Leefke. Suta Wanji

Leefke - Suta Wanji


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sie zwei dicke Stöcker wahr, die aus der Tonne ragten. Von ihrem Mann war nichts zu sehen. Der Gestank raubte ihr fast die Sinne.

      Am Rande des Birkenwaldes meinte sie eine Gestalt erkennen zu können, die sich langsam im Nebel aufzulösen schien. Sie näherte sich der Brandtonne, langsam einen Fuß vor den anderen setzend und begann zu schreien. Sie schrie und weinte hemmungslos, wobei sie gleichzeitig von Hustenkrämpfen geschüttelt wurde. Sie verlor das Bewusstsein, bevor sie die Tonne erreichte.

      Sie registrierte nicht, dass Leefke sie auch bemerkt hatte und sich durch Rauch und Nebel langsam auf sie zu bewegte. Leefke konnte die bewusstlose Frau nicht töten, aber sie zog Femke zur rotglühenden Brandtonne und drückte ihre linke und rechte Gesichtshälfte dagegen. Achtlos ließ sie Femke neben der Tonne liegen und zog sich hinter das kleine Birkenwäldchen zurück.

      Eine Stunde später traf die erste Reitschülerin ein. Sie spürte, dass etwas nicht stimmte. Übler Gestank hing über dem Hof. Die Haustür stand weit offen, es war aber niemand zu hören oder zu sehen. Die Pferde im Stall wieherten schrill. Sie griff zum Telefon und rief ihren Mann an, danach wählte sie die Nummer von Femke. Sie hörte das Telefon im Haus schrillen, ohne dass jemand den Hörer abhob. Ihr Mann und ihre Freundin fuhren zeitgleich auf den Hof. Sie trauten sich nicht, sich umzusehen und so riefen sie die Polizei, die eine halbe Stunde später eintraf.

      Ewald Hayen und ein neuer Kollege entstiegen dem Passat. Schlagartig wurde Ewald klar, womit er es zu tun bekommen würde. Er informierte die SPUSI und forderte weitere Kollegen an. Bis zum Eintreffen vom Psychologen Goosmann setzte er die Frauen in Femkes Küche und versuchte, sie zu beruhigen.

      Er befahl seinem neuen Kollegen bei den Frauen zu bleiben und machte sich dann von Angst erfüllt auf die Suche nach Wilke und Femke, begleitet von dem Mann der Reitschülerin. Im Haus und in der Reithalle fanden sie niemanden, sie nahmen nur die Unruhe der Pferde wahr. Gegen den Gestank pressten sie sich ein Handtuch auf die Nase, die Ewald zuvor mit ein paar Tropfen Pfefferminzöl getränkt hatte.

      Unbehagen erfüllte sie zwar von Anfang an, als sie jedoch den Sandweg hoch liefen, steigerte sich das Gefühl ins Unermessliche. Dieses wich absolutem Entsetzen, als sie um die Ecke bogen und die Brenntonne und die am Boden liegende Femke sahen.

      „Gehen Sie rein und rufen Sie den Krankenwagen!“, befahl Ewald dem Mann, „und kein Wort zu den Frauen!“

      Mit weit aufgerissenen Augen starrte der auf den Ort des Geschehens. Langsam wich er zurück, drehte sich um und lief zum Haus, so schnell ihn seine Beine trugen.

      Ewald näherte sich der Tonne und ahnte, wessen Reste dort aus ihr heraus ragten. Femke hatte entsetzliche Brandwunden im Gesicht und bewegte sich nicht. Er konnte keine Vitalzeichen mehr feststellen. Als der Krankenwagen mit Notarzt eintraf, wurde Femkes Tod bestätigt.

      Dann traf die SPUSI ein und das Gelände wurde gesichert.

      Die Einsteller der Halle bildeten eine Telefonkette, damit die Versorgung der Pferde für die nächsten Tage sichergestellt war. Es war davon auszugehen, dass keiner sein Pferd hier auf dem Hof lassen würde. Die Hunde beabsichtigte Ewald zu Tabea bringen und ihr schonend vom Ableben ihrer Freundin zu berichten.

      Im Haus wurde routinemäßig befragt, nach evt. Feinden geforscht. Die SPUSI arbeitete mit bleichen Gesichtern und nach einer Stunde wurden die Leichen ins pathologische Institut nach Oldenburg überführt. Jetzt hieß es abwarten, obwohl Ewald und seinen Kollegen klar war, dass es auch diesmal keine verwertbaren Hinweise geben würde.

      Ewald fuhr mit den Hunden zu Tabeas Haus. Es wunderte ihn, dass sie noch nicht an der Halle aufgetaucht war. Der Rummel konnte ihr doch nicht entgangen sein. Die Hunde sprangen freudig aus dem Auto, als sie das Ziel ihrer Reise erkannt hatten. Drinnen hatte auch Peppi den Besuch bemerkt und schlug lautstark an. Tabea öffnete die Haustür und die Jack Russel stürmten sofort ins Haus, wo sie von Peppi begrüßt wurden. An Ewalds Gesicht konnte Tabea sofort erkennen, dass etwas Schreckliches passiert sein musste.

