Leefke. Suta Wanji

Leefke - Suta Wanji


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Loch hinterlassen hatte, was sie psychisch völlig an den Abgrund brachte. Derjenige, mit dem sie immer gehadert hatte, war aus ihrem Leben verschwunden und hinterließ gähnende Leere, so dass sie auf einmal gezwungen war, sich mit sich selbst auseinandersetzen zu müssen und ohne

      professionelle Begleitung war sie total überfordert. Tabea hatte tiefes Mitgefühl für Elfriedes Lage, denn sie wusste, tief im Inneren waren sich Elfriede und Tamme sehr zugetan gewesen. Auch wenn das Leben sie daran zu hindern schien, liebevoll miteinander umzugehen. Jeder saß fest in seinem eigenen Käfig und schien nicht in der Lage, die Käfigtür zu finden.

      Peppi untersuchte weiterhin das Grundstück, während Tabea ihren Weg zum Postkasten und die Auffahrt mit dem Schneeschieber bearbeitete. Zwischendurch stellte sie sich aufrecht hin, um sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen. Sie waren seit 2 Stunden draußen und Energiebündel Peppi zeigte keine Anzeichen von Müdigkeit.

      Vorne und hinten war sie fertig, sie wollte aber noch die Veranda und den Weg ums Haus und vom Obstgarten zum Haus und zum Stall freilegen. Sie lief zur Seite des Hauses und erstarrte. Vor ihr ragte eine dicke Fußspur durch den Schnee, Jagdstiefel, wie bei Elfriede und Tamme. Ganz offensichtlich hatte jemand ganz lange unter ihrem Schlafzimmerfenster gestanden und sie beim Schlafen beobachtet. Ein beklemmendes Gefühl beschlich sie, wer konnte so dreist sein? Trotz der Unruhe, die sich im Inneren breit machte, besah sie sich die Spuren genau. Eindeutig Männergröße, mindestens 48. Sie folgte der Spur und konnte nur noch feststellen, dass der Mann von Elfriedes und Tammes Grundstück zu ihrem herübergelaufen, sich eine Zeitlang vor ihrem Schlafzimmerfenster aufgehalten hatte und dann zurückgelaufen war. Dort verliefen sich die Spuren und es war nicht mehr nachvollziehbar, wo die Spur herführte, nur ganz offensichtlich nicht vom Wald.

      Sie fotografierte einen besonders klaren Abdruck mit ihrem Handy und notierte sich den Verlauf der Spuren. Danach steckte sie das Handy in ihre Tasche zurück und begann den Weg um die Veranda herum freizulegen.

      Peppi interessierte sich nicht für die Spuren, sie hatte sie schon ausgiebig bei den Nachbarn beschnüffelt. Jetzt waren sie uninteressant. Sie versuchte stattdessen die Hühner durch den Zaun anzuspielen und freute sich über deren aufgeregtes Gegackere und Geflattere. Nach einer Weile war ihr das zu langweilig, zumal sie durch den Maschendraht gehindert wurde, an die Hühner zu gelangen. Also lief sie zurück zu Tabea, um wenigstens noch ein paar Mal in den Schneeschieber und in den zur Seite fliegenden Schnee zu beißen.

      Gegen dreizehn Uhr war Tabea fertig und durch die Garage betraten beide wieder das Haus. Peppi wurde abgerubbelt und Tabea entledigte sich ihrer dicken Kleidung. Sie schlüpfte in ihre Hausschuhe und legte innen sofort Holz nach. Das ganze Haus war mittlerweile angenehm warm und komplett durchgeheizt und Peppi legte sich sofort in ihren Korb neben dem Kamin.

      Nach einer gepflegten Ruhepause begab sich Tabea an ihren Schreibtisch und plakatierte die Wände ihres Arbeitszimmers mit weißem Flipchartpapier. Mit verschiedenfarbigen Eddings begann sie mit einem brainstorming, das in einem mindmap endete. Nach 2 Stunden war sie fertig und sie besah sich ihr Werk. Sie ließ alles auf sich wirken und erstellte dann zum Abschluss ein Zeitraster.

      Befriedigt zog es sie zur Kaffeemaschine und auch Peppi erwachte aus ihrem Traumland und stellte sich winselnd an die Terrassentür.

      „Schlauer Hund“, murmelte Tabea und ließ Peppi in den Garten. Während Tabea auf ihren Kaffee wartete, wanderten ihre Gedanken zurück zu dem Mann, der sie ganz offensichtlich in ihrem Schlaf beobachtet hatte. Insgeheim hoffte sie, es möge doch der tolle Typ vom Waldrand sein.

      Sie beobachtete Peppis Treiben im Schnee und schalt sich ob ihrer Gedanken an einen Mann, während um sie herum Freunde und Nachbarn niedergemetzelt wurden. Bewaffnet mit frischem Kaffee zog es sie zu Peppi in den Garten, wo sie feststellte, dass ihre Tiere schon von Wübbo versorgt worden waren.

      ….Blutgier…..

