Leefke. Suta Wanji

Leefke - Suta Wanji


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Frieso und Wiebke Heyken, haben eine Leiche dort, muss wohl ziemlich übel sein!“

      „Verdammt, was ist bloß in diesem Dorf los, was ist passiert, Reent?“

      „Ein Mann hat seinen Schwager im Stall gefunden, ohne Kopf und der Rest hört sich auch nicht appetitlich an. Weißt du, ob Tabea noch bei ihren Freunden wohnt?“

       „Lass Tabea erst mal draußen, sonst flippt der Alte wieder aus, den Stress brauch ich im Moment nicht. Wir können hinterher immer noch mit ihr reden. Komm lass uns losfahren, die Techniker sind gerade auch schon vom Hof. Müssen eh vorsichtig fahren, damit der Sturm uns nicht von der Straße pustet. Was für ein Wochenende, Gott sei Dank, in ein paar Stunden müssen die Kollegen übernehmen.“

      „Die werden sich freuen, wieder in diesem Kaff. Du kannst ja sagen, was du willst, aber ich finde den Ort unheimlich und mir geht da nur der Mors auf Grundeis!“, sagte Reent, während sie sich in ihre Jacken stülpten und hinaus ins Unwetter liefen. Der Regen prasselte gnadenlos auf sie nieder und sie kamen schon mit nassen Füßen am Auto an.

      „Verfluchtes Sauwetter!“, schimpfte Ewald vor sich hin. Der Wind schüttelte den Passat gut durch und die Tour Richtung Wiesmoor gestaltete sich äußerst schwierig, da Ewald Mühe hatte, das Auto auf der Straße zu halten. Umher fliegende Äste gestalteten die Fahrt wie eine Art Slalom.

      Immer wieder kamen sie an Stellen vorbei, an denen das THW und die Feuerwehr die Straßen wieder passierbar machten, da umgeknickte Bäume beseitigt werden mussten. Normalerweise benötigten sie bis zu Tabeas Wohnort rund 20 min, jetzt waren sie schon 45 min unterwegs.

      „Da vorn ist schon das Ortsschild von Strackholt, jetzt dauert es nicht mehr lange!“, sagte Reent. Beide grinsten, obwohl ihnen nicht danach zumute war. „Da ist schon das Ortsschild von Vossbarg!“, stellte Reent erleichtert fest.

      Geisterhaft sahen sie das gelbe Schild im Dunkeln flackern. Dem NAVI zufolge waren es noch rund 400 m bis zum Tatort. Als sie in die Hofeinfahrt fuhren, sahen sie schon einen der Techniker mit dem Absperrband rumwedeln, der andere war dabei Scheinwerfer aufzustellen. Nichts funktionierte bei dem Sturm und so mussten sie dieses Vorhaben aufgeben.

      Ewald und Reent rannten auf den Eingang des Stallgebäudes zu, um Regen und Sturm schnell zu entkommen. Drinnen waren zwei weitere Techniker dabei Spuren zu sichern. Reent und Ewald zogen sich die „Tüten“ über die Füße, liefen die Stallgasse hoch und als sie vor den Überresten von Frieso standen, zogen beide tief die Luft ein.

      Überall lagen Gedärme verstreut um den Körper, ein Gemisch aus Blut und Wasser färbte die Fußbodenkacheln orange. Der Kopf fehlte und zwischen den Schultern klaffte ein Gebirge aus Fleischfetzen, Fett, Adern und Knochen. Wie auf Kommando rannten beide raus und übergaben sich im Innenhof.

      „Man, was passiert hier, wer macht sowas?“, keuchte Ewald während er sich ein Taschentuch vor den Mund hielt.

      Reent schüttelte nur den Kopf, während er sich bemühte seinen Magen unter Kontrolle zu bekommen. Währenddessen donnerte der Regen gnadenlos auf sie nieder und beseitigte somit schnell die Spuren ihres Menschseins. Leider beseitigte er auch alle anderen Spuren, so dass es kaum möglich sein würde hier draußen etwas Verwertbares zu finden.

      „Kannst du mir mal erzählen aus was die Techniker von innen aufgebaut sind? Wie halten die das nur aus? Unsereins kotzt sich die Seele aus dem Leib und die marschieren da in den Fleischbergen rum, als würde es sich um Sand handeln!“

      Reent zuckte nur mit der Schulter.

      Jelto Ortgießen, einer der ältesten Techniker in Aurich, trat aus der Tür und übersah königlich die noch nicht vom Regen weggespülten Hinterlassenschaften seiner Kollegen. Er hatte schon viele schreckliche Dinge in seinem Leben gesehen, aber die Dinge, die zur Zeit in Vossbarg um sich gingen, beunruhigten ihn zutiefst.

