Marthas Boot. Polly Horvath

Marthas Boot - Polly  Horvath


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      POLLY HORVATH

      MARTHAS BOOT

      Aus dem Englischen von Anne Brauner

      VERLAG FREIES GEISTESLEBEN

      FÜR ARNIE, EMILY, REBECCA, MILLIE,

       LADDIE, BO UND MURPHY.

       UND FÜR KEENA, ZAYDA, ANDREW UND BONNIE.

      INHALT

       Cover

       Titel

       DER BRIEF

       TANTE MARTHAS NACHBAR

       MISS WEBSTER

       AL FARBER

       MR PENNYPACKER

       BILLY BÄR

       DONALD PETTINGER

       VERIRRT

       DAVY CLEMENT

       DIE PARTY

       DIE SOMMERFEIER

       DAS BOOT

       EIN WEITERER MITTLERER GLÜCKSMOMENT

       Impressum

Der Brief

      Die McCready-Schwestern, Fiona, vierzehn, Marlin, zwölf, Natasha, zehn und Charlie, acht, waren in einer Missionarsfamilie aufgewachsen. Fröhlich und sorgenfrei waren sie von einem Posten zum nächsten durch die ganze Welt gezogen, bis ihre Eltern zum ersten Mal in ihrem Leben Urlaub machten. Ein älterer Onkel hatte ihnen eine kleinere Geldsumme zukommen lassen und sie nach Thailand in sein kleines Hotel eingeladen, da es ihm «zu schaffen machte», dass ihnen nicht einmal Flitterwochen vergönnt gewesen waren. Die drei waren mitsamt dem Hotel von einem Tsunami fortgeschwemmt worden. Zu der Zeit lebten die vier Mädchen auf Borneo im tiefsten Dschungel in einem Häuschen ohne Internet oder Telefonverbindung, wo sie von einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin der Kirche versorgt wurden. Sie konnte sich jedoch nicht länger um sie kümmern, da sie bereits anderweitige Verpflichtungen hatte. Deshalb sandte die Kirche eine Mrs Weatherspoon aus Australien zu ihnen, die so lange bei ihnen bleiben sollte, bis die Familie eine Lösung gefunden hatte. Das dauerte ein Jahr.

      Mrs Weatherspoon sandte Anfragen an sämtliche Verwandten, die sie und die Kinder ausfindig machen konnten, außer an ihre Großtante Martha McCready, die vor der Küste von British Columbia wohnte. Die Mutter der Mädchen hatte sie, wenn sie Marthas jährlichen Weihnachtsgruß öffnete, stets als «die seltsame Frau, die sich in den Wäldern versteckt» bezeichnet. Mrs Weatherspoon sagte, sie sollten sich die Tante als letzten Ausweg aufsparen, denn sicherlich würde sich vorher jemand Passenderes melden. Die Mädchen hatten Tanten und Onkel in Tampa, Florida, in Lansing, Michigan, Shreveport, Louisiana und in Kingsport, Tennessee. Das war eine ganze Menge. Es dauerte ein Weilchen, bis die Antworten auf Mrs Weatherspoons Bitte eintrudelten. Der Versand und Empfang von Post gestaltete sich im Dschungel schwierig – unzuverlässig und verzögert. Außerdem mussten die Verwandten erst einmal überlegen, nachdem sie die Anfrage erhalten hatten. Die Mädchen waren die Kinder ihrer Schwester oder ihres Bruders, das schon. Aber gleich vier davon. Es war keine Kleinigkeit, vier Kinder in einen bestehenden Haushalt einzugliedern. Einige schrieben an Mrs Weatherspoon, ob sich schon jemand anders gemeldet hatte. Nach Mrs Weatherspoons Antwort verfielen sie erneut ins Grübeln. Das nahm Zeit in Anspruch. Dazu kam, dass keiner von ihnen die McCready-Schwestern kannte. Mr und Mrs McCready hatten sich schon vor Jahren von ihren Geschwistern entfremdet, als sie die aus deren Sicht «höchst sonderbare Entscheidung» getroffen hatten, in eine Kirche einzutreten, von der sie alle noch nie gehört hatten, die sie aber aus einem Grund, den niemand den Mädchen je erklärt hatte, einstimmig missbilligten.

      Es war ein sehr trauriges Jahr, doch immerhin warteten die Mädchen gespannt auf die Nachricht, wie es schließlich mit ihnen weitergehen sollte. Fiona, die sich dafür verantwortlich fühlte, die Prinzipien der Familie zu bewahren, erinnerte sich an den Leitspruch ihres Vaters, schwierigen Themen niemals auszuweichen, sondern darüber zu reden.

      «Wohin würdet ihr am liebsten ziehen?», fragte Fiona zum Beispiel beim Abendessen.

      «Nach Tampa», antwortete Natasha. «Dann können wir im Meer schwimmen.»

      «Liegt Tampa am Meer?», wollte Marlin wissen.

      «Es liegt in Florida», erklärte Natasha.

      «Aber nicht ganz Florida liegt am Meer», meinte Marlin.

      «Haie», sagte Charlie, die überall Gefahren witterte.

      «Nicht an Land.»

      «Ich bin sicher, dass sie uns zwingen werden, schwimmen zu gehen», jammerte Charlie. «Alle wollen einen ständig dazu bringen, schwimmen zu gehen, auch wenn man gar keine Lust hat. Sie werden uns einen Schwimmkurs aufs Auge drücken.»

      «Schwimmkurse finden im Schwimmbad statt. Außerdem hast du bereits schwimmen gelernt,» versuchte Marlin sie zu beruhigen. «Ich glaube nicht, dass du dir Sorgen machen musst.»

      «Wahrscheinlich halten sie den Schwimmunterricht im Meer ab, wenn sie schon am Meer leben, und dann fressen uns die Haie», prophezeite Charlie düster.

      Marlin hatte angesichts der jüngsten Tragödie Verständnis dafür, dass Charlie Angst vor dem Meer hatte. Doch sie fand, dass Charlie sich vor den falschen Dingen fürchtete. Sie sollte Angst vor Tsunamis und nicht vor Haien haben. Sie war kurz davor, Charlie darauf hinzuweisen, wollte ihr dann aber lieber doch keinen Grund für weiteren Anlass zur Sorge liefern.

      Mrs Weatherspoon hielt sich in diesen Gesprächen stets sehr zurück. Es schmerzte sie, dass die Kinder ihre Eltern verloren hatten, und es schmerzte sie, dass ihr Schicksal so ungewiss war. Sie hätte sie gern dauerhaft bei sich aufgenommen, doch sie musste irgendwann nach Australien zurückkehren.

      «Jedenfalls nicht nach Lansing, Michigan», fuhr Natasha fort.

      «Warum nicht?», fragte Charlie.

      «Es klingt am langweiligsten. Was gibt’s schon in Lansing? Nichts.»

      «Lansing ist die Hauptstadt von Michigan», erklärte Fiona.

      «Das sagst du nur, um anzugeben», entgegnete Natasha. «Das mit der Hauptstadt ist dir doch ganz egal.»

      «Das war eine reine Information», sagte Fiona. «Weil ich es eben wusste. Wenn ihr euch an den Stundenplan halten und Geografie lernen würdet, wüsstet ihr es auch.»

      Fiona war die große Schwester in Person.

      «Nach Kingsport, Tennessee», verkündete Charlie. «Ich glaube, da ist es am besten. Es hört sich an, als gäbe


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