      Es war jetzt um einiges kälter als mittags. Die eisige Kälte schien alles zu umklammern. Die von Tabea gefegten Wege hatten sich in Eisflächen verwandelt. Das Einatmen wurde begleitet von einem unangenehmen Stechen und plötzlich registrierte sie den unangenehmen Brandgeruch, der schwer in der Luft hing. In ihrem Inneren schrillten alle Alarmglocken los und sofort rief sie Peppi zu sich, die zwar bereitwillig folgte, aber ihre Nase schnüffelnd in die Luft hielt. Das Nackenhaar stand zu Berge und trotz ihrer erst 6 Monate machte sie einen bedrohlichen Eindruck, was auch Tabea wohlwollend zur Kenntnis nahm. Panisch und zitternd verriegelte Tabea alle Türen und Fenster, ließ die Rollläden runter und holte ihre Dienstwaffe aus dem Waffenschrank.

      „Trügerische Sicherheit“, murmelte sie, legte die Waffe aber trotzdem gesichert auf ihren Schreibtisch, während Peppi die Angst ihres Frauchens begriff.

      Leefke hatte die Frau und den Hund beobachtet und spontan beschlossen, ihnen einen Besuch abzustatten. Jetzt saß die Frau in ihrem Haus wie in einer Festung.

      Der Brandgeruch im Haus wurde intensiver und Peppi hob immer wieder schnüffelnd ihre Nase. Tabea spürte, dass die Frau draußen auf sie lauerte und Beklommenheit machte sich in ihr breit. Peppi lief langsam, aber wild knurrend die Außenwand des Büros und Wohnzimmers ab.

      „Der Hund scheint keine Angst zu kennen“, flüsterte Tabea vor sich hin und ihr fiel das Verhalten der Jagdhunde ein. Der Wind schien draußen zuzunehmen und auf den Jalousien schabte es unheimlich, begleitet von einem leisen Raunen. Trotz der Angst, die sich in ihrem Inneren manifestierte, schaffte Tabea es den Notruf zu wählen. Mit zitternder Stimme erklärte sie ihren Kollegen den Sachverhalt.

      „Wir kommen sofort!“, bellte ihr Kollege ins Telefon, „und bleib ja im Haus, komme, was da wolle!“

      Draußen steigerte sich das Schaben zu einem Kratzen und der ekelerregende Geruch von Tod und Verdammnis breitete sich immer mehr im Haus aus. Peppi rannte mittlerweile wild knurrend im Haus hin und her, was Leefke nur noch wütender machte. Ihre Wut steigerte sich ins Unermessliche, als sie begriff, dass sie hier im Moment nichts ausrichten konnte.

      Angestachelt durch ihre Wut begab sie sich wieder zum Hof von Frieso. Dort versorgten die beiden Betriebshelfer Bernhard und Harm Jansen zu Scherreburg die Rinder mit Silo und Heu. Die beiden Brüder aus Isums bemerkten zwar den Brandgeruch, arbeiteten aber weiter. Da rundherum mit Öfen geheizt wurde, setzten sich oft Gerüche frei, die nach Verbranntem rochen. Harm stellte als erster fest, dass es immer kälter wurde und sich tief in seinem Innersten festsetzte.

      „Verdammte Kälte!“, rief er seinem Bruder zu, dem es auch nicht besser ging, denn er überprüfte gerade die Knöpfe seiner Jacke.

      „Lass uns bloß nach dem Füttern hier verschwinden, ich mag den Hof nicht!“, rief er seinem Bruder zu. „Gott sei Dank sind wir heute das letzte Mal hier. Morgen übernehmen die Bagbander Kollegen!“

      Während beide mit der Forke weiter Heu und Silo verteilten, kroch langsam eine Nebelwand auf sie zu, die bekannte, unerbittliche Kälte mit sich führend. Tänzelnd bewegte sie sich die Stallgasse entlang, umspielte Spreu und Halme und setzte sich doch unbeirrbar Richtung Mensch fort.

      Die Rinder, die sonst ihre dicken Mäuler und Nasen sofort ins Futter tauchten, standen alle eng gedrängt am Ende des Laufstalls und jetzt bemerkten auch die beiden jungen Männer die Veränderungen. Sie registrierten den Brandgeruch und auch den wild um ihre Füße tanzenden Nebel, der unaufhaltsam weiter nach oben stieg, so dass sie in kurzer Zeit völlig in Nebelschwaden eingehüllt ihre Forken fest umklammerten, so fest, bis die Knöchel kalkweiß unter der Haut hervorschauten.

      Die Augen traten aus ihren Höhlen und die Stimmen versagten ihnen beim Anblick einer wunderschönen Frau mit wehenden Haaren, die zusammen mit dem Nebel um sie herum tanzte. Fasziniert von ihrer Schönheit bemerkten sie nicht den durchdringenden Gestank, den die Frau ausströmte. Entsetzen machte sich in ihnen breit, als die Gestalt plötzlich ihr Äußeres veränderte und wehendes Haar wie Sisal vom Kopf abstand, Hautfetzen in Lappen auf teilweise blanken Knochen herunter hing, Spinnen aller Art durch die Nasen- und Augenhöhlen krabbelten. Ihr restlicher Verstand verließ sie, als die Hexe eine besonders


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