Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel

Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch - Walther Kabel


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Grund der kühlen Briefe,“ nickte Harald. „Nun kehren Sie also getrost nach Dahlen zurück. Was in meiner Macht steht, soll geschehen, um Ihre Braut aufzufinden. – Noch eins: wohnt nicht im Hotel Dahlen ein Engländer namens Gloux, ein eifriger Angler?“

      „Ja, Herr Harst. Ein sehr bissiger alter Herr ist’s. Kennen Sie ihn?“

      „Gewiß. – Würden Sie Gloux einen Brief von mir aushändigen? – Ich werde das Schreiben sofort aufsetzen.“

      Harald ging in die Kajüte hinab. Nach zehn Minuten kam er mit einem versiegelten Brief wieder an Deck.

      Gleich darauf verabschiedete Bruckner sich.

      Als wir allein waren, fragte ich Harald, was er Gloux geschrieben habe.

      „Nur daß er die Grotte nicht wieder betreten soll und daß wir nach Dahlen kämen. – Jetzt will ich zur Post und eine Depesche an Inspektor Dalström nach Stockholm aufgeben. Dalström soll Erkundigungen über Miß Helen Beßport und ihre Freundin Drywater einziehen und mir die Antwort postlagernd nach Dahlen senden.“

      Ich begleitete Harald. – Zwei Stunden später ging die Jacht Miramare in See – angeblich nach Christiana.

      Am folgenden Abend erreichten wir den Skien-Fjord, fuhren dann über die Hochlandseen durch die großartigen Schleusenanlagen bis in den Dahlen-See, wo die Jacht am Südufer in einer engen, tiefen Bucht zwischen himmelhohen Bergwänden noch beim Morgengrauen Anker warf.

      Wir beide setzten uns dann als Touristen mit Rucksäcken und handfesten Stöcken nach Dahlen in Marsch. Daß wir Harst und Schraut wenig ähnlich sahen, brauche ich nicht erst zu erwähnen.

      Mittags langten wir in Dahlen an. Dorf und Hotel waren uns nicht fremd.

      Im Touristenhotel Dahlen, dem braunen, großen Holzbau, schrieben wir uns als Schweizer Bürger, Kaufleute Hörny und Schrywey aus Luzern ein.

      Wir belegten die Zimmer 31, 32 im ersten Stock. Es waren die letzten nach vorn heraus im rechten Flügel. Gloux wohnte schräg gegenüber in Nr. 35.

      Wir aßen dann unten im Speisesaal an der gemeinsamen Tafel. Doktor Bruckner beachtete uns nicht, da er uns nicht erkannte.

      Es waren etwa zwanzig Gäste anwesend. Mr. Gloux saß links neben Bruckner, mit dem er sich lebhaft unterhielt. Er mochte etwa sechzig Jahre alt sein und hatte ein richtiges Bulldoggengesicht.

      Nach Tisch lauerten wir Gloux oben im Flur auf. Als er den Korridor entlangkam, trat Harald schnell an ihn heran.

      „Harst!“ flüsterte er. „Bitte – in unser Wohnzimmer!“

      Gloux lächelte. „Gut. Habe Ihren Brief erhalten. Freut mich –“

      Harald riegelte die Tür ab und wir nahmen Platz.

      „Haben Sie etwas Neues zu berichten, Mr. Gloux?“ fragte Harst.

      „Ja! Sehr viel sogar.“

      „Nun? Und das wäre?“

      „Raten Sie! – Nein, das raten Sie niemals. Mr. Harst, – auch Sie nicht!“

      „Warten Sie Vielleicht doch! – Ich will nur mal zur Post gehen. – Schraut, biete Mr. Gloux eine Zigarre an.“

      Als Harald das Zimmer verlassen hatte, flüsterte der Forellenfex vertraulich:

      „Ihr Freund mag ja ein Genie sein! Aber das errät er nicht!“

      Nach zehn Minnten war Harst zurück. Er hatte natürlich Dalströms Depesche abgeholt.

      Aber er sagte nichts davon, setzte sich und lächelte Gloux an.

      „Schießen Sie los!“ meinte Mr. Gloux gespannt.

      „Miß Beßport ist hier wieder aufgetaucht – aber verkleidet!“ erklärte Harald leise.

      Gloux Mund blieb vor Staunen offen.

