielfach wieder ins Spiel. „Seit dem


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