Geschichte der Kapverdischen Inseln (E-Book). Daniel Moser-Léchot

Geschichte der Kapverdischen Inseln (E-Book) - Daniel Moser-Léchot


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wurde vermutlich um 1432 in Venedig in eine patrizische Familie geboren. Als junger Handelsbeauftragter weilte Cadamosto später in Nordafrika und auf Kreta, seine Familie verarmte jedoch. 1454 verliess er zusammen mit seinem Bruder Venedig und wollte nach Brügge in Flandern fahren. Beim Kap São Vicente an der Südwestspitze Portugals wurden die venezianischen Schiffe durch Stürme tagelang festgehalten, nicht weit weg von Sagres, dem Aufenthaltsort von Prinz Heinrich dem Seefahrer. Agenten des Prinzen statteten den venezianischen Galeeren einen Besuch ab und versprachen den Venezianern hohe Gewinne aus dem afrikanischen Gewürzhandel. Venezianer – und auch Genuesen – besassen reiche Erfahrungen im Gewürzhandel und in der Hochseeschifffahrt. Sie erwiesen sich als ideale Partner der Portugiesen.

      Die erste Schiffsreise Cadamostos wurde nach dem üblichen Muster organisiert: Prinz Heinrich rüstete auf seine Kosten die Karavelle aus, Cadamosto kaufte auf Kredit Tauschwaren ein und die Gewinne sollten zwischen dem Prinzen und ihm geteilt werden. Am 22. März 1455 verliess Cadamosto das Kap São Vicente auf dem Schiff von Vicente Dias und nahm die «Normalroute» über Madeira, die Kanarischen Inseln (die erst 1479 definitiv spanisch wurden), zur Mündung des Senegalflusses und zum Cap Vert (heute ein Vorort von Dakar). Auf Cadamostos zweiter Reise gerieten die Schiffe in einen Sturm und wurden nach Westen abgetrieben; dabei entdeckten die Seefahrer die Kapverdischen Inseln Sal, Boa Vista und Santiago. Cadamosto fuhr weiter an den Gambia-Fluss, machte gute Geschäfte und kehrte nach Lissabon zurück. Als reicher Mann kam er in Venedig zu hohen Ehren.

      Aus seinem Bericht entnehmen wir:

       «Schließlich erreichten wir Kap Blanco, … und wandten uns ein wenig seewärts. In der folgenden Nacht kam ein Sturm aus SW auf. Um nicht zurückgetrieben zu werden, mußten wir WNW steuern … so hart als möglich am Wind. Dies dauerte zwei Nächte und drei Tage. Am dritten Tag sichteten wir Land, und jeder rief: ‹Land, Land!›, aber wir staunten sehr, denn uns war von einem Land in dieser Gegend nichts bekannt. Zwei Mann im Ausguck meldeten zwei große Inseln. Als wir das hörten, dankten wir Gott, der uns zu neuen Entdeckungen geleitet hatte. Wir wussten nämlich genau, dass bisher keine solchen Inseln in Iberien gemeldet worden waren.

      Um uns zu vergewissern [ob diese Inseln unbewohnt waren], … segelten wir näher an eine von ihnen heran, … warfen Anker, und als das Wetter günstig war, ließen wir ein Boot ins Wasser. Gut bemannt wurde es an Land geschickt, um festzustellen, ob es dort irgendwelche Bewohner gab…. Aber wir fanden keine Spuren oder sonstigen Anzeichen, aus denen auf Menschen hätte geschlossen werden können. Nachdem mir dies gemeldet worden war, … sandte ich am folgenden Morgen zehn Männer aus. Sie waren wohl bewaffnet, mit Waffen und Armbrüsten, und hatten den Auftrag, eine höher gelegene Stelle der Insel zu besteigen, um festzustellen, was es sonst noch zu finden gäbe und nach Möglichkeit weitere Inseln zu sichten. Sie gingen hin und fanden nichts. Diese Insel schien lediglich von vielen Tauben bewohnt zu sein, die sich von Hand einfangen liessen; sie schienen die Gefahren, die von Menschen ausgingen, nicht zu kennen. Sie brachten viele von ihnen zu den Karavellen, die sie mit Stöcken und Keulen erschlagen hatten. Auf dem Gipfel der Insel sahen sie vom uns abgewandten Teil der Insel aus drei weitere Inseln, die wir bisher nicht entdeckt hatten, die eine weil sie auf der anderen Seite des Berges lag (Sal), die zwei anderen im Süden (Maio, Santiago). Indessen waren alle drei von unserem Wege aus sichtbar. …

       Nachdem sich unsere Entdeckungen herumgesprochen hatten, kamen andere und entdeckten mindestens 10 Inseln, zwischen den grossen und den kleinen, auf denen sie nichts anderes fanden als Tauben und eine unbestimmbare Zahl von seltenen und fremden Vögeln und Fische aller Arten. Aber lassen wir das.

