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Gespräches mit Sky kam mehrmals Mars Bonfire mit einem Glas Whiskey zu mir. Ich nahm die Gläser dankend an und trank höflich aus. Was hatte er vor? Mich unter den Tisch trinken? Da hätte er schlechte Karten. Als gewiefter Underground-Journalist hatte ich vor Konzertbeginn ein paar Schluck aus der Olivenölflasche genommen. Der alte Trinkertrick, auf dass mögliche Besäufnisse nicht kopfüber in den Rabatten enden.
Die Zeit im Backstage ging angenehm herum und der Alkohol aus. Wir entschieden, die Örtlichkeit zu wechseln, dahin zu gehen, wo die Getränke wachsen. Ich schlug das »Liro Dando« vor. Seit kurzem arbeitete ich dort hinter der Theke. Ich rief vom »FBZ«-Haustelefon im Laden an, bestellte einen Tisch. Eine Stunde später wartete ich auf zwei meiner musikalischen Helden der Sechzigerjahre. In kluger Voraussicht hatte ich gekühlte Biere und zusätzlich für Mars und mich eine Flasche Jägermeister bestellt. Dann kamen sie. Eine weitere Stunde später war unser Tisch mit leeren Flaschen und Gläsern überladen und das Speiseöl in meinem Magen verdaut. Diese beiden Typen waren doppelt so alt wie ich und hielten jede Runde mit.
Schließlich hatte ich mich auch mit Mars unterhalten. Ein gutes Gespräch. Über Tod und Teufel. Den Film »Easy Rider«. Unsere Freiheit, die immer mehr eingeengt wird. Dass in Deutschland die Sonne nicht scheint. Vielleicht würde ich es irgendwann einmal nach L.A. schaffen. Dorthin, wo es nie regnet. Für den Fall wollte mir Mars seine Adresse geben. Ich gab ihm einen Bierdeckel. »Schreib noch was Nettes drauf«, bat ich ihn. Tat er. Als ich den Deckel zurückbekam, stand nicht nur seine Adresse darauf. Er hatte mir in zwei Sätzen die deutschen Verwertungsrechte für »Born To Be Wild« vermacht und mit Dennis Edmonton, seinem richtigen Namen, unterschrieben. »Wenn du mal klamm bist, kannst du den hier ja einklagen.« Ich war sprachlos. Danke Dennis.
Wir verabschiedeten uns vor dem Hotel. Auf dem Weg nach Hause begann es, stark zu regnen. Ich war davor, schlapp zu machen. Musste mich ausruhen und setzte mich auf einer Parkbank in eine Regenlache. Bis ich es merkte, war meine Jeans am Hintern durchnässt.
Am nächsten Mittag dauerte es eine Weile, bis ich die Ereignisse der letzten Nacht wieder zusammengepuzzelt hatte. Zu guter Letzt fiel mir der Bierdeckel ein. Ich sprang zu meiner Jeanshose und stöberte hektisch durch die immer noch feuchten Taschen. Zog schließlich eine durchweichte Pappe hervor, auf dem nur noch »WOLTERS« zu lesen war.
COVENWitchcraft – Destroys Minds And Reaps Souls | Jens Balzer |
[Mercury, 1969]
Die Huldigung des Teufels, die Feier schwarzer Messen und der Gebrauch satanischer Symbole wie etwa des Pentagramms, des umgedrehten Christenkreuzes oder der Teufelsfaust zählen seit einem halben Jahrhundert zu den wesentlichen Elementen der Ästhetik des Heavy Metal sowie der dazugehörigen sozialen Umgangsformen. Nicht immer wird der Lobpreis des Gehörnten jedoch mit der nötigen Ernsthaftigkeit dargeboten; nicht selten hat man das Gefühl, dass es den »Hail, Satan!« rufenden Musikern und ihren Fans gar nicht um ein echtes Glaubensanliegen geht, sondern bloß um ein Spiel mit Symbolen. Bei der aus Chicago stammenden Gruppe Coven ist das fraglos anders: Auf ihrem 1969 erschienenen Debüt »Witchcraft – Destroys Minds And Reaps Souls« wird dem Beelzebub in allen nur denkbaren Formen gewissenhaft und leidenschaftlich gehuldigt; es gibt gesungene Dämonenbeschwörungen und wahrhaftige Rituale zu hören. Auf dem Backcover und im Gatefold des Albums sieht man die Band mit gereckten Teufelsfäusten: Zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte der populären Musik wird diese Geste hier als gemeinschaftliches Gesinnungszeichen gebraucht.
»Pact With Lucifer«, »Wicked Woman« oder »For Unlawful Carnal Knowledge« heißen die Stücke, die von der gewaltigen Coven-Sängerin Jinx Dawson mit souveränem Walkürensopran dargebracht werden, mit ebenso furchteinflößender wie lockend-erotischer Stimme; dazu spielen ihre vier Mitmusiker einen kräftigen, wenn auch zeittypisch etwas verdüdelten psychedelischen Rock. Das von einer Reise zum Hexenberg Brocken handelnde Eröffnungsstück »Black Sabbath« inspiriert eine ursprünglich unter dem Namen Polka Tulk Blues Band gegründete Gruppe aus Birmingham im Spätsommer desselben Jahres zu ihrem neuen Namen.
