Return, Viktoria. Gerhard Wolff

Return, Viktoria - Gerhard Wolff


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dich gar lustig über mich gemacht.“

      „Also, hör mal, das stimmt doch nicht!“, rief sie empört, aber wenig glaubwürdig aus, da sie wusste, dass er Recht hatte und sich wunderte, dass er es bemerkt hatte.

      „Du wirst heute nicht verlieren, weil ich nicht an dich glaube, sondern weil du nicht in der besten Form, ja in Wirklichkeit ein ganzes Stück davon entfernt bist.“

      „Aber, aber ..!“, stammelte sie hilflos.

      „Angela ist wie du eine Grundlinienspielerin. Sie ist lange nicht so begabt wie du, aber sie ist fit.“ Er sah sie nachdenklich an. „Wobei ich nicht weiß, ob man dir das sagen sollte, dass du so begabt bist. Ich finde, es steigt dir in letzter Zeit zu Kopfe!“ Er sah sie mit gespielt skeptischer Miene an.

      „Du Scheusal!“, rief sie erregt aus und schwang ihren Schläger so, als wolle sie ihn damit verprügeln.

      Er zeigte auf Angela. „Egal, was du auch tust, sie erläuft den Ball so lange, bis du aus Unkonzentriertheit einen Fehler machst. So arbeitet sie sich langsam zum Sieg. Und du hast nichts entgegenzusetzen. Und ohne Kondition und Konzentration kannst du deine Begabung nicht ausspielen. Dazu fehlt dir die Präzision.“

      „Na warte! Dir zeige ich es!“, knurrte sie ihn an und stürmte zurück auf den Tenniscourt.

      „Schön wär´s!“, rief er ihr grinsend hinterher. „Es genügt mir, wenn du es mir beim Training wieder zeigst, dann kommt das andere von alleine!“

      Das Match verlief genauso, wie es Marc vorausgesagt hatte und am Ende hieß die Siegerin Angela.

      Viktoria stürmte mit Tränen in den Augen an Marc vorbei. „Wenn nicht mal du an mich glaubst!“, rief sie ihm zu.

      „Rede keinen Quatsch und trainiere lieber ordentlich! Dann wird es gleich wieder besser!“, rief er ihr hinterher. „Und höre gefälligst auf die Leute, die es gut mit dir meinen!“ Er blickte ihr nach, solange er sie sah. „Dummes Gör!“, murmelte er dann.

      10

      „Na, was habe ich gesagt!“, schmunzelte Marc, der inzwischen immer bei den Nachwuchsturnieren und Ligaspielen auf Vickys Bank saß, -Jane Simmons, die Mannschaftstrainerin und Managerin hatte nichts dagegen, wenn während des Spiels der persönliche Trainer coachte, sondern begrüßte es sogar-, als sie sich zwischen zwei Sätzen zu ihm setzte, etwas trank und eine Banane aß, um ihre Konzentration aufrecht zu erhalten. „Ein bisschen Training und du bist wieder oben auf!“ Er grinste sie über beide Backen an.

      „Besserwisser!“, zischte sie ihn an, aber in Wirklichkeit war sie froh, dass er ihr Trainer war und wieder einmal Recht gehabt hatte.

      Sie hatte wütend über die Niederlage gegen Angela wie wild trainiert, mit der Ausdauer kamen Kraft, Konzentration und Präzision zurück und mit der Übung die Sicherheit. Nun konnte sie auch wieder ihre geniale Balltechnik ausspielen.

      Genau zu diesem Zeitpunkt traf sie nach einigen Wochen wieder bei einem der Turniere auf Angela. Diese behandelte sie verächtlich von oben herab, glaubte allen Ernstes, dass sie leichtes Spiel mit Viktoria hätte, da sie sie ja besiegt hatte, was diese spürte und sie zusätzlich antrieb, ihr Bestes zu geben.

      „Rache wird kalt serviert, Vicky, nicht so aufgeregt, wie du bist!“, erklärte ihr Marc. „Also komm runter, beruhige dich, konzentriere dich auf das Spiel und lass sie von einem Eck zum anderen laufen, wie ein Hase! So rächt man sich richtig.“

      „Besserwisser!“, wiederholte sie, aber dann befolgte sie Marcs Rat.

      Und was dann geschah verstanden weder die Zuschauer, noch die Pressevertreter und schon gar nicht Angela. Diejenige, die noch vor wenigen Wochen mit Vicky Katz-und-Maus gespielt hatte, wurde von dieser vorgeführt, wie eine Anfängerin.

      „Nimm das, du eingebildete Kuh!“, knurrte Vicky und spielte sie mit einem genialen Lob aus.

