Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft. Группа авторов
wie die neue Konkurrenz im Angebotswettbewerb)?
• Darf Qualität auf dem Altar des Angebotswettbewerbs geopfert werden?
Im weiteren soll ein Blick auf die Ursachen erfolgen, die diese defensive Grundhaltung befördert haben:
a) Ursache 1: Der Angebotswettbewerb als Scheinriese
Die prominenteste Ursache war, dass Mitte der neunziger Jahre der Angebotswettbewerb in der Sozialwirtschaft von allen gesellschaftlichen Kräften als „Scheinriese“ aufgebaut wurde. Nüchtern betrachtet war der Angebotswettbewerb nichts anderes als ein legitimes Instrument, die Unwirtschaftlichkeiten und nicht erfolgten Prozessinnovationen, die in Jahrzehnten des Überflusses des Wirtschaftswunders im Selbstkostendeckungssystem stark angewachsen waren, offenzulegen und Zug um Zug abzubauen. Das führte dazu, dass nahezu 20 Jahre lang der Angebotswettbewerb als das langfristige Mittel der Wahl für eine gute Entwicklung in der Sozialwirtschaft angesehen wurde. Qualität der Arbeit und die Löhne für die Mitarbeiter müssen sich halt am Preis, der sich im Angebotswettbewerb ergibt, ausrichten. Das hat zu viel Frust bei den Verhandlungen der Tarife für die 500.000 Mitarbeiter in der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes geführt. Auch im Qualitätsmanagement prallten sozialpolitisch/ethische Vorstellungen und „wirtschaftliche Notwendigkeiten“ immer mehr aufeinander. Von der Sozialpolitik wurde dies mit dem Begriff der „Ökonomisierung der Gesellschaft“ negativ konnotiert. Wesentlich klarer und ursachenbezogener ist, davon zu sprechen, dass ein zunehmend fehlsteuernder Angebotswettbewerb nicht mehr in der Lage war Qualitätsentwicklungen ausreichen zu berücksichtigen. Am negativsten wirkte sich dies bei staatlichen Ausschreibungen von sozialen Dienstleistungen aus, wo häufig der billigste Anbieter den Zuschlag erhielt, was mittelfristig zu Lohn- und Qualitätsdumping führte.
Erst seit einigen Jahren setzt sich die Erkenntnis mehr und mehr durch, dass Angebotswettbewerb alleine keine einzige Herausforderung der guten Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Dienstleistungen nachhaltig lösen kann. Zusätzlich führen die Vermeidungsstrategien der schlimmsten Folgen des Angebotswettbewerbs zu immer höherem bürokratischen Aufwand der kontrollierenden staatlichen Instanzen.
Etwa gleichzeitig mit den zunehmenden Zweifeln an der Funktionalität des Angebotswettbewerbs kam es zum entscheidenden Fortschritt bei der nachgelagerten Theoriebildung für caritative Unternehmen, nämlich das faire Preise, faire Löhnen und eine menschenliebende Qualität der Dienstleistung nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen (dazu später mehr).
a) Ursache 2: Ethische Festschreibung der Defensive
Ethisch stellte sich mit der plötzlichen Entstehung von Unternehmen als Teil der Caritas und damit auch als Teil der Kirche eigentlich auch die Grundfrage der Einordnung dieser Organisationsform ins Kirchliche. Diese Herausforderung wurde umgangen bzw. konnte umgangen werden, weil der verfasst kirchliche Bereich davon weitgehend nicht betroffen war. Gleichzeitig schien in der verbandlichen Caritas die Haltung die richtige zu sein, dass man nun mal nicht anders konnte als unternehmerisch aktiv zu werden, und in diesem übermächtigen Angebotswettbewerb das Beste daraus machen muss, um einerseits nicht unterzugehen und andererseits wenigsten mehr für die Menschen und die Mitarbeiter zu tun als die Gewinne ausschüttenden Konkurrenten. Damit war caritatives Unternehmertum ethisch ein notwendiges Übel.
Die notwendige Auseinandersetzung, ob caritatives Unternehmertum letztlich als die Folge einer kapitalistischen Fehlentwicklung der Sozialwirtschaft zu sehen ist und daher sobald wie möglich wieder abgeschafft gehört oder ob es grundsätzlich eine chancenreiche Form kirchlichen Wirtschaftens ist, die Vorbild einer stärker am Gemeinwohl ausgerichteten Ökonomie ist, wurde daher bis jetzt nur in Ansätzen geführt. Bei der nachgelagerten Theoriebildung stand eher im Vordergrund wie man das notwendige Übel beschreiben und angehen sollte. Auch dazu später mehr.
a) Ursache 3: Forderung nach Wertfreiheit in der Sozialwirtschaft
Vollends defensiv wurde die Diskussion als politische Forderungen zunahmen, wertgebundene/freigemeinnützige Organisationen seien schädlich für die Sozialwirtschaftund da der Staat zur Wertneutralität verpflichtet sei, habe er daher darauf zu achten, dass nur wertfreie Organisationen für das Soziale beauftragt werden. In diesem Zusammenhang wurde insbesondere unterstellt, dass in den Arbeitsrechtsregelungsverfahren des Dritten Weges der Kirchen, der Streik und Aussperrung als Mittel der Tariffindung ausschließt, Mitarbeiter bei Caritas und Diakonie über den Tisch gezogen werden.
