Geschichte der Kapverdischen Inseln (E-Book). Daniel Moser-Léchot

Geschichte der Kapverdischen Inseln (E-Book) - Daniel Moser-Léchot


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Bevölkerungsanteils der Sklavinnen und Sklaven im 15. Jahrhundert ist wenig bekannt. Die meisten dürften von der Guineaküste gestammt haben, die sich nach den damaligen geografischen Begriffen vom heutigen Senegal bis nach Sierra Leone erstreckte.

      Gewisse Sklavinnen und Sklaven blieben nur für kurze Zeit auf der Insel und wurden dann weiter verschifft, vorerst nach Sevilla, später direkt in die Karibik. Andere blieben auf den Inseln. Die meisten dieser Sklavinnen und Sklaven waren in der Landwirtschaft tätig, aber man fand sie auch in anderen Sektoren der Wirtschaft, so im Handwerk und im Handel. Der Haussklave beziehungsweise die Haussklavin war in der Regel in einer besseren Position als der Landwirtschaftssklave. Es war möglich, dass ein Haussklave für seinen Herrn nach Guinea zum Einkauf von Sklaven und Sklavinnen ging, was er mittels seiner afrikanischen Sprache gut erledigen konnte, zumindest aber begleitete er seinen Herrn in diesem Geschäft. Schon vor 1500 bildeten die schwarzen Sklavinnen und Sklaven die Bevölkerungsmehrheit auf Cabo Verde.14

      Zwischen den weissen Freien und den Sklavinnen und Sklaven gab es die Gruppe der Freigelassenen. Unter den Freigelassenen fanden sich wenige Schwarze und zahlreiche Mestizen und Mestizinnen, Kinder von weissen Vätern und schwarzen Müttern. Häufig wurden sie nach den Testamenten ihrer Väter freigelassen, ja legitimiert. Das betraf aber längst nicht alle Mestizinnen und Mestizen, viele blieben Sklavinnen und Sklaven.

      Der Handel mit der Guineaküste lag in den Händen einer schmalen Oberschicht. Von den 70 Grosskaufleuten der Insel Santiago nach 1500 gehörten 22 dem hohen und niedrigen Adel an. Wie in anderen Monarchien war an sich auch dem portugiesischen Adel die Arbeit im Handel verboten, was aber nie durchgesetzt wurde. Für Fidalgos und Cavaleiros (Edelleute und Ritter) bestanden auf Cabo Verde in dieser Zeit durchaus Chancen, reich zu werden. Im Portugal des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit waren die Übergänge zwischen dem Dritten Stand (Bürgertum) und dem Zweiten Stand (Adel) fliessend. In der portugiesischen Ständevertretung, den Cortes, wurden die escudeiros (Knappen) zusammen mit den Kaufleuten zu einer Kategorie zusammengefasst.15

      António Carreira unterscheidet drei Phasen der Bevölkerungsentwicklung auf Cabo Verde: In einer ersten Phase im 15. Jahrhundert wurden die Inseln Santiago und Fogo von einer geringen Zahl von Leuten aus Portugal, Spanien, Genua und anderen europäischen Ländern besiedelt, es gab kaum Mestizen und Mestizinnen.

      In einer zweiten Phase im 16. Jahrhundert blieb es bei einer geringen Zahl von Europäerinnen und Europäern, wobei es sich sowohl um freie wie erzwungene Migration handelte. Dazu kam eine kleine Zahl von nicht identifizierten europäischen Einwanderinnen und Einwanderern. Nun gab es auch Weisse, die auf der Insel geboren worden waren, sowie Mestizen und Mestizinnen als Söhne und Töchter aus Beziehungen zwischen europäischen Männern und freien oder unfreien afrikanischen Frauen. Es kamen nur wenige weisse Frauen auf die Inseln. Die freien und unfreien Schwarzen und Mestizen waren bald zahlreicher als die Weissen. Die Zahl der auf Cabo Verde lebenden Adeligen nahm ab.

      In einer dritten Phase im 17. und 18. Jahrhundert nahm die Zahl der freiwilligen weissen Einwanderinnen und Einwanderer weiter ab, während diejenige der deportierten Weissen, der auf der Insel geborenen Weissen, der Mestizen und der Schwarzen zunahm. Die freien Mulattinnen und Mulatten und die freien Schwarzen waren nun zahlreicher als die Sklavinnen und Sklaven. Im 18. und 19. Jahrhundert stieg die Zahl der Freien, der Freigelassenen und der Entflohenen immer stärker an, während diejenige der Sklaven und Sklavinnen weiter sank. Mit dem Verbot des Sklavenhandels nördlich des Äquators 1815 sank auch die Zahl der eingeführten Sklaven und Sklavinnen, obwohl der illegale Sklavenhandel noch einige Jahrzehnte weiterging.16

      Iva Cabral unterscheidet in der Frühgeschichte von Cabo Verde zwei Phasen der wirtschaftlichen Entwicklung: Eine erste Phase des prosperierenden Handels mit der Guineaküste zwischen 1473 und 1549 und eine zweite Phase der beginnenden Krise zwischen 1549 und 1599, bedingt durch die immer stärker werdende Konkurrenz von Frankreich, England und den Niederlanden sowie deren Korsaren. Die Autorin beschreibt detailliert die Zusammensetzung der Elite von Santiago im 15. und 16. Jahrhundert und stellt fest, dass sich die Adeligen allmählich aus dem Handel mit der Guineaküste zurückzogen und vermehrt in der intensiven Landwirtschaft aktiv wurden.17

