Warrior & Peace. Stella A. Tack

Warrior & Peace - Stella A. Tack


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Er klang genauso aus der Puste, wie ich mich fühlte.

      Meine Lunge ächzte nach Luft, die meine schnappende Atmung nicht mehr liefern konnte. Ich stolperte und fühlte das kalte Gitter an meinem Rücken. Prüfend schätzte ich ein, ob es sich noch lohnte umzukehren, doch da hatten sie mich bereits eingeholt.

      Die Götter verschmolzen fast mit ihren Schatten. Besonders Sailor, der wie aus dem Nichts vor mir auftauchte, meine Haare packte und mich zu sich riss.

      Weg von dem Gitter. Weg von der Freiheit.

      Metall drückte gegen meine pochende Schläfe.

      »Ganz ruhig, sonst werde ich …«

      Wahrscheinlich wollte er schießen sagen, ich beschloss jedoch, ihn zu überrumpeln, bevor er mir weiter drohen konnte. Schroff schlug ich ihm den Ellenbogen in den Bauch. Er krümmte sich. Sailors Finger drückte den Abzug. Ich hörte das Klicken der Waffe, als sich die Kugel in der Trommel drehte und abgeschossen wurde. Geistesgegenwärtig zog ich den Kopf nach vorn. Dabei spürte ich meine Haare aus der Kopfhaut reißen. Der Knall zerriss die Betonröhre. Etwas gab an meinem Hinterkopf nach.

      Es brannte höllisch und Sailors Griff lockerte sich. Ich stolperte, drehte mich um und sah meine langen Haare in seinem Griff baumeln. Schmutzig trieben sie im Wasser wie Seegras.

      Er hatte sie abgeschossen. Ich dehnte meine knackenden Nackenwirbel. In meinen Ohren pfiff es noch von der Lautstärke des Schusses.

      »Warrior, bitte lass uns …« Chain kam mir hinterher. Seine Hand nach wie vor in den Handschellen. Schnaubend spannte ich meine Flügel an und ließ eine weitere Welle Magie aus mir hervorschnellen. Dabei fixierte ich das Gitter. Sie traf die Metallstreben, welche mit einem befriedigenden Knirschen aus der Verankerung sprengten. Das Gitter flog nach vorn und krachte klirrend gegen eine Wand.

      Die Götter taumelten zurück und ich nahm mir einen tiefen Atemzug Zeit, bevor ich meinen Arsch hochbekam und durch die neue Öffnung rannte. Weiter vorn erspähte ich tatsächlich Licht. Dort ging es nach draußen! Ich hatte zwar keine Ahnung, wo dieses Draußen war, aber ich kam meiner Freiheit ein Stückchen näher. Die anderen nahmen die Verfolgung abermals auf. Ihre Präsenz kitzelte in meinem Nacken und ich schlitterte aus dem Tunnel. Meine Zehen traten ins Freie. Die Röhre war wohl ein Abwasserkanal gewesen, welcher in einigen Meter Höhe angebracht war und aus einem klaffenden Felsen ragte. Aber das nahm ich nur am Rande wahr. Mein Körper taumelte, die Schwerkraft zog an mir und ich fiel mitten in den hell erleuchteten Tartaros hinab. Der Wind peitschte durch meine nunmehr kurzen Haare. Ich breitete die Flügel aus, schlug mit ihnen und fühlte die Muskeln in meinem Rücken arbeiten, um mein eigenes Gewicht nach oben zu tragen. Die Luft wirbelte die Federn auf, zog daran vorbei, bis ich endlich Auftrieb bekam und an Geschwindigkeit gewann. Innerlich bereits meine Freiheit bejubelnd, hallte plötzlich ein Pistolenknall durch die Luft. Sekunden später spürte ich den Einschlag in meinem linken Flügel. Die Kugel zerschlug die Membran. Federn zerbarsten und trudelten zu Boden. Der brennende Schmerz ließ mich stumm aufschreien. Ein weiterer Schuss traf diesmal meinen rechten.

       Peng.

       Peng.

       Peng.

      Einer nach dem anderen zerfetzte mehr von meinen Schwingen. Sie knickten ächzend in sich zusammen. Mir entglitt die Kontrolle und ich kam ins Trudeln. Bei der Landung geriet ich ins Stolpern, fuhr jedoch sofort herum und sah Sailor und Ash auf mich zukommen. Beide leuchteten grell. Ash gelb und rot wie die Sonne. Sailor blau und weiß wie der Mond. In ihren Händen hielten sie glänzende Pistolen, die mich vom Himmel geholt hatten. Keuchend robbte ich nach hinten. Mein verbliebenes Handgelenk genügte nicht, ich war zu langsam.

      Sailor und Ash standen bereits vor mir. Sie hoben die Waffen, sodass ich in die rauchenden schwarzen Mündungen blicken konnte. Ich spuckte ihnen Blut vor die Füße und zog sämtliche Register.

