Leefke. Suta Wanji

Leefke - Suta Wanji


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gab Femkes Mann zu bedenken.

      Sie nickte und fing an, den Tisch abzuräumen.

      „Wir sehen uns heute Mittag, Femke, ich werde an allen Türen die Schlösser kontrollieren und die Pferde aus den Außenboxen packen wir nachts in die Halle und tagsüber können sie ja raus.“

      Dann verschwand er um Wübbo zu suchen, der ihm bei seiner Aktion zur Hand gehen sollte.

      Tabea öffnete die Augen und sah nur helles Licht und weiße, grelle Wände. Schwester Traudel krähte ihr ins Ohr: „Guten Morgen, Frau Hinrichsen! Schön, dass Sie wieder bei uns sind! Frühstück stell ich Ihnen auf den Wagen, sie wollen sich sicher erst frisch machen!“, dröhnte sie weiter mit schriller Stimme in Tabeas Richtung. Missmutig blinzelte Tabea in Richtung Schwester, froh, dass diese schon fast draußen war.

      „Was ich wann will, bestimme ich immer noch selber“, brabbelte Tabea in Richtung Tür und schloss dabei wieder die Augen, um sich besser orientieren zu können und um die gestrigen Ereignisse nochmal zu überdenken. Mit Schrecken dachte sie an die Ereignisse in ihrer Küche, den Anruf in der Zentrale und ein Schaudern fuhr ihr durch den Körper. Die Frau war ihr ums Haus herum gefolgt und hatte Tammes Kopf gegen die Fensterscheibe des Schlafzimmers geschlagen. Sie erinnerte sich an Ewald, der sie beruhigte und an den Notarzt, der sie per Spritze in die Dunkelheit schoss.

      ....Entschlossenheit im Unglück....

      In diesem Moment klopfte es und Femke schlüpfte durch die Tür. Sie lagen sich lange in den Armen, wie zwei Ertrinkende, jede ahnend, die Andere hatte nicht unbedingt gute Neuigkeiten zu erzählen.

      „Ich bin gerade erst wach geworden, der Arzt hat mich bei der Dosierung der Spritze wohl mit einem Elefanten verwechselt!“, stöhnte Tabea. „Ich hab `nen tierischen Kater.“

      „Geht es dir gut?“, wollte Femke wissen.

      „Den Umständen entsprechend ja, außer meine Depris sorgen jetzt dafür, dass ich mir Leute und Handlungen einbilde. Sozusagen weiße Mäuse in Menschengestalt."

      „Wieso?“, bohrte Femke weiter. „Was haben denn deine weißen Mäuse getan?“

      „Weiß nicht mehr genau!“, versuchte Tabea auszuweichen. „Liegt alles wie von Nebel verhüllt“.

      „Na, dann lass uns den Schleier mal lüften!“, konterte Femke und schenkte Tabea dabei einen Tee ein. „Wir haben heute Morgen dein Pferd geholt und eins kann ich dir sagen, da wirst du erst mal nicht mehr wohnen. Du kannst vorerst in unserer Einliegerwohnung schlafen. Ich war heute Morgen in deinem Haus und das, was ich da gesehen habe, das hat mir gereicht!“

      „Drinnen im Haus?“, fragte Tabea. Femke erzählte von dem Badezimmerereignis und von Wilkes Eindruck hinten am Stall und sie erwähnte auch Tammes Tod. Während der Erzählung lief beiden unwillkürlich ein Schauer über den Rücken und erzeugte eine Gänsehaut auf dem ganzen Körper.

      „Ich habe die Frau gesehen, sie hat mit Tammes Kopf gegen die Scheibe geschlagen. Und du weißt, sowas kann es nicht geben. Vielleicht hat sich jemand einen Scherz mit mir erlaubt?“, versuchte Tabea sich zu beruhigen.

      „Und Tamme? Der ist ja wirklich tot!“, konterte Femke. „Wir werden in Ruhe darüber sprechen, wenn wir zuhause sind. Der Doktor hat gesagt, ich kann dich mitnehmen, aber nur, wenn du willst.“

      „Ich geh nach dem Tee duschen und dann lass uns gehen. Ich halt das hier sowieso nicht aus!“, erwiderte Tabea und lehnte sich Tee trinkend ins Kissen zurück.

      „Seit dem Spätsommer hat sich etwas am Haus verändert, es ist oft ungewöhnlich kalt gewesen, viel mehr Nebel als in den letzten Jahren und es kommen kaum noch Rehe und Hirsche morgens und abends auf die Wiese. In den letzten Jahren hatte ich viele Wildschweine auf der Weide hinterm Haus, dieses Jahr noch nicht eins!“, meinte Tabea ohne Femke anzuschauen, als scheue sie eine Bestätigung.

