Warrior & Peace. Stella A. Tack

Warrior & Peace - Stella A. Tack


Скачать книгу
mich zum Frösteln.

      Schnaufend legte ich die Stirn ab, spuckte mehr Schleim. Ich fühlte mich leer und ausgetrocknet.

      »So, und jetzt können wir uns endlich richtig unterhalten«, meinte Chain.

      »Ich …« Der rasselnde Husten unterbrach mich. Ich. Das erste Wort, welches ich seit gefühlten zehntausend Jahren hervorbrachte! Ein jähes, ohrenbetäubendes Kreischen mischte sich unter mein Keuchen. Meine Pupillen weiteten sich, als der Schrei meines sterbenden Basilisken sich mit dem Knallen der letzten Kugeln, die die Zwillinge in das Monster schlugen, vermischte. Der Körper der Schlange schlug so knapp neben mir und Chain auf, dass ich das verblassende Leben sehen konnte.

      Mein Herz zog sich zusammen, als der Körper explodierte und auf meine Haut zurückkehrte.

      »Warrior, bitte glaub mir, wir wollen dir nicht wehtun!«, flehte Chain abermals. Sein Gesicht verzerrte sich, als hätte er Schmerzen. »Ich werde dir helfen. Ich weiß, es sieht gerade nicht danach aus, aber …« Chain erschauderte. Kurz schien es, als würde ich in zwei Gesichter gleichzeitig schauen. Er wirkte fast betrunken. Als Nächstes schlug der Geruch von Zimt nach Minze um. Sekunden später starrte ich einem komplett anderen Gott in die Augen. Obwohl er das gleiche Gesicht besaß, war doch alles an seinem Ausdruck anders. Virus fokussierte mich. Kurz sah er verwirrt aus, bis er offenkundig registrierte, was hier vor sich ging. Und dass meine Hand nicht mehr da war, wo sie eigentlich sein sollte.

      »Du …«, stieß er hervor, als wäre er eben erst aufgewacht.

      »Ich«, antwortete ich ebenso krächzend.

      Seine Lippen öffneten sich, doch was auch immer er hatte sagen wollen, ging in dem Lärm unter, als die Hölle über uns zusammenbrach.

      Sieben

      Slasher-Film-Szenario

      Die Hölle hatte blaue Haare, eisgraue Augen und sprengte mit seinem Blitz die halbe Straße.

      Magie sirrte durch meine Adern, als ich Peace auf uns zuschießen sah. Hinter ihm kamen Raised, Honor und Charming näher. Die geballte Magie der Götter ließ die Luft beinahe zu dick zum Atmen werden. Gebäude rissen unter ihrer Wucht und wankten. Der Himmel grollte laut. Ich starrte auf Virus’ Lippenbewegungen, die an ein Gebet erinnerten. Zitternd packte ich die Dolche in meiner Schulter und zog. Erst den rechten, der sich schmatzend löste, dann den linken. Virus rappelte sich auf, schaute sich gehetzt um, während die Götter uns bereits erreichten.

      Honor landete hinter Virus. Obwohl Honor der Gott des Krieges war, hatte ich ihn bisher nie beim Kämpfen erlebt. Zumindest bis jetzt nicht.

      Seine mächtigen Muskeln spannten sich an, als er die Arme über den Kopf hob. In seinen Händen lag der Griff einer schwarzen Sense. Das scharfe Blatt wirkte transparent. Das gebogene Ende der Speerspitze schimmerte, während das Sensenblatt hinabfuhr.

      Virus wirbelte gerade noch rechtzeitig herum. Eine Sekunde später und seine Organe wären ihm aus dem Bauch gepurzelt. Sein erschrockener Schrei hallte laut in der Straße wider. Er landete hart, rollte sich zur Seite. Ein Körper sprang nach vorn und schnitt ihm den Weg ab. Rotes Haar leuchtete auf. Es flatterte wie Flammen um ihn herum, verband sich mit einer Magie, die sich anfühlte wie ein hungriges Tier, das brüllend von der Leine gelassen wurde. Mein ganzer Körper reagierte auf Honor den Kriegsgott mit nackter, purer Angst. Honors Macht war mit nichts vergleichbar, was ich zuvor gefühlt hatte. Sie wirkte auf mich beinahe ursprünglich. Wild wie ein Löwe und fast genauso hungrig. Honors Magie wollte nicht in die kalte, moderne Intelligenz hineinpassen, die die Elite normalerweise umgab. Sie war gleichzeitig wunderschön und absolut grauenhaft. Mein Magen ballte sich zusammen. Galle schoss nach oben. Schweiß tropfte mir den Nacken hinab und ich wurde starr vor Angst. Virus keuchte. Getroffen von der unbändigen Magie zitterten seine Muskeln, als er versuchte davonzukriechen, doch da trat ihm Honor bereits auf den Brustkorb und fixierte ihn, sodass die Knochen knirschten. Virus’ Gesicht verzerrte sich zu einer Maske aus reinem Entsetzen, als Honor ausholte und ihm mit einer einzigen fließenden Bewegung den Kopf vom Hals schlug.

