Kinder sicher im Internet. Geyrhofer Alexander

Kinder sicher im Internet - Geyrhofer Alexander


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Internets allgegenwärtig. Oft genug bekommen wir von jungen Menschen als Berufswunsch diesen zu hören: Youtuber. Manche Eltern belächeln dies nur. Vermutlich, weil ihnen gar nicht bewusst ist, wie viele Menschen mittlerweile genau damit Geld verdienen. Viel Geld sogar. Denken wir nur an diese Namen: Lisa-Marie Schiffner, Dagi Bee, Die Lochis, Bibis Beauty Palace, LeFloid, Joyce Ilg und wie sie alle heißen mögen. Dabei haben wir jetzt noch gar nicht von den Hunderten von Gaming-Channels gesprochen.

      Die drei Ebenen des World Wide Web

      Das noch, bevor wir uns in die Höhle des Löwen genannt Internet, stürzen – ein paar Begrifflichkeiten, die uns auf unserer Reise immer wieder begegnen werden. Prinzipiell unterscheiden wir zwischen drei Ebenen des Internets:

      Whitenet.

      Deep Web.

      Darknet.

      Bei Vorträgen stelle ich gerne den Vergleich mit meinem geliebten Attersee an. Stellen Sie sich den See mit seiner glitzernden, vom Wind leicht gekräuselten Oberfläche vor und dazu dieses einfache Bild als Analogie:

      Schwimmer, Bojen, Boote, Stockenten, ein Schwan – sie alle stehen für das Whitenet. Dafür, was wir bei raschem Blick an der Oberfläche ausmachen können. Darunter fallen beispielsweise die Suchmaschinen, alles, was Otto Normalverbraucher googelt, auf Wikipedia sucht oder mit anderen Browsern wie Opera, Firefox oder Edge et cetera findet.

      Positionieren Sie sich nun in Gedanken am Ufer des Sees. Stieren Sie konzentriert unter die Wasseroberfläche. Fische, Steine in Ufernähe, Pflanzenbewuchs und so weiter. Alles, was nun sichtbar wird, ist das Deep Web. Jener Bereich des Internets, zu dem nicht jedermann einfach so Zutritt hat, der sich jedoch per Registrierungsschlüssel auf legale Weise betreten lässt. Zum Beispiel durch Zugang zu einer Universitätsbibliothek.

      Und dann gibt es das tatsächlich Unsichtbare. Das berühmt-berüchtigte Darknet. Die Untiefen, die auch beim Attersee nicht ohne sind, wie Taucher wissen. Anders als im Wasser jedoch spielen sich im Darknet die wirklich üblen Dinge ab. Darknet ist, wo auch Kriminalität nicht allzu weit ist. Internetkriminalität.

      Und dann wäre da noch dieser Begriff: Tor-Browser.

      Wie alle anderen Browser (im Whitenet) lässt sich auch der Tor-Browser gratis runterladen. Sein Zweck? Das Anonymisieren von Netzwerk und Verbindungsdaten. Tor schützt seine Nutzer vor der Analyse des Datenverkehrs. Mit ihm lässt es sich anonym surfen. Das demnach ideale Werkzeug für das Darknet.

      Übrigens: Strafbar ist die Verwendung eines solchen Browsers prinzipiell nicht.

      Folgen Sie mir nun also in die Tiefen des Internets. Das muss nicht zwingend das Darknet sein. Einfach dorthin, wo die Gefahren lauern. Aber auch dorthin, wo es gilt, die vielen Chancen des Netzes sinnvoll zu nutzen. In unserem eigenen Sinne. Und im Sinne unserer Kinder.

      Ihr Alexander Geyrhofer

CYBER-TIME

      MEDIENKOMPETENZ – MEHR ALS EIN SCHLAGWORT

      In der wohlvertrauten, analogen Welt behüten wir unsere Kinder wie Glucken. Bis sie junge Erwachsene sind und oft sogar darüber hinaus. Doch kaum tun sie erste Schritte in die Welt des Digitalen, lassen wir sie mutterseelenallein.

      Warum nur?

      »Ab wann, glauben Sie, kann es für Kinder gefährlich sein, sie mit Smartphone beziehungsweise Internet alleine zu lassen?«

      Das ist eine beliebte Einstiegsfrage, mit der ich Elternabende zumeist eröffne. Dann setze ich sofort mit ein paar Fakten nach: Jeder Siebte, das sind 14 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen, hat bereits ein eigenes Smartphone. Bei den Sechs- bis Zehnjährigen sind es vier von zehn. Und von da weg – bei den Elf- bis 15-Jährigen – fast schon jedes Kind. Genau genommen 90 Prozent. Als Spiegel dieser Entwicklung, ergänze ich noch, passt auch folgende Erhebung einer Jugendmedienstudie1 aus dem Jahr 2017. Die Frage lautete:

      »Kannst du dir ein Leben ohne Handy vorstellen?«

      Undenkbar, sagen acht von zehn Jugendlichen. In exakten Zahlen: 78 Prozent. Was nicht weiter verwundert.

