Unser Schrebergarten für Dummies. Christa Pöppelmann
nach jahrelangem Warten, vielleicht sehr schnell bekommen Sie den Bescheid, dass Sie in Ihrer Wunschkolonie einen frei werdenden Garten besichtigen dürfen. Also Charmeoffensive, die besten Argumente zurechtlegen und vielleicht auch noch Kuchen mitbringen? Charmeoffensive und gute Argumente sind natürlich nie schlecht, Kuchen auch nicht (aber erst, wenn Sie auf Ihrem Grundstück eingezogen sind), doch das Vergabeverfahren läuft eher prosaisch und nach Schema F ab.
Zunächst: Wenn eine Parzelle frei wird, wird ihr Wert geschätzt. Diese Abschätzung nimmt ein ausgebildeter Sachverständiger aus dem Bezirk vor, jedoch niemals jemand aus dem gleichen Verein. Die Schätzer bewerten dann anhand eines festen Katalogs nahezu jedes Gänseblümchen auf Ihrem künftigen Grundstück. Das klingt wieder einmal schrecklich deutsch, soll aber helfen, Willkür und Ungerechtigkeiten zu vermeiden. Es gibt Tarife für Obstbäume, Beerensträucher, Rosenstöcke und Ziersträucher, aber auch pro Quadratmeter Rasen oder Stauden. Natürlich wird auch die Laube – nach Größe, Alter und Bauzustand – bewertet, dazu Wegplatten, Rasenbordsteine, Zäune, Rankgerüste, Pergolen, Kompostbehälter, Frühbeete, Wasserbehälter, Brunnen, Teiche und Kinderspielgeräte.
Wenn diese Abschätzung vorgenommen worden ist, wird der Vorstand nach Nachfolgern suchen. Das kann bedeuten, dass nun Nummer eins von der Warteliste kontaktiert wird. Viele Vereine laden aber auch die ersten drei infrage kommenden Bewerber ein. Und es gibt auch solche, die 20 Besichtigungsscheine für einen Termin verteilen.
Da stehen Sie nun also in Ihrem potenziellen neuen Garten und müssen sich entscheiden, ob Sie ihn auch haben wollen. Denn so ein Schrebergarten ist ja kein leeres Blatt. Wenn die Laube, die Aufteilung und die Bepflanzung so gar nicht zu Ihren Gartenträumen passen, dann ist es vielleicht besser, auf die nächste Gelegenheit zu warten. Überlegen Sie gut, welchen Aufwand es bedeuten würde – zeitlich und finanziell –, alles nach Ihren Vorstellungen umzugestalten, und ob sich das lohnt. Was zum Beispiel nutzen Ihnen ein halbes Dutzend Johannisbeersträucher, wenn Sie Johannisbeeren nicht mögen? Oder eine extrem solide, aber altmodische Laube, die einen Charme versprüht, der Ihnen ganz und gar nicht gefällt? Schlimm genug, wenn man das alles beseitigen muss. Aber auch noch dafür zahlen? Doch da gibt es nichts zu verhandeln. Wenn dieser spezielle Garten und Sie nicht zusammenpassen und Ihnen die Ausstattung nicht die Summe wert ist, die nach Einschätzung des Schätzers oder der Schätzerin objektiv gerechtfertigt ist, dann ist das eben leider nicht Ihr Garten!
Wenn es nicht um Geschmacksfragen geht, sondern Sie der Meinung sind, dass das Gutachten nicht okay ist, dann können Sie auf eigene Rechnung ein Gegengutachten erstellen lassen. Doch die Vereinsvorstände müssen in der Regel eher gegen die überzogenen Vorstellungen von Vorpächtern kämpfen, die meinen, dass ihre vor 30 Jahren so liebevoll eingerichtete Laube auch heute noch gutes Geld wert ist, als dass sie von den Neuen zu viel fordern. Und es sind ja wie gesagt Externe, die die Schätzung vornehmen.
Ist eine Laube extrem verwahrlost, baufällig, mit Asbest verseucht oder aus irgendeinem anderen Zustand nicht zumutbar, dann kann es sogar sein, dass der Vorstand von den Altpächtern den Abriss auf eigene Kosten verlangt und die Neuen nichts zahlen müssen, aber eben komplett neu bauen. Auch kaputte Zäune, zerbrochene Wegplatten, abgestorbene Sträucher, Wurzelstubben, verunkrautete Beete, herumliegender Schutt und Ähnliches muss entweder noch von den Vorpächtern beseitigt werden oder die Nachfolger bekommen dafür einen angemessenen Nachlass auf die Abschlagszahlung.