      „ Tabbi, schenke uns bitte zuerst was Starkes ein, ich brauch jetzt was!“

      Bevor sie setzten holte Tabea 2 Gläser und eine Flasche Havanna Club, liebevoll von ihnen als HC bezeichnet. Gefasst nahm Tabea die Erzählungen von Ewald auf. Sie hatte es bereits geahnt, als Femkes Hunde an ihr vorbei ins Haus schossen. Sie unterbrach Ewalds Schilderungen nicht. Femkes Familie würde sich um die Hunde kümmern, dessen war sie sich sicher.

      „Wir müssen reden, sag Sophie Bescheid, dass du heute Nacht hier schläfst!“

      Ewald nickte zustimmend und starrte auf Tabea, die von einer atemberaubenden Stärke erfüllt schien. Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht damit.

      „Was ist mit dir passiert, ich erkenne dich kaum wieder, du bist wieder ganz die Alte!“

      „Komm, lass uns zum Kamin gehen und ich erzähl dir einiges, dir vertraue ich. Was ich zu erzählen habe, ist nicht für jedermanns Ohren geschaffen.“

      Sie begaben sich ins Wohnzimmer und Tabea begann zu erzählen. Bald sah auch er ein, diese Mordaufklärungen benötigten eine andere Handhabung und Herangehensweise.

      Wolfsmoor, Teil 2 Tabea und der Ricklefsclan

      13. Zweite Begegnung und erste Erkenntnisse

      ….erste hormonelle Turbulenzen….

      Ewald konnte die Einblicke in eine parallele Welt, die Tabea versucht hatte ihm zu vermitteln, kaum verkraften. Da er jedoch vermutete, dass Pathologie und SPUSI diesmal auch im Dunkeln tappen würden, wie bei den 5 Fällen zuvor, blieb ihm kaum etwas Anderes übrig, als ihr zu glauben. Sechs Mordfälle in einem 200 Seelen Dorf sprengten im Übrigen auch den landesweiten Durchschnitt.

      „Tabbi, wie geht es jetzt weiter, was müssen wir unternehmen?“, fragte er in der Hoffnung, sie würde Vorschläge unterbreiten.

      „Ich habe eine Idee, der ich alleine nachgehen muss! Kümmere du dich um alles andere, SPUSI usw., damit der äußere Schein gewahrt bleibt!“

      Sie gingen nach einem abschließenden HC ins Bett. Nach dem Frühstück fuhr Ewald nach Hause und anschließend ins Büro.

      Tabea zog sich in den Ohrensessel zurück und betrachtete die Amulette. Sie waren rund und aus Silber und offensichtlich sehr alt. In der Mitte war ein Wolfskopf eingraviert, umrandet von einem Kranz aus Rosen. Tabea befestigte ein Lederband an zweien von ihnen, damit sie ihres um den Hals tragen konnte. Eins befestigte sie an Peppis Geschirr, so fest, dass es nicht verloren gehen konnte. Das andere für Buffy an dem Lederband stopfte sie in ihre Jeans. Sie zog sich Schnürstiefel an, verpackte sich in Handschuhe, Mütze und Schal und verließ das Haus. Mit Peppi im Schlepptau begab sie sich zum Stall, wo sie Buffy sattelte und das Amulett an deren Trense befestigte.

      Sie stieg in den Sattel und schlug den Weg zum Wald ein. Es hatte weder geschneit, noch gefroren und durch die wärmenden Sonnenstrahlen löste sich der Schnee langsam auf. Unerschrocken ritt sie durch den Wald und durch das Moor. Sie bewegte das Pferd in alten Spuren. Sie wollte zum Haus im Moor, instinktiv wusste sie, sie würde den Mann dort finden. Zwar war er verantwortlich für das Gefühlschaos in ihrem Inneren, aber laut Aaltje benötigte sie ihn zum Sieg über Leefke. Es sei denn, ihr Inneres würde ihr andere Schritte empfehlen.

      In Gedanken an Femke und ihren Mann ließ sie Buffy im Schritt gehen. Sie liebte ihre Freundin, wusste aber auch, sie musste jetzt Prioritäten setzen. Ihrer Trauer konnte sie später immer noch freien Lauf lassen. Es durfte nicht zu weiteren Morden kommen.

      Sie tätschelte Buffy den Hals und rief Peppi heran, die im Unterholz herum stromerte. Der Hund jagte um das Pferd und freute sich seines Lebens. Sie schlidderte durch den Schneematsch und schleppte alles heran, was ihren Weg kreuzte.

      Wieder wurde Tabea bewusst, wie still die Umgebung um ihr Haus geworden war. Noch vor einem Jahr war jeder Ausritt von Naturgeräuschen begleitet gewesen, die zu Wald und Moor dazu gehörten. Es herrschte absolute Stille


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