      Knurrend sprangen Bloodclaw und der Basilisk von meiner Haut. Beide verkeilten sich mit den Göttern und zogen sie von den Füßen. Diese zielten dennoch mit den Pistolen und schossen. Der Höllenhund jaulte auf. Ich wollte mich hochstemmen, doch der Boden knirschte und Chain stand keuchend vor mir. Das grüne Haar fiel ihm wirr in die Stirn. Seine leuchtend gelben Augen fixierten mich.

      »Bitte!«, schnaufte er. »Ich bin auf deiner Seite. Ich werde dir helfen, aber nicht so …«

      Ein heiseres Stöhnen entwich mir. Meine Finger fuhren zu der Maske in meinem Gesicht, doch sie rührte sich nicht. Keinen Millimeter. Ich grub die Nägel in die Haut. Riss blutige Kratzer hinein, doch sie saß wie festgeklebt. Virus hatte sie also tatsächlich mit Magie fixiert.

      Die Verzweiflung schnürte mir die Luft ab. Ich schlug mit meiner Magie aus, doch Chain wich aus.

      »Bitte!«, flehte er. »Ich helfe dir. Du musst nur aufhören, dich zu wehren!«

      Ich schüttelte den Kopf. Die nächste Welle fegte ihn von den Füßen.

      Tänzelnd richtete Chain sich auf. Etwas blitzte in seinen Händen. »Das tue ich nur, weil du mir keine andere Wahl lässt«, sagte er und zwei Klingen durchstießen meine Schultern. Es schmatzte. Ein lautloser Schrei entrang sich meinem Mund, als sie mich am Boden festnagelten. Verzweifelt bäumte ich mich auf, doch die Griffe bohrten sich tiefer in mein Fleisch. Hinter uns tobten Sailor und Ash gegen den Basilisken und Bloodclaw.

      Mir kamen die Tränen, als sich Chain mit gespreizten Beinen auf mich setzte und runterdrückte. »Du musst aufhören«, schrie er.

      Ich trat. Er kam näher und bevor ich reagieren konnte, hatte er seine Lippen auf meine gepresst.

      War der jetzt vollkommen übergeschnappt? Das war so was von der falsche Zeitpunkt für Zungenakrobatik! Ächzend wand ich mich. Chain hingegen grub seine Hände in mein kurzes Haar und vertiefte den Kuss, wobei es sich mehr anfühlte, als wollte er etwas aus mir heraussaugen. Seine Magie brandete auf, schlug gegen meine, die sich wie ein wildes Tier sträubte.

      Er drückte mich in eine Umarmung, während mir sein Geruch nach Zimt übermächtig in die Nase stieg. Zitternd kratzten meine Nägel seine Haut auf. Seine Magie drang gewaltvoll in mich ein. Hell und brodelnd füllte sie mich wie ein Ball aus Energie und Licht aus, tastete mich ab. Rauschte durch meine Adern, bis selbst meine Sicht von strahlendem Gold versperrt war.

      Mein Mund klaffte auf, während Chains energetisches Abtasten an meiner Kehle innehielt. Jene Stelle, an der mein Hals zerschnitten worden war. Er riss die Augen auf, starrte mich an.

      Ich sah, ohne zu blinzeln, zurück.

      Wusste er, dass es sich anfühlte, als würde er mich gerade vergewaltigen?

      »Es tut mir so leid!«, stieß er wirr hervor und ehe ich registrieren konnte, was er vorhatte, presste er Daumen und Zeigefinger gegen meine Lippen. Er zwang meinen Kiefer auf, griff mit der gesamten Hand in meinen Mund. Ich strampelte. Mein Kopf dröhnte. Pochte und pulsierte. Eine heftige Übelkeit überkam mich. Ich gurgelte und spürte den Teil einer alten Seele in mir. Sie steckte in mir fest. Aber woher? Wie konnte es sein, dass ich noch ein Seelenstück in mir hatte? Die meisten hatte ich in der Wüste verloren und nachdem ich Herakles restlos ausgespuckt hatte, war ich davon ausgegangen, dass alles aus mir verschwunden war. Aber offenkundig hatte sich ein abgebrochenes Stück wie eine Fischgräte in meinem Hals verkeilt. Hatte ich deswegen nicht reden können? Chains Finger glitten immer tiefer meine Zunge hinab, am Zäpfchen vorbei und in den Rachen, bis ich haltlos würgte. Mein Magen ballte sich zusammen. Die Twinkies schossen postwendend hoch und Luft bekam ich schon länger nicht mehr.

      »Hab es!« Chains Triumph kam verzerrt bei mir an. Alles rauschte, schmeckte nach Erbrochenem, als er das Seelenstück packte, sodass mein Rachen noch mehr gequetscht wurde, und es herausriss. Es saß so tief in mir, dass ich es im Magen kitzeln fühlte, als Chain mir den schwarzen Schleimklumpen entfernte.

      Luft! Endlich Luft. Ich schnappte gierig danach. Hustete Twinkie­schleim und drehte mich zur Seite.

      Chain ließ zum Glück sofort von mir ab. Meine Augen


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