      Ich erstarrte ungläubig.

      Honor hatte Virus geköpft. In wenigen Sekunden. Ich hörte das Schmatzen. Sah Virus zusammenbrechen. Sein Kopf rollte neben ihn, während silbernes Blut die Straßen tränkte. Mir schwindelte. Links und rechts von mir landeten Raised und Charming. Letzterer blass um die Nase. Was auch an dem grellen Blitz liegen konnte, der die Straße zerriss, als Peace genau vor mir landete.

      »Warrior!« Er hauchte meinen Namen nur. Im nächsten Moment lag ich in seinen Armen. Wir schwankten.

      »Peace …«

      Unsere Blicke hakten sich ineinander, während sich unsere Energie wie zu einem flüchtigen Kuss verband. Die Elektrizität summte. Sein Geruch nach Schnee und Ozon stieg mir in die Nase und als sich seine Magie wie ein Mantel um mich schlang, brachen die grauenhaften Geschichten über ihn aus meinen Erinnerungen hervor.

      Ich wich vor seiner Berührung zurück. Unaufhörlich hallte Chains Stimme in meinem Kopf. In Peace’ grauen Augen lag der Schatten all der Toten, die er verschuldet hatte. All der gesichtslosen Götter, die seine Familie gewesen waren. Die Hälse gebrochen, die Augen stumpf, während Peace mit kaltem Gesichtsausdruck über ihre Leichen stieg.

      Emotionen brandeten auf. So intensiv, dass sie in hellen Strahlen aus mir herausquollen.

      Peace selbst presste mich wie ein Ertrinkender eine Rettungsleine an sich presst. Sein ganzer Körper zitterte, als wäre er ein Junkie auf Entzug, während er seine Finger in meinem kurzen Haar vergrub. »Ich habe dich. Ich habe dich«, flüsterte er mir rau ins Ohr. »Du bist in Sicherheit!« Er schmiegte seine Stirn an meine.

      Diese liebevolle Geste ließ mich aufschluchzen. Meine Gefühle waren wirr und konfus.

      Endlich schien er zu merken, dass ich in seinen Armen zu einer Steinskulptur mutiert war, denn er rückte ein Stück von mir ab und musterte mich besorgt. Schließlich registrierte er meine abgehackte Hand, die zerfetzten Flügel und die sich langsam schließenden Wunden. Sie reichten bis hin zu meinem kinnlangen Haar, das nach Pulver und Rauch stank. Sein Blick verhärtete sich. Die Regenbogenhaut strahlte grau wie Stein. Seine Finger verkrampften sich um meine Oberarme. »Was haben sie dir getan?«, fragte er mich ausdruckslos.

      Meine Lippen klebten aneinander. Ich öffnete sie mühsam, starrte ihm voller Grauen ins Gesicht. »Nicht sie, was hast du getan?« Mein Hals fühlte sich an, als hätte jemand ihn mit Schmirgelpapier bearbeitet.

      Peace’ Pupillen zogen sich zusammen. Die einzige Reaktion. Und die sagte mir, dass er sofort wusste, was ich meinte. Wusste, dass ich es wusste. Ich wankte, obwohl er mich weiterhin festhielt. Fast verzweifelt.

      Doch ich schlug seine Hände von mir, schüttelte den Kopf und wich zurück. »Warum?«, murmelte ich. Tränen sammelten sich heiß in meinen Augenwinkeln. »Warum, Peace?«

      Die ganze Welt schien den Atem anzuhalten. Es gab nur uns zwei und die gigantische Kluft, die sich dazwischen auftat. Mein Herz ächzte. Schrie. Jammerte.

      »Ich hatte keine andere Wahl«, sagte er schließlich.

      »Doch …«, stotterte ich. »Du hättest dich selbst töten können.«

      Sein Kiefer spannte sich an. »Das hätte ich und das werde ich noch, wenn das alles vorbei ist. Zumindest lautete so mein Plan, bevor du in mein Leben gestolpert bist«, stimmte er leise zu.

      Ich starrte ihn so lange an, bis er erneut den Mund aufmachte.

      »Wenn ich fühlen könnte, würde ich mich selbst hassen. Ich hätte mich am liebsten sofort getötet, Warrior. Aber der Fluch wäre damit auf Chain übergegangen und das wäre schlimmer gewesen als alles, was ich jemals getan habe. Ich habe die Sache schnell und schmerzlos beendet. Er hingegen hätte


Скачать книгу