      Ich verliess also diese Insel und verfolgte meinen Weg weiter und sah zwei neue Inseln. Als wir an der Küste von einer [der Inseln] entlang segelten, die uns gut mit Wald bestanden zu sein schien, entdeckten wir die Mündung eines Flusses, der dort entsprang. Da wir annahmen, dass das Wasser gut sein würde, ankerten wir, um unsere Vorräte zu ergänzen. Einige meiner Leute, die an Land gegangen waren, liefen am Strand entlang zur Mündung des Flusses. Dort fanden sie kleine Mengen von sehr weissem, reinem Salz. Sie brachten grosse Mengen und Wasser auf das Schiff zurück. Letzteres schien uns sehr gut zu sein und wir tranken soviel davon wie wir wollten. Außerdem sollte ich erwähnen, dass wir hier in der kleinen, seichten Bucht eine grosse Zahl von viereckigen Schlangen, d. h. Meeresschildkröten fanden, deren Schildpatten grösser als Schilde waren. Die Matrosen packten davon einige und schlachteten sie und erklärten, dass sie von diesen Tieren bereits im Golf von Arguim gegessen hätten, wo man sie auch finden könne. Ich kostete auch davon, weil ich neugierig war, unbekannte Speisen zu probieren. Ihr Fleisch schien mir nicht schlechter als dasjenige von Kälbern zu sein, so geschmackvoll schien es mir zu sein. Wir ergänzten damit unseren Lebensmittelvorrat. Wir pökelten viele von ihnen ein, denn sie bedeuteten eine gute Versorgung für die weitere Reise … Wir fischten auch an der Mündung des Flusses und im Fluss und fingen eine unglaublich grosse Menge Fische, die wir zum grössten Teil nicht kannten. Sie waren gut und gross.

       Das Bett des Flusses war so gross, dass ein Schiff von 150 Tonnen und von einer Breite eines guten Armbrustschusses ohne Schwierigkeiten einfahren konnte. Wir blieben zwei Tage, um uns auszuruhen und erlabten uns an den Tauben, mit denen wir eine Schlächterei machten. Man nehme zur Kenntnis, dass wir die erste Insel, auf der wir landeten, Boa Vista nannten, weil es die erste war, die wir sahen. Die andere, die uns die grösste zu sein schien, nannten wir Santiago, weil wir sie am Tage des Heiligen Philipp und Jakob betraten.»13

      Die Reisebeschreibungen Cadamostos sind lediglich in einer Abschrift erhalten, auf die sich die gedruckten Ausgaben aus Vicenza 1507 stützen. 1508 erschien eine erste deutsche Ausgabe, 1556 wurde das Buch ins Französische übersetzt. Die Herausgeber verbanden den Bericht von Cadamosto mit Darstellungen der Entdeckungsreisen von Kolumbus, was wesentlich zum publizistischen Erfolg beigetragen haben mag.

      Die Urteile der Historiker zum ausführlichen Bericht fallen unterschiedlich aus: Brulez betont seine Qualität und Präzision; Crone unterstreicht ebenfalls die genauen Beschreibungen und die Popularität des Berichtes. Peres gesteht Cadamosto eine «minutiöse Beschreibung» zu und betont auch, dass seine Erzählung von grossem Interesse sei, aber er spricht auch von Fehlern in der Chronologie und von Prahlereien. Derselbe Autor nimmt in der Folge kritisch zu verschiedenen Themen in Cadamostos Bericht Stellung, so zu den verwendeten Längemassen, zu den Zahlen des Sklavenhandels in Arguim und zu den angegebenen Daten.14

      In der Frage, wer nun die Kapverdischen Inseln entdeckt habe, spielte offensichtlich ein Streit zwischen Italienern eine Rolle; zwischen dem Venezianer Cadamosto und dem Genuesen Andrea da Noli. Letztlich lässt Peres die Frage des Erstentdeckers offen und plädiert für eine «doppelte Entdeckung».15

      Cadamosto erzählt ausführlich von seinen Begegnungen mit den Menschen an der westafrikanischen Küste während seiner zwei Reisen und weist sich als guter Beobachter der Naturlandschaften aus. Was die Kapverdischen Inseln betrifft, so waren die Riesenmeeresschildkröten hier früher sehr zahlreich. Der Fischreichtum ist noch heute typisch für die Gewässer des Archipels. Eher erstaunlich ist der Befund von Cadamosto, im Norden von Boa Vista eine Insel gesehen zu haben (möglicherweise die Insel Sal) und im Süden zwei weitere Inseln, nämlich Maio und Santiago. Alle diese Inseln sind heute von Boa Vista aus nur bei sehr guten Wetterbedingungen zu sehen.

      Hier stellt sich die Frage nach dem Klimawandel vom 15. Jahrhundert bis heute: Die Küstenwälder der Insel Santiago sind ebenso verschwunden wie grosse Flüsse. Die Insel Boa Vista ist weitgehend wüstenhaft, mit einigen Oasen. Nach den Forschungen zur Geschichte des Klimas im Sahel (dazu werden die Kapverdischen Inseln gezählt) ist es wahrscheinlich, dass in der Zeit der Entdeckung der Kapverdischen Inseln ein wesentlich feuchteres Klima geherrscht hat, als dies heute der Fall ist.16

      Auch Kämmer vermutet, dass zwei Drittel der Kapverdischen Inseln um 1450 bewaldet waren.17 Der Rückgang des Waldes wird auf das Einwirken der Menschen zurückgeführt, namentlich auf die Abholzung für den Schiffsbau und die Überweidung durch Ziegen. Beim von Cadamosto beschriebenen Fluss könnte es sich um den Fluss von Ribeira Grande handeln, der auf späteren ikonografischen Quellen zu erkennen ist. Ein portugiesischer Seefahrer bestätigt in einem


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