Ein »Coven« ist eine Versammlung aus 13 Hexen; 13 Minuten dauert dann auch das zentrale Stück des Albums, »Satanic Mass«, das fast die gesamte zweite Seite einnimmt. Darin wird das geneigte Publikum zum Zeugen einer authentischen schwarzen Messe, mitsamt unheilig bimmelnder Altarglocken, eines lateinisch murmelnden Chores und leidend-ekstatisch wimmernder Opfer. »Nach unserer Kenntnis ist dies die erste Tonaufnahme, die jemals von einer Schwarzen Messe gemacht wurde«, heißt es in den Liner Notes, darum werden schwarzmagische Laien auch vor der Nachahmung gewarnt, zu groß seien die »Risiken und Gefahren« bei unsachgemäßem Verhalten. Wer alles richtig macht, wird hingegen mit reichlich Spaß und Ekstase belohnt: »Während die Altarglocke abermals neunmal geläutet wird«, heißt es in den Liner Notes weiter, »wandert der Hohe Priester durch die Versammlung der 13 Hexen und berührt die Genitalien einer jeden Hexe mit dem speziellen Segen des Satans, um den Erfolg der nachfolgenden Orgie zu garantieren.«
Auf dem Foto in der Innenseite sieht man die Band bei derartigem satanischen Treiben, die Sängerin liegt nackt auf einem Altar, mit einem Totenschädel auf der Scheide und einem güldenen Kelch auf der Brust, ihre Mitmusiker und einige andere Priester der dunklen Macht stehen dahinter und entbieten den Satansgruß. Auch bei den Konzerten der Band befand sich stets ein Altar auf der Bühne – sowie ein Kreuz, an dem ein als Christus verkleideter Roadie hing. Sie endeten stets mit einer schwarzmagischen Taufe, bei der Jinx Dawson das Glaubensbekenntnis des satanistischen Vordenkers Aleister Crowley (1875–1947) rezitierte: »Do what thou wilt shall be the whole of the Law«. Crowleys in den 60er-Jahren bekanntester Schüler, der Church-of-Satan-Hohepriester Anton LaVey, zählte denn auch zu den Freunden der Band; zu einem gemeinsam mit ihm für den Herbst 1969 geplanten »satanistischen Woodstock« kam es allerdings nicht.
Auch ansonsten blieb der Erfolg von Coven zunächst überschaubar, nach dem dritten Album »Blood on the Snow« löste die Gruppe sich 1975 auf, seit 2013 tourt Jinx Dawson mit anderen Musikern wieder unter diesem Namen. Doch kann man den Einfluss von Coven auf die Entwicklung des okkulten Rock gar nicht überschätzen, und sei es nur wegen der Teufelsfaust, die dann bekanntlich Ende der 70er-Jahre von Ronnie James Dio – damals gerade zum neuen Sänger von Black Sabbath gekürt – bei breiten Publikumsschichten popularisiert wurde. Das musikalische Erbe von Coven zeigt sich am deutlichsten bei neopsychedelischen Chaosmagiern wie The Devil’s Blood (deren Sängerin Farida »The Mouth« Lemouchi wie eine Wiedergängerin von Jinx Dawson wirkte) oder den schwedischen Softrocksatanisten Ghost, deren als untoter Papst verkleideter Sänger bei seinen Konzerten gern Messwein an die vorderen Publikumsreihen verteilt.
PINK FLOYDMore | Arno Frank |
[EMI, 1969]
Um 1900 entdeckten Schwammtaucher in einem antiken Schiffswrack vor der ionischen Insel Antikythera einen Mechanismus, der seiner Zeit um mehr als tausend Jahre voraus war. Fragmente des 2000 Jahre alten, heftig korrodierten Gerätes lassen sich im Archäologischen Nationalmuseum von Athen bewundern. Wahrscheinlich handelt es sich um eine astronomische Uhr von atemberaubender Präzision. Zahnräder und epizyklische Getriebe, anhand derer sich der Stand von Sonne, Mond und allen Planeten berechnen ließ. Die Existenz eines solchen analogen Computers aber setzt Wissen und Fertigkeiten voraus, die den damaligen Menschen eigentlich niemand zugestehen will. Es ist, um ein Zitat von H. P. Lovecraft oder auch Metallica zu verwenden, »the thing that should not be«. Der »Mechanismus von Antikythera« kommt mir immer in den Sinn, wenn ich »More« höre.
Unter zeitgenössischen Geschmackswächtern hat sich die Ansicht durchgesetzt, Pink Floyd für ihre späteren Platten als Produzenten von psychedelischem Pomp abzutun. Maximal findet sich ein Bescheidwisser, der dann den Finger hebt und einwirft: »Die waren gut, solange Syd Barrett noch dabei war!« Beide Ansichten haben ihre perspektivische Berechtigung. Zusammen ergeben sie aber einen toten Winkel von 1968 bis 1970. In die Zeit zwischen Barrett und Pomp fallen allerlei Experimente und Auftragsarbeiten, von »A Saucerful Of Secrets« bis »Ummagumma«. Und auf einer dieser vergessenen Platten, um auch mal eine Ansicht zu Gehör