Kebra Nagast. Papaapa Team

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der Fuß eines Menschen, der andere aber der einer Ziege, denn groß und erhaben ist der gepriesene Schöpfer des Alls in seiner Macht! Als dann ihre Mutter diese seltsame Gestalt zur Welt gebracht hatte, sie aufgezogen hatte, und die Tochter zur Entwicklung gekommen war, da wollte sie wegen der Missbildung ihres Fußes keinen Mann heiraten und blieb bis zu ihrem Regierungsantritt Jungfrau. Als sie dann — wie oben erwähnt — den Gedanken fasste, zu Salomon zu gehen, um von seiner Weisheit zu hören, war dies in Gottes, des gepriesenen Wissen schon vorherbestimmt. Damit das Reich Davids erhalten bleibe bis zum Ende der Welt; wie David durch den Heiligen Geist von Gott sagte: „Der Herr hat David einen wahren Eid geschworen, davon wird er sich nicht wenden: Von der Frucht deiner Lenden werde ich jemanden sitzen lassen auf deinem Stuhle. Werden deine Kinder meinen Bund halten, und mein Zeugnis, das ich sie lehren werde, so sollen auch ihre Kinder auf deinem Stuhl sitzen ewiglich“. Auch außerdem gibt es noch viele Belegstellen in den Psalmen und anderwärts, die darauf hindeuten. Zugleich deutet dies aber auch darauf hin, dass das Reich den Kindern Israels entrissen wurde: Als sie den Bund brachen, sich nicht mehr an die Wahrheit hielten und nicht an den zu Erwartenden Messias glaubten, da nahm Gott die Prophetie, das Priestertum und die Herrschaft von ihnen. Als nun die besagte Königin nach Jerusalem gekommen war, und der König Salomon gehört und durch Kundschafter bestätigt hatte, dass ihr einer Fuß der Fuß einer Ziege sei, da wandte er in seiner Weisheit eine List an, um ihren Fuß zu sehn, ohne sie darum zu bitten. Er stellte seinen Thron auf dem Hofe des Tempels auf und befahl, Wasserschleusen zu öffnen, um den Tempelhof mit Wasser zu füllen. Dies geschah, und da sich vorn im Hofe das erwähnte Stück Holz befand, das der Adler vom Fuße des Paradieses gebracht hatte, so wurde es, ohne dass jemand etwas davon merkte, vom Wasser überspült wegen dessen, was in Gottes weiser Vorsehung beabsichtigt war. Als dann die Königin an die Tempelpforte geritten kam und das Wasser vorfand, wollte sie auf ihrem Reittier zum König Salomon eindringen, da machte man ihr klar, dass dies der Tempel Gottes sei und niemand ihn reitend besuche. Man ließ sie dann von ihrem Reittier absteigen, wobei sie das Gefolge, das sie bediente, stützte. Da streckte sie ihre Hand aus, hob den Saum ihres Gewandes und schürzte ihre- Kleidung über den Füßen, um ins Wasser zu waten. So erblickte Salomon ihren Fuß, ohne sie darum gebeten zu haben. Sie aber watete im Wasser im Vorhof, da berührte ihr Fuß jenes Stück Holz. Und als der wie ein Ziegenbein gestaltete Fuß das Holz berührte, da erschien die Kraft Gottes: der Ziegenfuß wurde gerade und wurde ein Menschenfuß wie sein Bruder. Sie wurde sich der Kraft, die auf sie eingewirkt hatte, sofort bewusst, große Furcht und Schrecken überkam sie, aber dann freuten sie sich und ging im Wasser weiter, bis sie zum König Salomon kam. Der empfing sie mit Freuden, erhob sich von seinem Throne, bezeugte ihr Ehren und ließ sie neben sich sitzen. Sie aber tat ihm kund, dass sie nur deshalb von den Enden der Erde zu ihm gekommen sei, um in Jerusalem anzubeten und von seiner Weisheit zu hören. Dann befragte sie ihn und sagte: „Als ich zu deinem herrlichen Reiche kam und zu Fuß im Wasser ging, während mein einer Fuß ein Ziegenfuß war, da berührte dieser mein Fuß ein trockenes Ding im Wasser und wurde dann sofort gerade wie sein Bruder, und deshalb überkam mich große Furcht und Schrecken, aber auch Freude über das, was mir durch die Barmherzigkeit des allmächtigen Gottes widerfahren ist. Sie zeigte ihm dann ihre beiden Füße. Da lobte und pries er Gott, den alleinigen Wundertäter, und gestand ihr, dass er das Wasser nur gemacht habe, bis sie sich schürzte und er ihren Fuß, den Ziegenfuß sah. Er hieß dann sogleich das Wasser zurücktreten, da erschien der Tempelhof, das Stück Holz ward sichtbar, das sie mit ihrem Fuß betreten hatte, und Salomon berichtete ihr nun dessen Geschichte. Sie aber ließ dem Holze, als sie die Sachlage erkannt hatte, Ehren widerfahren und schmückte es mit einem Nackenring aus Silber; und als sie der König Salomon dies tun sah, da schmückte auch er es mit einem solchen Silberring und ließ es im Tempel, dem Tempel des Herrn, einen Ehrenplatz einnehmen. Und es geschah, dass alle Regierungsnachfolger Salomons, die zum Gebet im Tempel Gottes kamen und diese Geschichte hörten, das bewusste Stück Holz mit Silberringen schmückten. So sammelten sich von den Tagen Salomons an bis zur Ankunft Christi an dem Holze dreißig Silberringe. Als dann Gott, dem Lob sei, willens war sein Erlösungswerk zu vollenden, und die Erlösung Adams und seiner Nachkommen aus den Händen des verfluchten Feindes welchen den Gott zu Schande machen möge, bevorstand, da