Wilderer und Jäger Staffel 2. M. Bachmann

Wilderer und Jäger Staffel 2 - M. Bachmann


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huschte ein Schatten über das Gesicht des Madls.

      Forschend schaute der Jäger ihr in die Augen.

      »Gell, es gibt einen anderen, der dir gut ist!« rief er enttäuscht.

      Bedrückt nickte Marthl.

      Doch bevor sie ihm etwas erklären konnte, trat Johann einen Schritt zurück.

      »Ich hab’s geahnt!« rief er aus. »Aber nie hätt ich gedacht, daß du nur mit mir spielst. Ich hab’ schon verstanden! Ich gehe, und wenn ich jemals wiederkomme, so nur dienstlich!« stieß er hart hervor. »Du hast deine Abwechslung gehabt mit dem Fremden!«

      »So laß dir doch erklären!« rief Marthl erschrocken.

      Doch Johann wollte nichts mehr hören.

      »Ich bin mir zu schad für eine Spielerei«, fuhr er sie an. Schon rannte er davon.

      In diesem Augenblick zerriß der erste Blitz den finsteren Himmel. Dumpf grollte der Donner, sein Dröhnen brach sich an den schroffen Felswänden des Raffen, die sich dunkel und drohend über der Hütte erhoben.

      »Johann, komm zurück!« rief Marthl. »Es gibt ein Wetter. In den Bergen ist’s gefährlich, dann im Freien zu sein!«

      »Nur wegen dem Unwetter brauchst mich net in deine Hütte zu lassen!« rief Johann bitter zurück. »Da danke ich schön! Lieber geh ich heim als noch länger bei dir zu bleiben!«

      Dicke Regentropfen platschten herab und malten nasse Kreise auf die Felsen. Eine Windböe ließ die Fensterläden schlagen.

      »Johann!« Verzweifelt klang Marthls Ruf gegen das Grollen des Donners an, doch der Wind riß das Wort von ihren Lippen und verwehte es.

      Die Gestalt des Jägers war hinter der Biegung des Pfades verschwunden. Der Himmel öffnete jetzt seine Schleusen, und der Wind peitschte den Regen vor sich her.

      Marthl, die noch vor der Hütte stand, war im Nu bis auf die Haut durchnäßt, und das blonde Haar, das sie zu einer Zopfkrone aufgesteckt hatte, tropfte.

      Seufzend mußte sie schließlich in der Almhütte Schutz suchen.

      Warum nur war Johann so vorschnell davongelaufen? Sie hatte ihm doch erklären wollen, daß sie die Beziehung zu Sepp beenden wollte, eine Beziehung, die jedenfalls von ihrer Seite aus nie richtig bestanden hatte!

      Doch Johann war fort, hineingelaufen in das Toben des Unwetters! Alles schien sich gegen sie verschworen zu haben!

      Tränen standen in den blauen Augen Marthls, als sie an das schlimme Mißverständnis dachte. Unheimlich heulte der Sturm um die Hütte, die sich unter den schroffen Felsen duckte und vergeblich Schutz suchte.

      Marthl zündete eine Wetterkerze an und betete für Johann, der im Toben der Naturgewalten unterwegs sein mußte.

      *

      Johann lief bergab, der Sturm blies ihm ins Gesicht, der Regen schnitt in Haut und Augen. Doch der junge Jäger achtete nicht darauf. Zu groß waren seine Hoffnungen in den vergangenen zwei Tagen gewachsen, als daß er diese jähe Enttäuschung hätte verwinden können!

      Er hatte sich in Marthl getäuscht. Sie war nicht frei, sondern hatte ihn hingehalten, hatte ihm vorgegaukelt, ihn zu mögen, um ihr Spiel mit ihm zu treiben. Aber er war ja ein Fremder, auf dessen Gefühle man keine Rücksicht zu nehmen brauchte!

      Der Regen strömte herab, Wolken fegten über die Berge herab und schütteten ihre Last über dem Raffen aus.

      Johann fror in seiner nassen Kleidung und war froh, als ihm endlich der Bergwald etwas Schutz gewährte. Doch hier war der Boden aufgeweicht von den Wassermassen, überall rann und rieselte es.

      Der Pfad verwandelte sich unter den Füßen des Jägers in eine glatte, matschige Masse, die keinen Halt bot. Immer wieder rutschte Johann aus, doch ihn beseelte nur ein Gedanke: So schnell wie möglich Abstand von der Alm und der Sennerin zu gewinnen, die ihn so sehr verletzt und enttäuscht hatte!

