Allgemeinbildung zum Mitnehmen. Bärbel Hoffmann

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Räterepublik. Auf dem Reichsrätekongress – erste ordentliche Zentralversammlung der Arbeiter- und Soldatenräte im Dezember 1918 – entscheidet sich die Mehrheit für die parlamentarische Demokratie.

       Spartakusbund: Anfang 1919 gründen der Spartakusbund, also marxistische Sozialisten und linksradikale Gruppen, die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Der Spartakusaufstand, ein Generalstreik mit bewaffneten Kämpfen in Berlin, wird von Regierungstruppen niedergeschlagen. Rosa Luxemburg (1871–1919) und Karl Liebknecht (1871–1919), beide Führungspersönlichkeiten des Spartakusbundes, werden ermordet.

      Im Juli 1919 verabschiedet die Nationalversammlung die Weimarer Verfassung. Der Name geht auf den Tagungsort der verfassunggebenden Nationalversammlung zurück – die Stadt Weimar. In der Verfassung werden Freiheits- und Grundrechte festgeschrieben. Ihr Kern basiert auf der Revolution 1848/49 ( Revolution 1848/49: S. 181). Friedrich Ebert (1871-1925), Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), wird erster Reichspräsident. Die Verfassung vereinigt das Präsidialprinzip mit Elementen der repräsentativen und direkten Demokratie.

      Weimarer Verfassung

      Folgende zentrale Verfassungsprinzipien werden beschlossen:

       Volkssouveränität, das heißt die Staatsgewalt geht vom Volk aus

       Gewaltenteilung, also drei Gewalten: Gesetzgebung (Legislative), ausführende Gewalt (Exekutive) und Rechtsprechung (Judikative)

       die Grundrechte, zum Beispiel Schutz der Menschenwürde (Artikel 1)

       freie Entfaltung der Persönlichkeit, Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit der Person (Artikel 2)

       Gleichheit vor dem Gesetz (Artikel 3)

       erstmals die staatsbürgerliche und familienrechtliche Gleichstellung der Frauen

      Weiterhin führt die Verfassung Strukturelemente aus deutschen und internationalen demokratischen Traditionen zusammen:

       die repräsentative Demokratie mit einer dem Parlament verantwortlichen Regierung

       die plebiszitäre Demokratie mit Volksabstimmungen (Schweiz)

       die Präsidialdemokratie mit einem starken, direkt gewählten Präsidenten (USA, Frankreich).

      Der deutsche Föderalismus bleibt in eingeschränkter Form erhalten:

       die Kompetenzen des Reiches werden erweitert

       das übermächtige Land Preußen bleibt zwar bestehen, aber das Amt des preußischen Ministerpräsidenten wird vom Vorsitz in der Ländervertretung und vom Amt des Reichskanzlers abgekoppelt

       die Bismarcksche Sozialgesetzgebung wird beträchtlich ausgebaut.

      Mit dem Präsidialprinzip erhält der Reichspräsident jedoch sehr viel Macht, was sich später verheerend auswirken wird. Er wird direkt vom Volk auf 7 Jahre gewählt. Gegen ein Land, das Gesetze oder die Verfassung ablehnt, kann er gewaltsam vorgehen und Grundrechte außer Kraft setzen. Er darf den Reichstag auflösen. Es ist ihm erlaubt, Kanzler und Minister zu entlassen; nicht zuletzt hat er den Oberbefehl über das Heer – dadurch kann seine Stellung übermächtig und gegenseitige Kontrollen können zunichtegemacht werden, Stichwort Artikel 48: Notverordnungsrecht ( Politik / Gesellschaft: S. 57).

      In den Jahren 1919 und 1923 ist die junge Weimarer Republik ständig in ihrer Existenz bedroht. Eine große Last sind die Friedensbedingungen des Versailler Vertrags ( Versailler Vertrag: S. 38), daher hat die Regierung wenig Geld, muss die Inflation bekämpfen. Links– und rechtsextreme Putschversuche richten sich gegen die Regierung – sie wird von Teilen der Bevölkerung nicht akzeptiert.