      Angela bremste und blieb wie erstarrt und blöde glotzend am Netz stehen und begriff nicht, wie ihr geschah.

      Vicky hatte nun wieder genug Ausdauer, um jeden Ballwechsel durchzustehen. Sie erlief locker die wenig platzierten Bälle Angelas. Da diese ja ebenfalls eine Grundlinienspielerin war, musste Vicky keine knallharten Aufschläge oder sonstige Bälle erahnen oder parieren und Angela hatte an technischen Raffinessen so gut wie nichts zu bieten. Ihr Spiel war das endlose Returnen von Bällen, weswegen sie den Spitznamen „Die Wand“ hatte. Gegen schnelle Aufschläge war sie ebenso hilflos, wie gegen technisch hervorragend gespielte „Longline“-Bälle oder stark überrissene „Cross“-Bälle, die ja Vickys Spezialität waren. Und so besiegte Vicky ihre Gegnerin nicht nur, sie bestrafte sie. Am Ende stand es 6:0, 6:0 und Angela weinte.

      Vicky kam euphorisch zur Bank gestürmt und sah Marc triumphierend an. „Siehst du, was ich kann!“, sollte ihr Blick sagen.

      „Wenn du richtig trainierst, bist du die beste Spielerin der Welt!“, meinte dieser aber nur ruhig. „Aber nur, wenn du trainierst!“

      „Besserwisser!“, knurrte sie ihn an, aber dann musste sie ebenfalls grinsen.

      11

      Vicky tänzelte konzentriert an der Grundlinie und erwartete den Aufschlag ihrer Gegnerin. Sie hatte am jährlichen Nachwuchsturnier in Atlanta teilgenommen und zur Überraschung der Zuschauer, aber nicht der der Experten und Marcs, hatte sie es ins Endspiel geschafft, noch dazu ohne Satzverlust. Die Fachleute und die Presse hatten aufgehorcht. Nun war sie auch national bekannt, hatte sich im ganzen Land einen Namen gemacht.

      Im Endspiel traf sie auf Mary Piece, einer riesigen Blondine, nicht nur der besten Spielerin Georgias, sondern der im Moment absoluten Favoritin der amerikanischen Nachwuchsszene, seit vielen Spielen ungeschlagen, ein Tenniswunder – wie Viktoria.

      Marc hatte vor dem Spiel eine gehörige Portion Nervosität bei seinem Schützling bemerkt, hatte kurz nachgedacht, was er tun sollte, um sie zu beruhigen und zu lockern und hatte sich dann für die Strategie des Schlechtredens der Gegnerin entschieden, ohne Viktoria direkt auf ihre Nervosität anzusprechen.

      „Findest du nicht, dass Mary ziemlich viele Fehler während des Turniers gemacht hat?“, fragte er eher beiläufig. „Sie ist einfach nicht perfekt!“

      „Mary und nicht perfekt?“ Viktoria schüttelte verwirrt den Kopf. „Sie ist die zurzeit weltweit beste Tennisspielerin im Nachwuchsbereich, sie ist das Tennisgenie schlechthin.“

      „Ach, Beste im Nachwuchsbereich, was heißt das schon?“ Er checkte scheinbar gleichgültig ihre Schläger. „Was meinst du, wie viele hoffnungsvolle Talente ich schon im Nachwuchsbereich gesehen habe und wie viele ich schon gesehen habe, die ebenso schnell, wie sie da waren, wieder für alle Zeiten in der Versenkung verschwunden sind.“

      Viktoria sah ihn fragend an. „Aber Mary ist ein Genie! Sie ist unschlagbar!“

      „Genie? Die?“ Nun lachte er. „Die macht doch einen Fehler nach dem anderen.“ Er nickte grinsend. „Die wird nur nicht richtig gefordert, weil sich schon alle vor Respekt in die Hosen machen, entschuldige den Ausdruck, aber was wahr ist, muss wahr bleiben.“

      Vicky packte ihre Tasche und lauschte gespannt seinen Worten.

      „Ich kenne das Mädchen, glaube mir!“, fuhr er fort. „Vor allem ist sie ziemlich labil!“

      „Labil, Mary?“ Viktoria schüttelte wieder den Kopf. „Sprechen wir von der gleichen Person?“

      „Wenn du die ein paar Mal ausspielst, „cross“ oder „longline“, dann verliert die jedes Selbstvertrauen, dann ist es schnell aus mit der überlegenen, gelassenen und stets lächelnden Mary, glaube mir.“

      „Meinst du wirklich?“

      „Und wenn sie ihre Krise hat, dann heißt es schnell spielen, schnell punkten, bevor sie zum Nachdenken kommt und sich erholt!“

      So hatte er sie ins Spiel geschickt.

      Viktoria


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