Ein erlesener Mord. Фиона Грейс

Ein erlesener Mord - Фиона Грейс


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glauben, dass diese Worte wirklich aus ihrem Mund kamen. James’ geschockter Gesichtsausdruck sagte ihr, dass sie nicht die Einzige war. Unfähig aufzuhören und im Wissen, bereits eine Grenze überschritten zu haben, fuhr Olivia fort.

      „Ich kann leider nicht weiter mit dieser Marke und anderen damit in Verbindung stehenden Marken arbeiten. Hiermit reiche ich also meine mündliche Kündigung ein und bitte dich, sie anzunehmen.“

      „Was zum Teufel soll das?“, platzte James hervor. „Das ist doch Bullshit. Du kannst doch jetzt nicht einfach aussteigen und gehen!“

      „Genau das tue ich gerade“, sagte Olivia entschlossen.

      Sie atmete tief durch, stand auf und verließ den Raum. Hinter ihr hörte sie James’ verzweifelten Schrei.

      „Olivia! Bleib hier! Wir müssen reden!“

      Doch sie zwang sich, standhaft zu bleiben, weiterzugehen und nicht zurückzusehen.

      Draußen auf der Straße verspürte sie eine erschreckende Freiheit. Sie drehte sich fassungslos zu der dunklen Glasfront des Gebäudes um. Ihre Hände zitterten vor Schock. Was hatte sie da gerade getan? Das war ein Moment des Wahnsinns gewesen, und es gab keinen Weg zurück.

      Das war nicht mehr ihr Arbeitsplatz und würde es auch nie mehr sein. Sie würde wahrscheinlich bis ans Ende ihres Lebens keinen Fuß mehr hineinsetzen.

      Angst und Ungewissheit brodelte in ihr, als sie Instagram auf ihrem Telefon aufrief und Charlotte eine neue Nachricht schrieb.

      „Ich habe meine Meinung geändert“, tippte sie. „Ist das Zimmer in der Villa noch frei?“

      Sie hielt den Atem an, während sie auf eine Antwort wartete.

      KAPITEL SECHS

      Der Wäscheberg auf Olivias Bett wurde immer größer.

      Bisher bestand er aus Jeans, Shorts, T-Shirts, lässigen Tops, schicken Tops, einigen langärmeligen Oberteilen und einer Jacke.

      Atemlos vor Aufregung starrte sie auf die Klamotten. In wenigen Stunden würde sie in ein Flugzeug steigen. Morgen früh würde sie in der Toskana landen.

      „Ich tu es. Ich tu es tatsächlich. Ich kanns nicht glauben“, sagte sie zu sich selbst.

      An diesem Morgen war sie mit einem Kater aufgewacht, war gestresst und hasste ihren Job. Nur zwei Stunden später hatte sie gekündigt, einen Flug gebucht und packte gerade für die Reise.

      Okay, sie hatte heute Morgen also noch einen Job gehabt. Heute war das erste Mal in zwölf Jahren, dass sie arbeitslos war. Aber nach einem zweiwöchigen Urlaub in der Toskana würde sie sich nach einem neuen Job umschauen können. Zwei Wochen waren eine lange Zeit. Sie erstreckten sich vor ihr, voller Aufregung, voller Möglichkeiten.

      Sie wühlte in der hinteren Ecke ihres Kleiderschranks nach einer Trainingshose. Es war lange her, seit sie das letzte Mal gejoggt war. Jahre, um ehrlich zu sein. Sie hasste Joggen, aber sie war sich sicher, dass sie es in Italien lieben würde. Und sie musste sich fit halten, vor allem, weil sie seit Ewigkeiten jeden Abend Wein trank und Nudeln mit Sahnesoße aß. Und leckere Käsepizza und knuspriges Brot getunkt in Olivenöl und Balsamico-Essig.

      Sie dachte an all das Essen und warf zusätzlich noch ihre Yoga-Hose auf den Haufen. Sie war nie ein Yoga-Mensch gewesen und hatte sich die Hose nur gekauft, weil sie sich irgendwann einmal vorgenommen hatte, einen Kurs zu besuchen. Aber in der Villa könnte sie Yoga machen. Sie könnte googlen, wie. Sie stellte sich vor, wie sie elegant auf ihren Händen balancierte, während hinter ihr die Sonne aufging.

      Nach weiteren zehn Minuten hatte sie zu Ende gepackt.

      Als sie ihre schwere Tasche nach draußen hievte und die Tür hinter sich abschloss, fiel ihr auf, dass sie rein gar nichts zurückließ. Nicht einmal eine Pflanze, die gegossen werden musste. War das ein Zeichen dafür, wie leer ihr Leben mittlerweile war?