      Der kommunistische Spartakusaufstand 1919 (Spartakusbund) wird mithilfe von Freikorps blutig niedergeschlagen. 1920 scheitert der von rechtsnationalen Militärs organisierte Kapp-Lüttwitz-Putsch. Politische Morde, zum Beispiel an Matthias Erzberger von der Zentrumspartei und Außenminister Walter Rathenau, überschatten ebenfalls die Republik. 1923 führen die nicht mehr zahlbaren Reparationen und die Ruhrbesetzung – Frankreich und Belgien besetzen 1923 bis 1925 das Ruhrgebiet – zu einer Hyperinflation. Das Geld wird von Tag zu Tag wertloser. Im November 1923 scheitert in München der Hitler-Ludendorff-Putsch: Die Nationalsozialistische Partei Deutschlands (NSDAP) unternimmt einen Putschversuch gegen die bayerische Landesregierung und scheitert.

       Erst die Währungsreform im November 1923 beendet die Inflation: Die Mark wird auf die Rentenmark umgestellt, mit einem Kurs von 1 Billion Mark zu 1 Rentenmark. Zudem stabilisiert der Dawes-Plan die Wirtschaft. Mit dem Plan, initiiert von den Amerikanern, werden die Reparationszahlungen ( Rheinbund 1: S. 7) von der deutschen Wirtschaftskraft abhängig gemacht. Die deutsche Reichsbank erhält dadurch vor allem US-amerikanische Kredite, gerät aber auch unter internationale Kontrolle. Der Plan ist auf Betreiben von Reichskanzler Gustav Stresemann und der USA entstanden. Die Erholung der Wirtschaft ermöglicht ab 1924 eine Phase der relativen Stabilisierung in den Goldenen Zwanziger Jahren.Goldene Zwanziger JahreDie Wirtschaft ist entlastet. Die Gesellschaft löst sich mehr und mehr aus den konservativen Denkmustern des Kaiserreichs. Frauen zeigen sich selbstbewusst in der Öffentlichkeit in Kleidung und Kurzhaarfrisur, etwa mit dem Bubikopf. Die Neue Sachlichkeit ( Bildende Kunst: S. 207) steht im Mittelpunkt der Kunst – die Stilrichtung beginnt unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg mit Hinwendung zu sozialkritischen Themen.Filme werden populär, die Filmindustrie ist im Aufschwung: Schon vor dem Ersten Weltkrieg gab es in Deutschland sehr viele Lichtspielhäuser, in denen Stummfilme gezeigt wurden. Deutschland produziert nun mehr Filme als alle anderen europäischen Staaten zusammen. Der deutsche Film bringt einige große Regisseure hervor, etwa Das Cabinet des Dr. Caligari von Robert Wiene, 1920 oder Metropolis von Fritz Lang, 1927.Gepflegt wird ebenfalls ein von der US-amerikanischen Kultur übernommener freizügiger Lebensstil.

      Des Weiteren einigt sich Deutschland gemeinsam mit Polen und der Tschechoslowakei auf friedliche Dialoge bei Streitigkeiten. Deutschland wird nun als gleichberechtigter Partner in der europäischen Staatengemeinschaft akzeptiert. Es verzichtet somit auf Elsass-Lothringen, während sich Frankreich aus dem Rheinland zurückzieht. Die Verträge von Locarno stehen für friedliche europäische Politik in den 1920er Jahren. 1926 folgt die Aufnahme in den Völkerbund.

       Der Völkerbund, mit Sitz in Genf, nimmt 1920 seine Arbeit auf. Ziel ist es, den Frieden dauerhaft zu sichern – durch schiedsgerichtliche Beilegung internationaler Konflikte, weltweite Abrüstung und ein System der kollektiven Sicherheit. Dem Völkerbund gehören bei Gründung 32 Staaten an, die den Versailler Vertrag ( Versailler Vertrag: S. 38) unterzeichnet hatten, sowie 13 neutrale Staaten. Bis 1937 schließen sich weitere 21 Staaten an, darunter das Deutsche Reich 1926.


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