Schnell wurde allerdings deutlich, dass damit das verfassungsrechtlich garantierte Subsidiaritätsprinzip, als eine der wertvollsten Errungenschaften unserer Demokratie, geradezu auf den Kopf gestellt wurde. Zudem wurde empirisch mehr und mehr deutlich, dass Mitarbeiter im nicht kirchlichen Bereich der Sozialwirtschaft nicht besser, sondern deutlich schlechter bezahlt werden, da die Gewerkschaften im Angebotswettbewerbssystem in vielen Bereichen nicht in der Lage sind, ausreichende Organisationsmacht zu entwickeln und flächentarifliche Regelungen durchzusetzen.
Dass solche Diskussionen nach Wertfreiheit in der Sozialwirtschaft überhaupt aufkommen konnten, sollte allerdings als endgültige Warnung verstanden werden, bei der Theoriebildung das Bild des notwendigen Übels zu verlassen und eine offensive Ausrichtung für die Organisationsformen des kirchlichen Dienstes und des caritativen Unternehmertums zu wählen. Das mündet in der Forderung nach Tariftreue in der Sozialwirtschaft und Stärkung des wertgebundenen Unternehmertums in der Sozialwirtschaft als wichtigem Beitrag für unsere Demokratie in einem modernen Verständnis von Subsidiarität.
Zunächst aber noch einige Gedanken zu den theoretischen Errungenschaften, die schon in der Phase der defensiven Ausrichtung der Theoriebildung erzielt werden konnten
2. Nachgelagerte Theoriebildung in der Phase der Defensive
In der Kommission Ökonomie der Caritas der Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes erfolgten mit den tarifpolitischen Leitlinien2 (am 20. März 2007 durch die Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes beschlossen) und den unternehmenspolitischen Leitlinien3 (am 16. Oktober 2008 durch die Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes beschlossen) zwei erste wichtige Schritte der nachgelagerten Theoriebildung.
Für unsere Betrachtung ist die Leitlinie eins der Tarifpolitischen Leitlinien essentiell. Sie lautet:
„Gerechten Lohn über gerechte Verfahren realisieren: Die Soziallehre der Kirche fordert eine gerechte Entlohnung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dies erfordert ein kollektivrechtlich begründetes Verfahren der Vereinbarung von Vergütungsregelungen. Die Voraussetzungen für einen fairen Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite sind nur im Rahmen eines kollektiven Verfahrens gegeben. Ein individuell ausgehandelter Arbeitsvertrag kann dies nicht leisten, weil in der Regel nur eine Minderheit leistungsstarker und am Arbeitsmarkt knapper Arbeitskräfte über hinreichende Verhandlungsmacht in individuellen Aushandlungsprozessen verfügt. Gerade auch die Rücksichtnahme auf schwächere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Vergleichbarkeit der Arbeitsverhältnisse spricht für Kollektivverhandlungen. Um Konflikte in den tariflichen Verhandlungen, die innerhalb der Arbeitsrechtlichen Kommission nicht gelöst werden können, klären zu können, müssen effektive außergerichtliche Streitschlichtungsverfahren entwickelt werden.“
Dies ist die ethische Untermauerung der Position für Tariftreue in der Sozialwirtschaft. Danach ist es im Angebotswettbewerb für den Fall, dass es nicht ohnehin zu einem allgemeinverbindlichen Tarif kommt, zwar denkbar, dass es auch zu einem Wettbewerb über die Tarife der verschiedenen Verbände kommt, es müssen aber fair ausgehandelte Flächentarife sein. Haustarife, die stark von Flächentarifen abweichen, oder gar ausschließlich auf individuellen Arbeitsverträgen beruhende Regelungen haben danach im Angebotswettbewerb der Sozialwirtschaft nichts zu suchen. Diese Forderung hat sich beispielsweise das Bündnis für Tariftreue, in dem sich Ver.di, Caritas und Diakonie sowie das Rote Kreuz in Baden-Württemberg zusammengeschlossen haben, auf die Fahnen geschrieben.
Die unternehmenspolitischen Leitlinien haben zwar den wesentlichen formalen Unterschied zwischen