Leefke. Suta Wanji

Leefke - Suta Wanji


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sich auszuziehen. Er musste ins Moor und laufen, während sie hier in Sicherheit schlief. Er würde sie beschützen und gemeinsam mit ihr Leefke stoppen. Nackt stand er auf der Terrasse und begann sich zu verwandeln. Ein paar Minuten später sprang ein gigantischer weißer Wolf über das Gatter und rannte ins Moor. Bald darauf drang klagendes Heulen aus dem Moor, der Alpha rief sein Rudel.

      In den frühen Morgenstunden kehrte er zurück. Mit einer Leichtigkeit, die man einem Mann seiner Größe kaum zutraute, sprang er über das Gatter. An seine Verwandlung erinnerten nur noch seine dreckigen Füße und seine orangen Augen. Im Wohnzimmer fand er Tabea immer noch schlafend vor, das Schnarchen war jedoch leisem Grummeln gewichen. Er sah ihr eine Zeitlang zu und begab sich unter die Dusche. Er zog sich an und brühte sich frischen Kaffee auf. Mit gefülltem Becher setzte er sich in einen Sessel und beobachtete Tabea. Er wurde es nicht leid, sie zu betrachten.

      Gegen fünf wurde Tabea wach und Peppi sprang sofort auf ihren Bauch. Tabea versuchte erfolglos die Hundeküsse abzuwehren. Sie nahm Peppi in den Arm und kraulte sie durch.

      „Moin!“, brummte sie Bente entgegen.

      „Kaffee? Und ebenfalls moin!“

      „Kaffee wäre schön! Du bist früh wach und deine Augen sind orange!“, stellte sie schlaftrunken fest.

      „Das ist die Leidenschaft. Wenn das Raubtier durchkommt, wechseln sie die Farbe.“

      Sie zog die Decke über den Kopf.

      „Das überfordert mich am frühen Morgen!“

      Er lachte und füllte ihr einen Becher mit Kaffee und Sahne. Sie lugte unter der Decke hervor.

      „Zum Anbeißen, und das früh am Morgen“, flüsterte sie leise vor sich hin.

      „Danke, mein Angebot von gestern steht noch.“

      „Ich geh lieber duschen“, quetschte sie zwischen ihren Lippen hervor.

      „Mach das, ich deck das Frühstück auf.“

      Sie verschwand im Bad und kurz darauf hörte er das Wasser rauschen. Sie duschte lange und es dauerte eine Zeitlang, bis sie endlich mit ihm am Tisch saß. Ihre Haare waren wild zusammen geknotet und sie sah hinreißend verpeilt aus.

      „Wie wäre es gleich mit einem Spaziergang durchs Moor? Heute wird es schön, wir könnten die Pferde mitnehmen und zur Weide führen!“

      Sie bestätigte nickend.

      „Bist du morgens immer so still?“

      Sie nickte.

      „Glaub mir, das ist besser so. Mit mir ist morgens nicht gut Kirschen essen. Ich brauch lange, bis ich im Leben angekommen bin.“

      „Ein Morgenmuffel also!“

      „So heißen wir, glaub ich zumindest“, seufzte sie in ihr Käsebrot.

      Den Rest des Frühstücks schwiegen sie, aber beide genossen die tiefe Verbundenheit zum Anderen.

      Nach dem Frühstück räumten sie gemeinsam auf und zogen Jacken und Schuhe an. Sie fütterten die Pferde mit Hafer und brachten sie dann zur Koppel. Der Morgen zeigte sich von seiner besten Seite und so zogen sie gemeinsam mit den Hunden ins Moor. Der „Alte Junge“ trottete langsam hinter ihnen her, während Peppi Ast um Ast zu Bente schleppte und auf seine Wurfgeschosse wartete.

      „Es ist einfach schön mit Dir und den Hunden morgens durchs Moor zu streifen, Tabbi!“

      Er blieb stehen und sah zu ihr runter.

      „Könnte für mich ein morgendliches Ritual werden.“

      „Ich genieße es auch!“

      Nach einer Stunde waren sie zurück und Bente bereitete einen Sanddorntee für sie zu, während Tabea die Hunde fütterte.

      Sie setzten sich aufs Sofa und Bente platzte heraus.