      Mit unverminderter Geschwindigkeit eilte er weiter, bis er außer Atem den Steg erreicht hatte.

      Der schmale Wasserfall toste und schäumte, war durch den Regen gewaltig angeschwollen.

      Johann spürte einen eisigen Schauer im Nacken, als er an die Begegnung mit dem Bauernburschen an dieser Stelle dachte. Unwillkürlich schaute er sich um, doch außer dem Rauschen des Wassers, dem Trommeln des Regens und dem Pfeifen des Windes war nichts zu hören.

      Doch die Auseinandersetzung mit dem Mann schien wie eine dumpfe Drohung über dem Ort zu lasten, und Johann atmete auf, als er unbehelligt den Steg überquert und wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte.

      »Ich laß mich net von euch vertreiben, auch wenn ihr mir einen so schäbigen Empfang bereitet!« rief er trotzig ins Heulen des Sturmes. »Ihr werdet schon noch merken, daß ich net schlechter bin als ihr, nur weil ich aus einer anderen Gegend stamme.«

      Durchnäßt und mit wehem Herzen setzte er seinen Weg fort.

      Trostlos und abweisend sah das Jägerhaus aus, als er es erreichte. Kein Licht schimmerte freundlich durch die Scheiben. Der Regen tropfte durch ein Loch in der Dachrinne, die Bäume ringsum bogen sich unter der Gewalt des Windes, der um die Hausecken heulte.

      Johann mußte sich überwinden, auf das düstere, ihm noch fremde Haus zuzugehen, das in Zukunft seine Heimat sein sollte.

      Schließlich stand er doch vor der Tür. Ein Blitz zerriß den finsteren Himmel und warf sein grelles Licht auf das Jägerhaus.

      Etwas Weißes leuchtete an der Tür auf. Ein Blatt, an dem der Wind riß!

      Johann tastete nach seinem Feuerzeug, fand es endlich, doch der Sturm blies das schwache Flämmchen wieder aus. Mit klammen Fingern suchte er nach dem Schlüssel, öffnete die Tür und knipste das Licht an.

      Dabei hatte ihn eine Ahnung gepackt, daß das Blatt an der Tür nichts Gutes zu bedeuten hatte.

      Was er dann sah, als das Licht endlich aufflammte, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.

      Jemand hatte ein Messer in die Tür gerammt, ein altes, ein wenig rostiges Messer, wie es die Jäger zum Ausweiden benutzen – oder aber die Wilderer!

      Mit roter Farbe war eine Botschaft auf das Blatt geschmiert.

      »Hau ab! Für dich ist hier kein Platz!«

      Johann zuckte zusammen. Er riß das Blatt ab und knüllte es zusammen.

      Er stürzte in sein kaltes Haus, verriegelte die Tür und machte Feuer im Kamin. Dann sah er zu, wie die Flammen das Papier kräuselten und verbrannten.

      »Ich geb net auf!« murmelte er vor sich hin. Nein, er würde sich an seiner ersten Stelle, die man ihm gegeben hatte, bewähren!

      Wer mochte die anonyme Drohung geschrieben haben? Der Mann von der Klamm, mit dem er gerauft hatte? Oder ein anderer der Dorfbewohner, die für ihn noch eine Masse von unbekannten Gesichtern waren?

      Nein, er würde sich nicht daran stören, würde seine Pflicht erfüllen und sich damit die Achtung derer erringen, die ihn jetzt noch ablehnten! Doch trotz aller guten Vorsätze hatten Resignation und Verzweiflung ihre Widerhaken in sein Herz gestoßen.

      *

      Der Aufreiter-Johann war fest entschlossen, den Dingen, die ihm sein Vorgänger erzählt hatte, auf den Grund zu gehen. Er stürzte sich mit Feuereifer auf die Arbeit, um den Schmerz um Marthl zu vergessen und durchstreifte unermüdlich das Revier.

      Doch es gab keine Anzeichen, daß ein Wildschütz sein Unwesen trieb. Kein Schuß fiel im Bergwald, keine dunkle Gestalt trieb sich in der Dämmerung herum, nichts.

      Eines Abends beschloß Johann, im Wirtshaus »Zum Gamskrickl« seine Bekanntschaft mit den

      Dörflern zu vertiefen. Vielleicht konnte er dabei auch ein wenig auf den Busch klopfen!

      Als er eintrat, verstummten


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