Kinder sicher im Internet. Geyrhofer Alexander

Kinder sicher im Internet - Geyrhofer Alexander


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uns innerhalb von 24 Stunden. Der eine schrieb:

      »Hey, cooles pic von dir, gibt’s weitere pics?«

      »Welche pics willst denn?«

      »Ich will normale Fotos von dir. Ich glaube ja nicht, dass du Nacktfotos hast. Und wenn du welche hättest, würdest du sie ja nicht schicken. Oder?«

      Der andere Cybergroomer ging gleich ordentlich zur Sache. Er bot uns 150 Euro an. Für ein Livetreffen mit Oralsex.

      Was sagen uns diese beiden Beispiele?

      Sie zeigen vor allem auf: Seit es das Internet gibt, ist in Sachen Pädophilie kein Stein auf dem anderen geblieben. Nicht, dass es diese Neigungen nicht immer schon gegeben hätte. Das World Wide Web jedoch hat die Möglichkeiten für Menschen mit sexuell krankhaften Neigungen regelrecht explodieren lassen. In einem geschützten, weitgehend anonymen Raum obendrein.

      Wer in Vor-Internet-Zeiten sexuellen Kindesmissbrauch betrieb, war darin stark limitiert. Verwendet wurden analoge Kameras, ob Foto oder Video. Die wenigsten kannten sich mit dem Entwickeln von Filmen aus, mussten sich demnach an Vertraute oder Eingeweihte mit eigener Dunkelkammer wenden. Mit dem heißen Material zum nächsten Drogeriemarkt zu gehen, um es dort ausarbeiten zu lassen, war ausgeschlossen.

      Weitgehend begrenzt war damals auch noch die Community. Alles lief mehr oder minder auf persönlicher, oft auch regionaler Ebene ab. Man kannte sich. Man tauschte sich postalisch aus, per Brief oder Paket. Oder bei Geheimtreffen auf irgendwelchen unbeleuchteten Parkplätzen mitten in der Nacht.

      Und heute?

      Heute sind die Möglichkeiten des Austauschs unter Pädophilen fast unbegrenzt. Er erfolgt blitzartig, über eine 100mbit-Leitung im Darknet zum Beispiel. Weltweite Vernetzung mit Gleichgesinnten inklusive. Hinzu kommt die enorm weiterentwickelte Technologie bei Foto und Video. Wer nur ein klein wenig Ahnung vom Darknet hat, erkennt rasch: Will die Polizei in diesen Untiefen des Netzes Straftäter ausforschen, sind die Möglichkeiten sehr limitiert. Ein langer und steiniger Weg, der oft genug nicht ans Ziel führt.

      Was ist die Konsequenz?

      Die Konsequenz ist, dass wir als Gesellschaft mehr denn je gefordert sind. Indem wir uns so früh wie möglich in das digitale Leben unserer Sprösse einblenden. Doch gerade da fühlen sich die allermeisten überfordert. Seien es die Eltern. Seien es die Lehrer.

      Die Wischergeneration

      Die verhältnismäßig junge Geschichte des Internets bringt es naturgemäß mit sich. Unsere Gesellschaft ist zersplittert in Gruppen mit unterschiedlichstem Wissensstand. Am höchsten ist er natürlich bei ihnen:

      Den Digital Natives.

      Die Ureinwohner der digitalen Welt, dank ihrer Jugend von Anfang an dabei. Zu ihren allerersten prägenden Erfahrungen im Leben zählt es mitunter, zu sehen, wie wir Erwachsene, oder Schwester und Bruder auf seltsamen kleinen Dingern mit den Fingern herumwischen und sich Erstaunliches tut. Diese Bewegungen nachzuahmen ist den Kleinen ein Leichtes. Sobald ein Bildschirm in der Nähe ist, geht es los. Der Kabarettist Günter Grünwald hat dafür diesen Ausdruck geprägt:

      Wischergeneration.

      Und dann – bestimmt ergeht es Ihnen da ganz ähnlich – bekomme ich von Bekannten oder Freunden immer wieder Sätze wie diese zu hören:

      »Ein Wahnsinn, die Jugend von heute! Die können gar nicht mehr kommunizieren. Die befassen sich doch nur noch mit dem Smartphone.«

      Das sehe ich entschieden anders. Jugendliche kommunizieren auch mit dem Handy. Sie tun es zusätzlich, kommunizieren in Summe also deutlich mehr als wir Erwachsene. Allein schon die Vielzahl der WhatsApp-Gruppen, in denen sich die meisten jungen Leute tummeln. Bis zu fünfzig und sogar noch mehr. Die jungen Menschen unterscheiden in der Regel sehr genau, mit wem sie wo chatten. Und wem sie was schreiben. Mit wem sie welche Dinge teilen und mit wem lieber nicht.