      „Ich möchte, dass du für die nächste Zeit zu mir ziehst. Hier gibt es Telefon und Internet, du bist nicht von der Außenwelt abgeschlossen. Ich habe hier alle Unterlagen der letzten vierhundert Jahre, die uns weiter helfen werden. Außerdem habe ich immer ein Auge auf Dich gerichtet, damit du keine blödsinnigen Alleingänge startest, denn das war dein Ausritt gestern!“, fügte er

      grinsend hinzu. Sie war völlig perplex, hatte aber nichts dagegen zu setzen. So beschlossen sie zu ihrem Haus zu fahren und Sachen einzusammeln, die sie benötigen würde. Peppi sprang in den Kofferraum des SUV, der „Alte Junge“ blieb allein auf seinem Fell zurück.

      Sie fuhren zu ihrem Haus und Tabea telefonierte mit ihrer Nachbarin, um die Versorgung ihrer restlichen Tiere für die nächsten Tage sicher zu stellen. Während sie Kleidung für die nächsten Tage in einen Rucksack stopfte, schaute er sich um. Sie gingen gemeinsam in ihr Arbeitszimmer und suchten das Material zusammen, das ihnen von Nutzen sein könnte. Nach einer knappen Stunde waren sie fertig und verschlossen das Haus. Ein mulmiges Gefühl beschlich sie, sie hatte noch nie mit einem Mann unter einem Dach gelebt. Das würde eine völlig neue Erfahrung werden!

      Zurück in Bentes Haus zeigte er ihr sein Arbeitszimmer und Tabea war überwältigt. Der Raum war mindestens 30 qm groß, alle Wände gespickt mit Bücherregalen, vom Boden bis zur Decke. Uralte und auch neuere Bücher fand sie dort. Vor dem Fenster stand ein riesiger alter Schreibtisch, auf einem Nebentisch modernste EDV. Mitten im Raum führte eine Wendeltreppe nach oben. Sie sah ihn fragend an.

      „Geh nach oben und schau dir alles an. Dort oben findest du 400 Jahre Dorfgeschichte und vieles mehr. Lass dir Zeit! Ich zaubere in der Zwischenzeit etwas zu essen für uns.“

      Damit drehte sie sich um und sie hörte ihn in der Küche hantieren. Nach fünf Minuten war er zurück und hielt ihr ein Weinglas entgegen. „Magst du, weiß ich!“

      Sie nippte am Glas und stellte fest, er hatte nicht zu viel versprochen. Der Raum oben hatte gigantische Ausmaße, er schien fast die Grundmaße des gesamten Hauses einzunehmen. In der Mitte ein sehr dicker Teppich mit vielen Kissen und Decken. Bücher über Bücher an den Wänden, eins älter als das andere.

      „Wovon lebst du bloß?“, flüsterte sie vor sich hin.

      „Von dem, was ich seit Jahrhunderten investiere und immer weiter expandiere zum Wohle des gesamten Clans!“ antwortete er hinter ihr.

      Sie fuhr herum, denn sie hatte ihn nicht hochkommen hören.

      „Schleich dich nie wieder so an mich heran!“, fuhr sie ihn an.

      Er entschuldigte sich und begab sich wieder nach unten, genau so leise, wie er gekommen war. Es tat ihr leid, dass sie ihn so angefahren hatte, aber der Schreck saß ihr tief in den Knochen. Sie sah sich weiter um und stieg zu ihm hinunter in die Küche. Er sah ihr leeres Glas und deutete auf die Flasche.

      „Ich wollte dich nicht so anschnauzen, ich habe mich nur total erschrocken“, sagte sie leise um Verzeihung flehend.

      Langsam drehte er sich um, seine blauen Augen leuchteten ihr strahlend entgegen.

      „Passt schon, geh wieder arbeiten!“

      Sie nickte und schlich davon.

      Oben besah sie sich die alten Bilder. Sie fand Bilder von Leefke und von ihm, von Aaltje und einem Mann, der Bente verdammt ähnlich sah, nur in dunkel gehalten. Große grüne Augen strahlten aus seinem Gesicht. Sie fand Bilder von

      zwei kleinen Jungen und ein Bild von einem Zwillingspärchen und von weiteren Kindern. Alle hatten Ähnlichkeit mit ihm oder Leefke.

      Ein weiteres Bild zeigte Leefke und Aaltje in jungen Jahren und sie konnte ihre Ähnlichkeit mit ihnen feststellen.

      Danach stöberte sie in alten Büchern und Pergamenten, fand alte Zeichnungen, die die Veränderungen im Dorf darstellten. Was musste er alles erlebt und gesehen haben! Sie fand auch eine Zeichnung der alten Schule, in der sie heute wohnte. Sie wandte sich den Papieren auf dem Boden zu, okkulte Schriften


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