      „Viel hab ich nicht für euch, ihr habt ja gesehen wie es drinnen aussieht! Spuren gibt es kaum, sozusagen entweder vom Winde verweht oder vom Wasser weggespült! Ein langes dunkles Haar hab ich an der Kleidung sichergestellt, geht gleich ins Labor! Der Bauch wurde aufgerissen und wie es aussieht, die Gedärme mit einem schnellen Ruck raus! Der Kopf gewaltsam abgetrennt, gerissen. Entweder wildes Tier oder jemand, der stark ist wie Godzilla! Da keine weiteren Bisse, fällt das wilde Tier aus und Godzillas sind in diesem Landstrich seit langem ausgestorben! Drinnen sitzen Schwager und Frau des Toten, Polizeipsychologe ist auch schon drin und verarztet die beiden! Anscheinend hat keiner was mitbekommen, der Schwager hat ihn gefunden, als

      er ihn zum Essen hereinholen wollte! Mehr kann ich Euch im Moment nicht geben!“

      „Danke Jelto, wir gehen mal rein!“, sagte Ewald und kämpfte sich mit Reent gegen den Sturm Richtung Haustür. Drinnen kam Polizeipsychologe Markus Goosmann auf sie zu.

      „Moin, ihr zwei! Hier werdet ihr erst mal nichts, die Frau musste ich komplett wegschießen und der Schwager ist auch jenseits von Gut und Böse…faselt all was, von den Kühen, die in ein paar Stunden wieder gemolken werden müssen! Könnt ihr noch das Aufräumkommando bestellen, sobald die Techniker fertig sind und den Maschinenring benachrichtigen, damit die jemand herschicken zum Versorgen der Viecher? Die beiden werden gleich von der Ambulanz ins Krankenhaus gefahren und dann sehen wir weiter!“

      Reent und Ewald nickten und begaben sich noch einmal zu Jelto, um den weiteren Ablauf zu besprechen, dann liefen sie zurück zum Passat. Niemand in der Nachbarschaft schien etwas mitzubekommen, überall waren die Jalousien unten und alles schien menschenleer.

      „Wir sollten zu Tabea rüberfahren und ihr kurz sagen, was los ist! Wir brauchen sie, sie kennt hier Alles und Jeden!“,sagte Ewald und Reent nickte.

      „Ja, lass uns zur Reithalle fahren, vielleicht ist noch jemand wach!“, erwiderte Reent.

      ...Freunde.…

      Trotz Sturm und Regen hatten die Frauen den Passat gehört und wunderten sich, wer noch bei diesem Wetter freiwillig auf der Straße war. Tabea erkannte das Auto. Die beiden dunklen verhüllten Gestalten, die aufs Haus zu liefen, kamen ihr auch sehr bekannt vor.

      „Reent und Ewald!“, sagte sie zu ihrer Freundin, die gerade die Tür öffnete. Pitschnass kamen die zwei Männer ins Haus und entledigten sich der nassen Jacken.

      „Hier, stellt eure Schuhe zum Trocknen vor den Ofen!“, meinte Femke, während sie Zeitungspapier holte, um die Schuhe von innen auszustopfen.

      Die Männer setzten sich und Femke lief in die Küche um frisches Teewasser aufzusetzen.

      „Schön euch zu sehen!“, sagte Tabea. „Was führt euch bei diesem Sauwetter hierher, doch wohl nicht Tee oder Grog?“

      Reent sah sie an und ertappte sich dabei festzustellen, dass Tabea trotz ihrer überschrittenen 50 Jahre immer noch toll aussah, zwar stand in ihrem Gesicht eine tiefe Müdigkeit, aber die stolze Ausstrahlung war geblieben, Ostfriesin eben, lächelte er in sich hinein.

      „Wir haben einen neuen Mord, wieder ein Nachbar von dir, Frieso Heyken, du weißt schon, der letzten Herbst bei deiner Abgrillparty besoffen in die Weidewanne der Pferde gefallen ist. Übel zugerichtet und der Kopf ist weg, wieder dieser Brandgeruch überall!“

      Tabea und Femke wurden blass, niedergeschlagen ließen sie sich beide aufs Sofa nieder.

      „Keine Ahnung wer oder was, genauso wie bei Tamme, nur das wir den Körper gefunden haben! Hier fehlt auch der Kopf und mir graut bei dem Gedanken, wo der wohl auftauchen könnte!“, fügte Reent hinzu.

      Mechanisch ging Femke in die Küche, stellte 5 Teetassen, Sahne und Kluntje aufs Tablett und rief ihren Mann. Tabea holte 2 Gläser für Teesöpje und drei Korngläser aus dem Schrank.

      Wilke betrat das Wohnzimmer und begrüßte Tabeas Arbeitskollegen, die er bereits von früheren Feiern her kannte. Nachdem sie ihn aufgeklärt hatten, ließ sich Wilke langsam in einen Sessel gleiten und schaute fassungslos in die Runde. Viel wurde nicht mehr gesprochen, vielmehr versuchten alle die aufsteigende innere Kälte


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