      Immerhin lernen Kinder von klein auf, dass Smartphones unverzichtbare Bestandteile des Lebens sind. Sie lernen es durch das Medienverhalten älterer Geschwister oder der Eltern, und das erste Gerät im Leben eines Kindes ist oft genug ein geerbtes – vom älteren Bruder, der älteren Schwester, von Vater oder Mutter oder anderen Verwandten.

      Wie sieht nun dieses Erlernen von Medienverhalten in der Regel aus?

      Aus der Praxis

      Kurt, 37, ist Lehrer. Neben ihm auf dem Beifahrersitz sitzt seine Frau Anna. Im Fond des Wagens die beiden Söhne: Maximilian, 3, und Sebastian, 5. Heimaturlaub in Österreich ist angesagt und die junge Familie gerade in Kärnten unterwegs. Eine Szene, die jeder Elternteil bestimmt hundertfach erlebt hat. Hunger überfällt die Kleinen, ein Gasthaus muss her. Und zwar jetzt. In der Sekunde.

      Kurts Handy ist über Bluetooth mit dem Auto synchronisiert. Er hat von Arbeitskollegen von einem Gasthaus gehört, das in der Nähe sein soll. Ein Geheimtipp. Also läuft es so ab: Google-Spracheingabe aktivieren, Namen des Gasthauses sagen. Google liefert prompt. Adresse. Telefonnummer. Anruf folgt. Wenig später ist alles geritzt, ein Tisch reserviert.

      Was haben Maximilian und Sebastian hinten im Wagen gelernt?

      Sie haben fürs Leben gelernt. Nämlich: Wenn ich den richtigen Knopf drücke und etwas hineinsage, bekomme ich eine Antwort. Und zwar sehr schnell.

Tipp Machen Sie zur Einschätzung der Gefahren für Ihre Kinder einen Selbstversuch. Nehmen Sie das Smartphone zur Hand, betätigen Sie die Spracheingabe. Sagen Sie laut: »Porno.« Oder auch: »Penis.« Ergebnis? Eine blitzartig bereitgestellte Flut von Fotos oder Links zu Pornoseiten. Dasselbe können Ihre Kinder auch, sobald Sie sprechen und sich halbwegs klar artikulieren können.

      Sprachsteuerung ist das eine, Onlinespiele sind das andere. Vor allem, wenn Kinder erst einmal lesen und schreiben können, ist solcher Zeitvertreib ausgesprochen reizvoll. Nicht, dass diese Spiele prinzipiell zu verurteilen wären, doch die Gefahr lauert in einem Feature, das die meisten bereitstellen: die Chatfunktion.

      Denn natürlich haben auch Pädophile Onlinespiele längst für sich entdeckt. Vor allem solche mit Chatfunktion. Sie ist es, die es Erwachsenen, fast ausnahmslos Männern, erlaubt, sich an Minderjährige heranzumachen. Fachbegriff dafür: Cybergrooming.

      Internet-Streicheln. Eine fast verharmlosende Übersetzung dafür, was den Tätern im Sinn steht. Die sexuelle Anmache von Kindern. Sei es verdeckt. Sei es auch ganz offensiv.

      Aus der Praxis

      Bei einer internationalen Schulung, an der ich als Polizist teilnahm, wurde folgendes Szenario simuliert: Ein deutscher Kollege loggte sich um 9 Uhr vormittags in ein Online-Rollenspiel für Kinder ein. Er gab sich als zwölfjähriges Mädchen aus. Natürlich mit Nicknamen. Sweetrose 12.

      Es war auch für uns erfahrene Ermittler unglaublich: Nach genau fünf Minuten geschah es bereits – Sweetrose 12 wurde angeschrieben. Über die Chatfunktion des Spieles. Das Muster, nach dem der Kontakt ablief, war uns wohlvertraut. Fazit: Mit der größten Wahrscheinlichkeit hatten wir einen Pädophilen an der Angel.

      Wie schnell das mitunter gehen kann, zeigte ein weiterer Versuch. Diesmal fälschten wir ein Profil (mit Foto) unter dem Nicknamen Sexysusi 13. Platt und auffällig, könnten Sie nun dagegenhalten. Doch der Account verfehlte seine Wirkung nicht.


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