Gut möglich, dass die Beurteilung gar nicht so einfach ist. Zumal, wenn Sie Gartenanfänger sind und die Besichtigung erst nach Ende der Gartensaison stattfindet, wenn alles kahl ist. Was taugt dieser Boden? Wie sehen diese Pflanzen, die Sie gar nicht kennen, im Sommer aus? Ist der Zustand der Laube wirklich gut und was würde es kosten, sie nach eigenen Vorstellungen umzubauen? Nehmen Sie sich, wenn Sie unsicher sind, jemanden mit, der Ihnen bei der Beurteilung helfen kann.
Nicht immer sind die Vorpächter beim Besichtigungstermin dabei. Wenn ja, quetschen Sie sie aus! Sie sind die Experten für das Grundstück. Notieren Sie sich die Namen von Obstsorten und Zierpflanzen, lassen Sie sich über Probleme und Besonderheiten, verborgene Leitungen und Ähnliches aufklären. Welche Unkräuter sorgen im Speziellen für Probleme? Welche Pflanzenkrankheiten sind in den letzten Jahren aufgetreten? Gab es Ärger mit Schnecken oder Wühlmäusen? Da das Grundstück ja schon geschätzt ist, gibt es keinen Grund, nicht offen zu sein. Sollten die Altpächter nicht anwesend sein, dann bitten Sie nach Vertragsabschluss den Vorstand, einen Kontakt zu vermitteln.
Wenn Sie aber schließlich Ja sagen, stellt sich noch die Frage, ob auch die miteingeladenen Bewerber diesen Garten haben wollen. Wenn es mehrere Kandidaten gibt, sollte eigentlich der gewählt werden, der auf der Warteliste am weitesten oben steht. In der Realität sieht es aber oft so aus, dass der Vorstand eine Partei auswählt, die am besten »passt«. Oder die die besten Beziehungen hat. Aber wenn Sie beim ersten Mal nicht zum Zug kommen, dann hoffentlich bei der nächsten Gelegenheit.
… und was das alles kostet
Obwohl das Kleingartenwesen seine Wurzeln in der Sozialfürsorge hat, gilt es mit einem Gerücht aufzuräumen: Ein Schrebergarten ist nicht billig! Okay, die Pacht ist wirklich niedrig, aber die ist auch die geringste der Aufwendungen, die auf die künftigen Neugärtner zukommen.
Mit welchen Kosten müssen Sie also rechnen, wenn Sie in Deutschland einen Schrebergarten über einen Verein pachten?
Einmalige Kosten sind:
die Aufnahmegebühr in den VereinDie kann sehr unterschiedlich sein. Mancherorts werden nur 40 Euro verlangt, anderswo 400.
die Ablöse für den Garten
An jährlichen Kosten fallen an:
die PachtIn Deutschland liegt der Schnitt derzeit bei 18 Cent, doch auch hier gibt es beträchtliche regionale Unterschiede. In begehrten Großstadtlagen können es auch über 30 Cent sein, in strukturschwachen Regionen dagegen unter zehn Cent.
der Mitgliedsbeitrag für den Verein
Umlagen des VereinsTeilweise werden Umlagekosten wie Pacht und öffentliche Lasten für die Gemeinschaftsflächen, Ansparungen für bestimmte Vorhaben, Versicherungen und Gebühren separat ausgewiesen, teils sind sie im Mitgliedsbeitrag enthalten.
öffentliche LastenEs können anteilige Kosten für Müllentsorgung, Straßenreinigungsgebühr und Grundsteuer dazukommen.
Wassergebühren, Abwassergebühren, StromDie Kosten hängen natürlich von Ihrem Verbrauch ab und der Frage, ob es auf Ihrem künftigen Grundstück überhaupt Strom und eine Abwasserentsorgung gibt. Teils fallen auch noch Mietgebühren für Wasseruhren, Zähler et cetera an.
VersicherungenSo braucht Ihre Laube beispielsweise eine Gebäudeversicherung.
Fragen Sie unbedingt, wie der Verein größere Investitionen in Sachen Gemeinschaftsanlagen handhabt und was in nächster Zeit ansteht. Wenn zum Beispiel die gesamte Wasserversorgung neu gemacht oder das Dach des Vereinsheims saniert werden muss und die Kosten auf alle Mitglieder umgelegt werden, dann kann noch ein erheblicher Batzen fällig werden, den Sie nicht auf der Rechnung hatten – und über den Sie im Gegensatz zu den älteren Mitgliedern nicht auf der letzten Hauptversammlung haben abstimmen können.
Die lange Liste – ohne allzu konkrete Zahlen – wirkt jetzt vielleicht beängstigend. Ganz grob über den Daumen gepeilt, lässt sich sagen, dass neben der Pacht und den Stromkosten, die je nach Verbrauch sehr unterschiedlich sein können, etwa 200 bis 250 Euro jährlich aufzubringen sind.
Vergessen Sie nicht ganz, dass Sie auch noch Pflanzen, Erde und Gartengerät brauchen! Schon so manche haben ihr Auto im Gartencenter für ein paar Hundert Euro so richtig