      Bereits im 16. Jahrhundert flohen viele Sklavinnen und Sklaven in die schwer zugänglichen Gebirgsregionen der Serra Malagueta auf der Insel Santiago oder in die höheren Regionen der Insel Fogo. Sie lebten am Rande der Gesellschaft, rechtlich gesehen waren sie nach wie vor versklavt, faktisch aber frei. Sie waren den anderen Klassen der Gesellschaft feindlich gesinnt und unternahmen immer wieder Überfälle auf die Höfe der Gutsherren. Das Refugium der Serra war für sie relativ sicher.18

      Die Lançados waren meist ursprünglich Männer aus Portugal, die nach Cabo Verde verbannt wurden (sie wurden auch tangomaos genannt, weil sie sich afrikanische Tattoos anbringen liessen). Sie spielten in Guinea in der Vermittlung von Handelsbeziehungen zwischen Portugal und den Einheimischen eine wichtige Rolle, obwohl sie dazu keine königliche Erlaubnis besassen. Für die Zeitgenossen galten die Lançados als Abenteurer und Halbwilde, die unter den Afrikanerinnen und Afrikanern wohnten, sich mit afrikanischen Frauen verbanden und eigene Dörfer gründeten. Die Bewohnerinnen und Bewohner von Santiago trieben ebenfalls Handel mit den Lançados. Die portugiesischen Könige versuchten, die Tätigkeiten dieser unkontrollierbaren Männer zu verhindern, da sie den königlichen Handel und den Handel der königlichen Vertragspartner (contratadores) in Guinea konkurrenzierten.19 Im 17. Jahrhundert wurden die Lançados immer stärker von der Geistlichkeit kritisiert: Sie würden Götzen anbeten und Fetische verehren, seien Mörder, Verräter, Leute ohne Recht mit Appetit auf die Hölle, so Padre Manuel Álvares von der Societas Jesu 1609.20

      Das portugiesische Recht unterschied zwischen morador (Bewohner) und vizinho (Nachbar). Der Morador war ein Einwohner, der mindestens vier Jahre am selben Ort wohnte, der Vizinho war ein Morador, der ein Haus und ein Grundstück besass. In Ribeira Grande (Santiago), Alcatrazes und in São Filipe auf Fogo wurden zu Beginn des 16. Jahrhunderts die ersten Gemeinden (câmaras) mit den Institutionen eines Gemeinderates und einer Gemeindeversammlung gebildet – wobei sich diese Gremien nicht im Sinne einer Gewaltentrennung unterschieden. Der Morador hatte das Recht, an der Gemeindeversammlung teilzunehmen und sich an den Wahlen der lokalen Behörden zu beteiligen. Die vizinhos negros – freie Schwarze – erhielten diese politischen Rechte erst nach 1546.21 Die Munizipalisierung des politischen Raumes neben dem König und dem Adel war ein neues Element. Gleichzeitig fand in Portugal eine weitgehende Verschriftlichung der Verwaltung statt, unter anderem auch mit genauen Regelungen der Kompetenzen der Gemeinden.22

      Vor allem reiche Vizinhos profitierten vom Handel mit Guinea, da sie die nötigen finanziellen Mittel für die Investitionen besassen. Die Gruppe der Schiffsreeder und Kaufleute (armadores-mercadores) beherrschte die Câmara (Verwaltung) von Ribeira Grande, leitete die sozial wichtigen religiösen Bruderschaften, bildete unter sich geschäftliche Partnerschaften (auch mit ausländischen Kaufleuten), baute mehrstöckige Häuser (sobrados) aus Stein und Kalk, unterhielt Obst- und Gemüsegärten. Sie verfügte über Tausende von Sklavinnen und Sklaven für die Arbeiten in der Landwirtschaft und der Viehzucht. Als Reeder und Grossgrundbesitzer bildeten sie die wirtschaftliche und politische Elite von Cabo Verde, die meisten gehörten dem niedrigen Adel (Fidalgos) an. Wer keine Schiffe hatte, wurde von den Ämtern ausgeschlossen. Zuweilen betrieb die Elite auch Piraterie und Schmuggel, beispielsweise der Reeder, Abenteurer und Ritter des Königshauses Fernão de Melo. Er machte weite Handelsfahrten bis zum Kongo und wurde später Kapitän der Insel São Tomé. Seine Frau Dona Brígida Gouveia führte unterdessen die Landwirtschaft in São Martinho (Santiago) weiter und betätigte sich ebenfalls als Reederin. In der Kirche von Santa Maria do Rósario in Ribeira Grande (Santiago) liegt der reich geschmückte Grabstein von Fernão de Melo.23

       Die «filhos da terra»: Mestizen und Mestizinnen und Freigelassene

      Die Mestizenkinder hatten einen unterschiedlichen Status: Wenn der weisse Vater


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