      „Schon komisch, vielleicht sind ja doch noch wildernde Hunde da oder die haben viel mehr gerissen, als wir bis jetzt glaubten.“

      Beide schwiegen und Tabea trank ihren Tee aus.

      „Ich geh mal duschen!“, murmelte sie und kramte in der von Femke mitgebrachten Reisetasche nach Wäsche, Handtuch und Toilettenartikeln.

      „Bis gleich.“

      Während Tabea duschte, starrte Femke aus dem Fenster in einen wolkenverhangenen Tag hier in Aurich.

      „Bei diesem Wetter kann man nur Depressionen kriegen“, murmelte sie vor sich hin. Kein Wunder, dass es Tabea im Moment wieder schlechter zu gehen schien. Obwohl es hier im Zimmer heiß war und sie eigentlich schwitzen müsste, hatte Femke ein flaues Gefühl im Bauch und sie fror.

      Zeitgleich kämpfte sich ein riesiges Aufgebot von Polizisten aus allen Richtungen kommend durch das Moor, viele mit einem Gefühl der Beklommenheit. Stunden später war das Gebiet durchgekämmt, wenigstens die Gebiete, die man ohne Gefahr betreten konnte und im Niedrigmoor würde man sowieso nichts finden, da dort alles versank.

      So wurde nur Tammes Kopf zur Beerdigung eine Woche später freigegeben, da man keine verwertbaren Spuren gefunden hatte.

      Elfriede war noch bei ihrem Bruder, da sie psychisch so abgerutscht war, dass man sie nicht alleine wohnen lassen konnte und Thede und Okka waren sich einig, dass sie sich erst einmal erholen sollte, bevor sie in ihr eigenes Haus zurückging.

      Tabea wohnte immer noch bei Femke und bei der Befragung durch die Auricher Kollegen gab sie an, dass sie niemanden erkannt habe, nur eine Gestalt gesehen habe, die immer wieder mit etwas gegen die Tür schlug. Sie räumte ein, dass sie viel Angst gehabt habe, als sie die Notrufzentrale rief. Da jeder wusste, Tamme war der Kopf gewaltsam vom Kopf gerissen worden, glaubte ihr jeder, ohne sie weiter zu bedrängen. Die Ursache konnte jedoch nicht festgestellt werden und so verliefen die Ermittlungen immer wieder im Sande und zwei Wochen vor Weihnachten gab es immer noch keine konkreten Ergebnisse.

      ....Moorboden als Fundament für Sicherheit....

      Tabea ging es in den nächsten Wochen immer besser und irgendwie schien auch nichts mehr zu passieren. Alle paar Tage fuhren Wilke, Tabea und Femke rüber zum alten Schulhaus, gossen Blumen, kontrollierten die Heizung, erledigten dies und das, aber bleiben wollte hier keiner. Sie fuhren nur tagsüber und Wilke hatte immer sein Jagdgewehr dabei, Tabeas Schusswaffen waren alle in ihrem Waffenschrank im Keller eingeschlossen.

      Auf dem Weg zurück zur Halle, fuhren sie an Elfriede und Tammes Haus vorbei. Auf der Auffahrt sahen sie einen Mann stehen, den keiner von ihnen kannte und doch kam er Tabea seltsam vertraut vor. Groß, gutaussehend, ca 50 Jahre alt, blond mit einem langen Zopf, bekleidet mit einem langen, grauen Lodenmantel, kein Schal, keine Mütze, trotz der Kälte.

      „Wow!“, entfuhr es Femke unter dem missmutigen Blick ihres Mannes. „Wer ist er denn?“

      „Keine Ahnung“, brummte Wilke, dem es nicht schmeckte, dass der Typ seiner Frau zu gefallen schien und auch Tabea schien ganz entzückt. Dann waren sie auch schon am Haus vorbei und Tabea wurde das Gefühl nicht los, dass der Typ ihnen nachstarrte.

      „Vielleicht ist es dieser Typ, der total versteckt hinten in dem Haus am anderen Ende des Moores wohnt. Der scheint tagsüber zu schlafen und es brennt immer nur nachts Licht bei dem. Soll wohl Schriftsteller sein!“, ereiferte sich Femke. Tamme hat mal von ihm erzählt, die Beschreibung stimmt auf jeden Fall“.

      „Dann hat er jetzt wohl seine Angewohnheiten geändert, denn wir haben nicht Nacht! Ich meine, das ist einer der Ricklefs Brüder!“, konterte Wilke und danach senkte sich bis zur Ankunft ein paar Minuten später tiefes Schweigen über sie, ausgelöst durch die Erwähnung von Tammes Namen. Auf dem Hof angekommen, kam ihnen Wübbo entgegen.

      „Wir sollen heute Nachmittag Sturm bekommen, lassen wir die Pferde in der Halle?“

      „Noch


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