      „In der Villa gibt es bestimmt Pflanzen“, redete sie sich optimistisch ein.

*

      „Amore mio“, flüsterte der gutaussehende Mann, und sein Atem kitzelten auf Olivias Haut. „Wie schön, dass du endlich da bist. Lass mich dein Gepäck nehmen.“

      Olivia starrte ihn liebestrunken an.

      Liebestrunken und völlig verwirrt. Wieso wurde sie von diesem atemberaubend gutaussehenden Mann empfangen, der mit einem starken, italienischen Akzent sprach? War er ihr Freund? Wie war das passiert, und was würde Matt dazu sagen?

      Der große Mann schwang ihren schweren Koffer von ihrem Trolley und legte seinen freien Arm um Olivias Hüfte. All ihre Zweifel verblassten, als er sie fest an sich drückte. Irgendwie würde das alles schon funktionieren, da war sie sich sicher.

      „Ich bringe dich nach Hause, meine Schönheit“, hauchte er.

      Das Knistern der Lautsprecherdurchsage riss Olivia wieder in den Wachzustand zurück.

      „Wir beginnen jetzt den Landeanflug. Bitte bringen Sie Ihre Sitze in eine aufrechte Position und verstauen Sie Ihre Tabletts.“

      Olivia setzte sich desorientiert auf und lächelte verlegen die Frau neben sich an, auf deren Schulter sie eingenickt war. Für einen verwirrten Moment dachte sie, sie wäre auf einem Inlandsflug, auf dem Weg zu einem Businessmeeting. Als sie sich erinnerte, wo sie war, starrte sie begeistert aus dem Fenster.

      Gleich würde sie in Italien landen. Sie hatte ihren Job gekündigt und mit Matt Schluss gemacht, und war gerade auf dem Weg zu einem Spontanurlaub in einer toskanischen Villa.

      Olivia hielt den Atem an, als sie den Teppich aus Feldern, Hügeln und Wäldern unter sich sah. In der Landschaft konnte sie kleine Städte sehen, die Häuser sandfarben, beige und ocker. War das ein Weingarten? Sie spähte hinab und versuchte zu erkennen, was diese grünen, feinsäuberlichen Reihen waren, doch ihr Atem ließ das Glas beschlagen, und sie lehnte sich wieder zurück.

      Ihr Traum war so klar gewesen, dass es sich wie Realität angefühlt hatte. Ein gutaussehender Mann, der auf sie gewartet hatte. Naja, wer wusste schon, was auf diesem spontanen Urlaub alles passieren konnte? Als das Flugzeug aufsetzte, fragte Olivia sich, ob sie in dieser romantischen Umgebung vielleicht den Mann ihres Lebens kennenlernen würde.

      Als sie in die überfüllte Ankunftshalle trat und ihre schwere Tasche hinter sich herzog, sah sie ein Schild mit ihrem Namen.

      Olivia Glass.

      Olivia starrte fassungslos auf das Bild, das sich ihr bot.

      Da musste Zauberei im Spiel sein. Hinter dem Schild stand ein großer, umwerfend gutaussehender Mann. Er war gebräunt und hatte breite Schultern. Seine starken Gesichtszüge akzentuierten seinen dunklen Dreitagebart.

      Als er sie sah, strahlte er und winkte ihr überschwänglich zu.

      Mit großen Augen winkte Olivia zurück und lächelte erfreut, als sie sich ihren Weg durch die Menge auf ihn zu bahnte.

      Ihr Traum war wahr geworden; ihr Urlaub begann wie in einem Bilderbuch. Wer hätte gedacht, dass das Mieten eines Autos ihr die Bekanntschaft zu solch einem italienischen Adonis verschaffen würde?

      Hatte er sie von dem Foto auf ihrem internationalen Führerschein erkannt? Olivia spekulierte über die Möglichkeiten, als sie sich ihm näherte. Es musste der Führerschein gewesen sein, entschied sie, aber sie könnte ihn ja fragen. Das war doch auch ein guter Einstieg in eine Konversation, während er sie zu ihrem Auto begleiteten würde.

      Als sie einem langsameren Passagier auswich, kippte ihr Koffer um.

      „Upps“, sagte sie und hielt an, um ihn wiederaufzurichten.

      Währenddessen überholte sie eine zierliche Frau in einem stylischen, leuchtendroten Mantel.

      Der hübsche Mann winkte noch immer, aber Olivia sah zu ihrem Entsetzen, dass er nicht ihr winkte.

      Die zierliche Frau erreichte ihn, und er schloss sie fest in seine Arme.

      Olivia schnappte verblüfft nach Luft und lief sofort dunkelrot an, als sie merkte, dass das Schild gar nicht zu dem gutaussehenden Mann gehörte.


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