kamen Judas, die Hohenpriester und das Judenvolk überein, dass er ihnen Christum ausliefere, damit sie ihn zum Tode verurteilten. Die Hohenpriester verpflichteten sich, ihm die erwähnten dreißig Silberlinge zu geben, schickten aus und ließen sich Nachts das Holz für einige Zeit bringen, nahmen davon die erwähnten Silberlinge weg und übergaben sie dem Judas. Dieser nahm sie, wie das Evangelium berichtet, an und lieferte ihnen Christus aus. Als dann der Morgen des Freitags anbrach, an dem sie Christus zum Kreuzestode verurteilten, da nahmen sie jenes Holz, ließen von einem Zimmermann ein Kreuz daraus anfertigen und kreuzigten daran den Erlöser. Dies beweist, wie richtig Chrysostomus sagte: Nur durch sein Essen von der Frucht des Baumes im Paradiese tat Adam Unrecht, und ward seines Ruhmes entblößt und wurde aus dem Paradiese vertrieben, und der Satan erhielt die Herrschaft über ihn und sein Geschlecht. Deshalb erfolgte nach dem Ratschluss Gottes auch seine Erlösung durch die Ankunft dieses Holzes vom Paradiese. Und dasselbe ward in Ehren gehalten bei den Königen, bis der König der Könige kam und daran gekreuzigt wurde und Adam und seine Nachkommen durch das Holz aus der Hand des Verfluchten erlöste, wie ihn Adam die Frucht des Holzes zum Unrecht verleitet hatte. Deshalb sprach der Prophet David im Psalm: Erzählet unter den Völkern, dass Gott Herrscher ist am Holz. Und dies Holz wurde dadurch, dass der Leib unseres Herrn daran erhöhet ward, so geehrt und ausgezeichnet, dass als man es einst auf einen Toten legte, dieser wieder auferstand. Das Kreuz ist den Königen Stütze und stärkt auch die übrigen Gläubigen bis in Ewigkeit. Was aber die erwähnten dreißig Silberlinge betrifft, so warf sie Judas nachmals den verfluchten Juden hin, und darauf erhängte er sich und schied so aus Geldgier vom Leben. Da nahmen sie die Juden und kauften darum den Acker des Töpfers, eine Begräbnisstätte der Fremden bis zum heutigen Tage. Dies zur Geschichte des Holzes! Nun wollen wir aber zu unserer Anfangserzählung von der Übertragung der Herrschaft Davids auf das Land Abessinien zurückkommen! Der König Salomon bezeigte also der Königin Ehren und ließ sie, ihr Gefolge und ihr Heer bei seinem Schloss lagern. Jeden Tag besuchte sie ihn, um seine Weisheit zu hören. Salomon aber war wahnsinnig in die Weiber verliebt ; als sich nun ihre Besuche bei ihm oft wiederholten, bekam er nach ihr Verlangen und erwartete von ihr die Erfüllung seines Wunsches. Sie aber tat ihm eine Zeit lang seinen Willen nicht, sondern sagte zu ihm: „Ich bin als Jungfrau zu dir gekommen, soll ich der Jungfernschaft verlustig zurückkehren und dadurch Schaden leiden in meinem Reiche?“. Da sagte er zu ihr: Ich werde dich ja nur als rechtmäßige Frau für mich nehmen. Ich der König, und du die Königin! Aber sie gab ihm keine befriedigende Antwort darauf. Da sprach er zu ihr: Schließe einen Vertrag mit mir, dass ich dich nur nach deinem freien Willen zum Weibe nehmen darf, und die Bedingung unter uns soll die sein: Wenn du nachts zu mir kommst, während ich auf meinem Lager bin, so sollst du mein Weib sein nach dem Recht der Könige. Da schloss sie mit ihm diesen Vertrag, indem sie sich darauf verließ, ihre Jungfräulichkeit vor ihm zu bewahren. Und dies geschah durch die Fügung des gepriesenen, erhabenen Gottes. Eine Reihe von Tagen bildete er dann ihren Verstand durch seine Weisheit und kam nicht mehr darauf zurück, die Erfüllung seiner Wünsche von ihr zu verlangen; und ihr gefiel es, dass er sie sich aus dem Sinn geschlagen. Darauf geschah es, dass er die Köche berief und ihnen befahl, für jedermann im Palast, für ihn und die Königin, zu kochen, und zwar scharfe Speisen, und gab ihnen zu diesem Zwecke aromatische, starkriechende Gewürze; und die Köche führten seinen Befehl aus. Wie die Königin nun von diesen scharfen, feurigen Speisen gegessen hatte, da verlangte sie nach kaltem Wasser und trank davon eine Menge, bei Nacht und bei Tag; aber das half ihr nichts. Als es dann in der dritten Nacht war, da erließ der König einen geheimen Befehl für alle Palastbewohner, innen und außen, dass niemand in der Nähe der besagten Königin irgend eine genügende Menge Trinkwasser lasse, und dass derjenige, der Wasser zeige oder irgend jemandem von sich Wasser gäbe, ohne weiteres Urteil getötet werden sollte und er gebot ihnen, von wem immer in der Nacht Trinkwasser gesucht werde, dem sollten sie sagen: Du findest kein Wasser außer nämlich am Kreuzesholze beim Lager des Königs. Als es nun Nacht war, da machte sich wegen der scharfen Speisen im Herzen der Königin eine furchtbare Hitze geltend und sie suchte Wasser, um zu trinken, fand aber keines, warf sich unruhig hin und her und war dem Tode nahe. Da schrie sie nach ihrem Gefolge, aber die fanden kein Wasser, das sie ihr hätten zu trinken geben können. Wegen des heftigen Durstes,
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