      „Donnerwetter!“ rief er dann. „Woher wissen Sie das? Ich habe sie doch erst gestern nachmittag bemerkt.“

      „Wo?“

      „In jenem Tale – vor der Höhle.“

      „Bitte erzählen Sie –“

      „Bald getan. – Ich bin seit dem 15., seit dem Briefe an Sie jeden Tag an der Ostseite des Tales gewesen – so zum Sport! Weil ich mir nämlich dachte, es würde sich dort doch noch irgend etwas ereignen. Die Grotte liegt an der Westseite. Ich habe mir da einen Weg auf den östlichen Talrand ausprobiert, einen ganz versteckten Weg, und habe mir auch einen gegen Sicht geschützten Beobachtungsplatz ausgekundschaftet, habe dort manchmal drei bis vier Stunden mit dem Fernglas und einem Roman gelegen und aufgepaßt. Erst gestern nachmittag gegen fünf Uhr sah ich mit einem Mal, von meinem Buche aufblickend, drüben auf der Terrasse einen jungen Menschen in Lodenanzug und weicher Sportmütze. Mein Fernglas brachte mir das Gesicht so nahe, daß ich trotz des kleinen Schnurrbarts in dem Menschen Miß Helen Beßport erkannte. Dann war sie mit einem Male wieder verschwunden. Ich blieb bis gegen sechs Uhr dort. Aber sie erschien nicht wieder.“

      „Hm – vorhin sagten Sie „Sehr viel Neues!“ – Ist das nun alles?“

      „Was die Beßport betrifft – ja!“

      „Also haben Sie etwas anderes Merkwürdiges beobachtet?“

      „Ja, Mr. Harst. Sehr Merkwürdiges. Gestern vormittag und heute mittag. – Die Sache ist die: Ich war gestern vormittag drüben am Dahlen-Bach nach Norden zu angeln gegangen. Der Bach ist vom Hotel etwa tausend Meter entfernt. Mit einem Male sah ich auf dem Hoteldach andauernd etwas aufblitzen. Das heißt: so etwa eine Viertelstunde lang. Weil ich nichts fing, wurde ich ärgerlich und kehrte nach dem Hotel zurück. Das Dach ist sehr flach. Ich erkannte nun einen der Hotelgäste, einen Franzosen namens Delville, der oben auf dem Dache stand und mit Kopierrahmen herumhantierte. Er stellte photographische Abzüge her, belichtete also die Platten und das Kopierpapier –“

      „Ich verstehe, Mr. Gloux –“

      „Sagen Sie das nicht! Sie denken nun, die Sonne hätte die Platten getroffen, und so wäre das von mir beobachtete Aufblitzen zustande gekommen. Das dachte ich gestern auch. Heute aber, etwa um zwölf Uhr, saß ich drüben neben dem Hotel auf der Anhöhe auf einer Bank. Ich hatte mein Fernglas mit. Und – da hantierte der Delville wieder mit seinen Kopierrahmen herum. Ich nahm mein Glas, stellte mich hinter einen Strauch und beobachtete den Franzosen, der hier immer mit seiner Kamera herumrennt und künstlerische Aufnahmen macht.“

      „Seit wann wohnt der Herr hier?“

      „Seit – ja seit vorgestern abend.“

      „Danke – weiter!“

      „Mit Hilfe meines Glases sah ich, daß er außer seinem drei Kopierrahmen noch einen in einen vierten Kopierrahmen eingespannten Hohlspiegel bei sich hatte, und mit diesem Hohlspiegel erzeugte er die Lichtblitze.“

      „So – so!“ meinte Harst nachdenklich.

      „Ja – wozu tat er das wohl, Mr. Harst?“

      Harald antwortete nicht gleich. Dann fragte er.

      „Bemerkten Sie uns heute mittag, als wir uns dem Hotel näherten und es dann betraten?“

      „Gewiß. Sie waren kaum zehn Minuten hier, als Delville auf dem Dache erschien.“

      „Haben Sie jemandem etwas von Delvilles Hohlspiegel erzählt?“

      „Nein, Ich wußte ja, daß Sie kommen würden. Ihnen wollte ich’s mitteilen.“

      „Mr. Gloux, Sie könnten uns jetzt den Weg nach jenem Tale beschreiben – recht genau.“

      „Soll ich Sie nicht besser hinführen?“

      „Nein. Das würde auffallen.“

      „Wie Sie wollen,“ Gloux’


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