Leefke. Suta Wanji

Leefke - Suta Wanji


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die wohl wieder das Gelände um die Reithalle durchstöberten. Sie dachte an ihre alte Hündin Thea, die sie vor 2 Jahren einschläfern lassen musste. Sie vermisste sie sehr und spontan beschloss sie heute nach Oldenburg ins Tierheim zu fahren und sich die zu vermittelnden Hunde dort anzuschauen. Sie sprang unter die Dusche und übermütig begann sie sich für diesen Gedanken zu erwärmen. Irgendwas Großes sollte es werden mit riesigen Pfoten und kurzem Fell. Sie schlüpfte in Jeans und Flanellhemd, zog Stiefel und Wachscottonjacke an und begab sich zu ihrem Nachbarn Ricklefs, um sich frische Kuhmilch für ihren Kaffee zu holen. Sie ließ sich den Milchpott von einem Betriebshelfer füllen und stapfte durch den Nebel zurück zu ihrem Haus. Wübbo Janssen hatte mittlerweile Pferd und ihre heißgeliebten Dominikaner Hühner versorgt.

      Sie kochte Kaffee und backte zwei Mehrkornbrötchen im Backofen auf, die sie dann mit gesalzener Butter bestrich und mit altem Gouda belegte. Zusammen mit Kaffeepott und Brötchenbrett begab sie sich zum Ohrensessel, um ihr Frühstück zu genießen. Vaya con Dios liefen im Hintergrund und Tabea bemerkte lächelnd, dass sie sich zum Takt Musik im Ohrensessel bewegte. Sie ließ die Musik bis zum Ende der CD auf sich wirken und räumte dann das Geschirr ab.

      Das Telefon nahm sie mit zum Schreibtisch, es war mittlerweile neun Uhr. Sie telefonierte mit Ihrer Ärztin, der Krankenkasse und ihrem Arbeitgeber, um die Wiedereingliederung zu regeln. Sie einigten sich versuchsweise auf den 1.4., aber Tabea konnte dann in den nächsten Wochen von zu Haus aus recherchieren und Informationen mit dem Team besprechen.

      In Aurich hatte man zwischenzeitlich eine Ermittlungsgruppe „Leefke“ ins Leben gerufen unter der Leitung von Reent Saathoff.

       .....kein Erbarmen.....

      Algried und Daaje Buttfanger , eineiige Zwillinge von Leorben und Bennet Buttfanger, halfen ihren Eltern bei den Aufräumarbeiten im Garten und auf dem Hof. Der Sturm hatte auch hier gut gewütet und einige Dachziegeln vom Dach gefegt.

      Der 18 jährige Birger stand oben auf der Leiter und entfernte Reste der auszutauschenden Ziegeln. Völlig vertieft in seine Arbeit und in Gedanken bei seinem Freund Silas und seiner Familie. Er bemerkte nicht Leefke, die ein paar Meter von ihm entfernt auf dem Dachboden stand, mit Friesos abgerissenem Kopf in der Hand. Bösartig grinste sie vor sich hin und überlegte, wie sie dem Buttfanger Balg eins auswischen konnte. Sie schlich sich langsam an den Jungen heran und ruckartig sprang sie ihm mit dem ganzen Ausmaß ihrer Hässlichkeit vors Gesicht und hielt dabei Friesos Kopf direkt vor sich. Dann warf sie ihm den Kopf entgegen.

      Panische Schreie entfuhren dem Jungen, er verlor das Gleichgewicht und stürzte in die Tiefe, wo er direkt vor den Füßen seiner Schwestern landete und regungslos liegen blieb. Seine Schwestern begannen zu kreischen und Algrieds Gesicht verlor alle Farbe, als sie erkannte, was dort neben ihrem Bruder auf dem Fußboden kullerte. Sie verlor das Bewusstsein und ihre Schwester Daaje begann hemmungslos zu kreischen und zu schluchzen, als sie meinte, oben in dem Loch im Dach eine hässliche Fratze erkennen zu können. Sie blinzelte noch einmal und das Gesicht war verschwunden.

      Panik breitete sich aus mit dem Unvermögen, irgendetwas regeln zu können. Leorben kniete schreiend und weinend neben ihrem Sohn, Bennet versuchte sich um seine Töchter zu kümmern. Da beide nicht ansprechbar waren, war er zur Hilflosigkeit verdammt, da er nicht wusste, um wen er sich zuerst kümmern sollte. Der kuriose Ball neben ihm war ihm noch nicht aufgefallen. Oben lugte Leefke durch das marode Dach und höchst zufrieden beobachtete sie das Chaos und das Leid, das sie ausgelöst hatte. „Für meine Söhne“, murmelte sie. Nach einer Weile wurde Remmer durch das Kreischen aufmerksam und sah seine Mutter an. Beide setzten sich sofort in Bewegung und rannten zum Nachbarhof. Remmer sah seinen Freund in völlig verdrehter Haltung auf dem Boden liegen, eine riesige Blutlache um ihn herum, in der schreiend und weinend Leorben blutbesudelt saß und ihren Sohn schüttelte. Bennet schüttelte weinend seine Tochter Daaje, die völlig weggetreten zum Dach starrte und schrie. Algried lag ebenfalls in der Blutlache und rührte sich nicht.