      Hinzu kommen weitere Freizeitaktivitäten als Quelle von Kommunikation unter jungen Menschen. Während des Unterrichts dürfen sie üblicherweise ohnehin nicht online sein. Die Hausordnungen in Schulen untersagen das. Und dass beim Verlassen des Schulgebäudes drauflosgechattet wird, ist völlig normal. Ausnahmen gibt es natürlich auch da – vor allem, wie in allen anderen Lebensbereichen auch, wenn der Gebrauch so krankhaft exzessiv wird, dass es an die Gesundheit geht.

      Dabei genügt es oft, wenn wir uns selbst an der Nase nehmen. Wenn wir unser eigenes Internet- oder Smartphone-Verhalten selbstkritisch überdenken und hinterher unsere Vorbildfunktion neu bewerten.

      Bleiben wir beim Beispiel WhatsApp: Warum verwenden wohl so viele Kinder und Jugendliche genau diesen Kanal und keinen anderen? Obwohl doch der Gebrauch – die Allgemeinen Geschäftsbedingungen strenggenommen – lange Zeit erst ab dem vollendeten 16. Lebensjahr erlaubt war, bevor das Limit auf 13 Jahre gesenkt wurde?

      WhatsApp und Co. – Kinder und Jugendliche tun es, weil wir es auch tun. Wenn wir es tun, kann es weder gefährlich noch bedenklich sein.

      Genauso lernen und sehen die Jungen das. Im Prinzip ist es auch richtig: Gefährlich sind weder Social Media, noch WhatsApp und Co. per se. Gefährlich sind ganz allein ihre User.

      Aus der Praxis

      Machen Sie erneut einen Selbstversuch! Laden Sie doch wieder einmal Gäste ein. Nehmen Sie Ihren Freunden die Garderobe ab und im nächsten Moment das Telefon. Halten Sie ihnen mit ein paar netten Worten eine Schachtel hin, auf der geschrieben steht: Handyparkplatz.

      Heute, sagen Sie zu Ihren Gästen charmant lächelnd, wünschen wir uns eine handyfreie Zeit. Ein Beisammensein ohne die lästigen Dinger. Und beobachten Sie zugleich die vielen, bestimmt sehr unterschiedlichen Reaktionen.

      »Ich muss unbedingt erreichbar sein«, wird der Klassiker unter den Antworten sein. Jene, die ihr Handy besonders widerwillig ablegen, können Sie bestimmt dabei beobachten, dass sie ungewöhnlich oft zur Toilette müssen. Um sich in Richtung Handyparkplatz zu stehlen.

      Soweit müssen wir aber gar nicht gehen. Oft genügt bereits ein aufmerksamer Blick ringsum, um sich des längst eingefahrenen Handyverhaltens der Menschen zu vergewissern. In der U-Bahn. Im Bus. Auf der Straße. Überall Menschen, die Ohrstöpsel oder Kopfhörer tragen oder einfach gebannt nach unten starren. Da wird gesurft, gestreamt und Musik gehört, was das Zeug hält.

      Als die Firma Sony 1979 den ersten Walkman auf den Markt brachte, war das eine Sensation. High-Tech pur nach damaligen Maßstäben. Und zugleich der Tribut an ein Bedürfnis von immer mehr Menschen, auch in aller Öffentlichkeit Musik hören zu können – ohne Zwangsbeglückung der Umwelt. Die einen wollten lauschen, die anderen nicht von der Musik gestört werden.

      Heute hat sich der Gebrauch der High-Tech-Dinger beinahe ins Gegenteil gekehrt. Die meisten Menschen verwenden die Geräte aus einem völlig anderen Grund, nämlich: Sie selbst sind es, die nicht gestört werden wollen. Fast könnte man sagen: der neue Zeitgeist.

      Was macht das mit unseren Kindern?

      Dass nicht Internet oder Smartphone an sich das Problem darstellen, sondern unser Mangel an Medienkompetenz, unsere Sorglosigkeit und unser Verhalten, das unsere Kinder oft spiegeln, zeigt sich auch, wenn wir Bilder wie diese aus dem Gedächtnis abrufen: Mütter, und Väter, die den Nachwuchs vor sich im Kinderwagen sitzen haben und lieber aufs Handy stieren, anstatt die Aufmerksamkeit den Kleinen zu schenken.

      Die Folge: Es wird ziemlich bald gequengelt. Die Botschaft von oben nach unten ist auch unmissverständlich.

      Du bist nicht wichtig.

      Wichtiger ist mein Smartphone.

      Aus der Praxis

      Sie sind ein junges Paar. Sie freuen sich, alle beide, dass die junge Liebe Früchte


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