      Gebke stand dort und die Tränen liefen ihr übers Gesicht. Sie konnte die Situation nicht einschätzen und war völlig überfordert. Remmer riss sein Handy aus der Tasche und versuchte den Notruf zu wählen. Außer Schluchzen und Weinen brachte er jedoch keinen Ton raus und in der Notrufzentrale kam nur Weinen, Kreischen und Schluchzen an. Nach einer Weile konnte Remmer, immer noch schluchzend, seinen Namen sagen und die Adresse und das Wort Krankenwagen.

      Zwanzig Minuten später bog der Notarztwagen zusammen mit zwei Rettungssanitätern in den Hof ein, wo sich die Situation immer noch nicht entspannt hatte. Während sich die Rettungssanitäter um die Mädchen und Frauen kümmerten, konnte der Notarzt nur noch den Tod des Jungen feststellen. Irgendwann sah er Friesos entsetzlich zugerichteten Kopf und Übelkeit überkam ihn. Er konnte sich jedoch fangen und ließ über die Zentrale die Polizei benachrichtigen. Bei Angabe des Ortes wurde sofort das „Leefke Team“ informiert und Reent Saathoff setzte sich sofort mit zwei Kollegen ins Fahrzeug. Die Kriminaltechniker wurden ebenfalls benachrichtigt und weitere 30 Minuten später trafen alle am Unfallort bzw. am Tatort ein.

       .....die Gaffer.....

      Leefke hatte nun beschlossen, das Dorf nicht zur Ruhe kommen zu lassen. Sie verschwand von der Bildfläche, um in einem Moment wieder aufzutauchen, als die Bewohner des Dorfes angefangen hatten, die unangenehmen Ereignisse unter ihrer Angst zu begraben. Viele zogen das Vergessen und Verleugnen vor, nur die, die trauerten, lebten immer noch mit den schrecklichen Erinnerungen.

      Die Sirenen der Krankenwagen und der Polizei hatten die meisten Bewohner alarmiert und in Schrecken versetzt. Die nicht abreißende Folge von Unglücksfällen verstärkte die ohnehin schon vorhandene Angst um ein Vielfaches. Diese Angst löste völlig unterschiedliche Reaktionen in der Erwachsenenwelt aus. Wut, Hass und all die Gefühle, die sie lieber zu deckeln wollten, suchten nach einem Ventil und das öffnete sich mit dem Tod von Birger. Es dauerte keine halbe Stunde und das ganze Umland schien auf den Beinen zu sein, um sich angeführt von verschiedenen Pressefotografen und Redakteuren auf dem Hof der Buttfanger zu treffen. Die Menschenmenge wurde größer und lauter. Hasstiraden und unverhohlene Schaulust erschwerte die Arbeit der Retter vor Ort ungemein. Bald begann ein Gerangel um die besten Plätze. Blitzlichter, ständige Fragen und immer näher an den Unfallort rückende Menschen wurden von Polizisten zurückgedrängt, um sich gleich wieder mit langem Hals zu nähern und die Arbeiten der Sanitäter, des Arztes und der Techniker zu behindern. Die Kriminaltechniker hatten alle Hände voll zu tun um den Ort abzusperren. Trotzdem versuchte ein Fotograf das Absperrband zu durchbrechen und Fotos vom Geschehen zu ergattern. Reent Saathoff hatte die Nase voll, entriss ihm die Kamera und ließ ihn festnehmen.

      Wütend fingen die ersten Gaffer an sich lautstark über die Inkompetenz der Polizei zu äußern und diese zu beschimpfen. Erst die Androhung einer Massenverhaftung veranlasste die bedrohliche Gruppe sich immer noch motzend zurückzuziehen.

      Irgendwann hatten die Sanitäter Daaje wieder ins Hier und Jetzt zurückgeholt. Der Notarzt hatte für den Abtransport von Birger und dem Kopf von Frieso in die Pathologie nach Oldenburg gesorgt. Der Polizeipsychologe kümmerte sich um die Mädchen und ihre Eltern. Da Daaje ausgesagt hatte, sie habe oben im Dach eine Person gesehen, wurde der komplette Dachboden und alle Gebäude nebst umliegendem Gelände abgeriegelt und durchsucht. Allerdings blieb die Suche ergebnislos. Nur Reent gestand sich ein, oben auf dem Dachboden einen leichten Brandgeruch wahrgenommen zu haben. Da nichts gefunden wurde, ging man davon aus, dass Birger bei seinen Reparaturen oben im Dach den Kopf von Frieso gefunden hatte und vor Schreck von der Leiter gestürzt war. Die Familie verdrängte in ihrer Trauer den abgerissenen Kopf von Frieso, was dem Team im Moment sehr gelegen kam. Trotzdem war allen Beteiligten klar, dass hier im Ort etwas vor sich ging, was über normale Polizeiarbeit hinausging.

      ...Sehnsucht…..

      Bente hatte die Übergriffe durch seine Frau mitbekommen und war zutiefst bekümmert. Er wusste, er konnte sie nicht mit all dem durchkommen lassen. Aber er hatte noch keine Ahnung, wie er es bewerkstelligen sollte, sie zu stoppen. Er brauchte Hilfe aus der oberen Welt, aber auch Hilfe aus der Mittwelt. An wen er sich


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