Allgemeinbildung zum Mitnehmen. Bärbel Hoffmann

Allgemeinbildung zum Mitnehmen - Bärbel Hoffmann


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in der Weimarer Republik erweist sich als nicht wirklich stabil. Das zeigt sich, als die Weltwirtschaftkrise 1929 ausbricht. Eine weitere Zäsur: Politische Persönlichkeiten, die das demokratische System gestärkt hatten, sterben, zum Beispiel Reichspräsident Friedrich Ebert 1925, Gustav Stresemann 1929. Nachfolger von Ebert wird der parteilose Paul von Hindenburg (1847–1934). Der pensionierte 77-Jährige hatte im Ersten Weltkrieg die Oberste Heeresleitung inne. Die Große Koalition zwischen SPD, Zentrum, DDP (Deutsche Demokratische Partei), DVP (Deutsche Volkspartei) und BVP (Bayerische Volkspartei) bricht auseinander.

       Am 25.10.1929 – Schwarzer Freitag – fallen in New York dramatisch die Aktienkurse. Ein anhaltendes Spekulationsfieber hatte bis dahin die Kurse überbewertet. Sparer und Anleger fordern von den Banken ihr Geld zurück. Die wiederum geraten in Liquiditätsschwierigkeiten. Die amerikanischen Banken ziehen nun die kurzfristig vergebenen Kredite aus Europa zurück. Sie beginnen eine Schutzzollpolitik, um den amerikanischen Binnenmarkt zu schützen. 20.000 Güter, zwei Drittel aller Importe, werden von der Einfuhr ausgeschlossen. Die Abschottung des amerikanischen Marktes trifft auch die deutsche Wirtschaft. Das bedeutet das Ende des Aufschwungs, die amerikanischen Absatzmärkte fallen weg, auch Investitionskapital. Die Zahl der Arbeitslosen steigt dramatisch an: an: 1929 auf 1,9 Millionen, 1932 auf fast 6 Millionen. Die Quote von 15,7 % im Jahr 1930 steigt auf 30,8 % im Jahr 1932.

       Mit den Präsidialkabinetten wird die Politik im Reichstag ohne parlamentarische Mehrheit betrieben. Da es keine 5 %-Hürde für kleine Splitterparteien gibt, sind Entscheidungen im Reichstag unmöglich geworden. Gesetzesentwürfe der Reichsregierung benötigen nicht mehr die Zustimmung des Parlaments, sondern werden vom Reichspräsidenten als Notverordnung durchgesetzt. Die Regierung, geführt von Reichskanzler Heinrich Brüning (1885–1970) von der Zentrumspartei, versucht mit einer radikalen Deflationspolitik die wirtschaftlichen Missstände zu beseitigen. Die Politik ist gekennzeichnet von strikten Sparmaßnahmen und staatlich verordneten Lohn- und Preissenkungen.

      Niedrige Preise sollen deutsche Produkte auf dem Weltmarkt attraktiv machen und den Export ankurbeln. Das führt zu einer ebenso verheerenden Verwirrung wie zuvor die Hyperinflation. Zudem erhöht sich der Geldwert, die Kaufkraft steigt, wohingegen Sachwerte weniger wert sind. Selbst solide Firmen erscheinen nun als überschuldet und müssen trotz voller Auftragsbücher Insolvenz anmelden.

      Als Reichspräsident Hindenburg dem Kabinett die Unterzeichnung weiterer Notverordnungen verweigert, tritt die Regierung am 30. Mai 1932 zurück. In dieser Phase erzielt die Nationalsozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (NSDAP) große Wahlerfolge und wird 1932 zur stärksten politischen Kraft. Aufgrund fehlender Alternativen wird Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt. Der Aufstieg des Nationalsozialismus beginnt.

      Der verlorene Erste Weltkrieg, der Versailler Vertrag mit den hohen Reparationen und Beschränkungen sowie die Wirtschaftskrise führen zur dauerhaften Instabilität. Die Republik wird von links- und rechtsextremen Putschversuchen bedroht. Demokratie hat sich noch nicht in allen Köpfen manifestiert. Durch das in der Verfassung verankerte Notverordnungsrecht können die Grundrechte leicht ausgesetzt werden. Zudem werden die eigenmächtigen Präsidialkabinette nicht mehr vom Reichstag gestützt. Die von der rechten Propaganda verbreitete Dolchstoßlegende fällt auf fruchtbaren Boden.

       Dolchstoßlegende: Eine Verschwörungstheorie, in der verbreitet wird, dass das deutsche Heer im Ersten Weltkrieg keine Niederlage erlitten hätte. Die Kapitulation hätten oppositionelle vaterlandslose Zivilisten, wie Sozialdemokraten und Sozialisten, im Land, in der Heimat herbeigeführt. Das Land habe quasi einen Dolchstoß von hinten erhalten.

      Nachdem Adolf Hitler (1889–1945) 1933 zum Reichskanzler ernannt worden war, baut er mit der NSDAP einen totalitären Führerstaat auf. Antisemitismus und Judenverfolgung gehen in die politische Praxis über. Die nationalsozialistische Ideologie speist sich aus Ideen des 19. Jahrhunderts.

      Ebenfalls ist die Ideologie eine Abwehr der liberalen und parlamentarischen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts. Der Name Drittes Reich wird seit den 1920er Jahren propagandistisch eingesetzt, um die angestrebte Diktatur in eine Tradition mit dem Heiligen Römischen Reich ( Heiliges Römisches Reich: S. 11) und dem 1871 gegründeten Kaiserreich zu stellen. Ältere Ursprünge des Begriffs liegen im Christentum und sind verknüpft mit einer Heilserwartung. Die nationalsozialistische Propaganda lässt den Begriff wegen seiner christlichen Implikationen schließlich fallen.

       Nationalsozialistische Ideologie: Der Sozialdarwinismus ist eine falsche Schlussfolgerung aus der Theorie von Charles Darwin ( Naturwissenschaft: S. 93) über die Weiterentwicklung der Arten durch Anpassung, anders gesagt durch natürliche Selektion. Die Nazis behaupten, dass sich die jeweils stärkere menschliche Rasse im Kampf durchsetzt. Menschliche Kategorien wie Moral spielen für sie keine Rolle. 1853 stellt Joseph Arthur Gobineau zudem die These auf von der Hierarchie der verschiedenen menschlichen Rassen. Er gilt daher als Begründer des rassistischen Denkens. Houston Stewart Chamberlain stilisiert die Arier, eine indoeuropäische Volksgruppe, zu einem höherwertigen Volk. Sein bekanntestes Werk ist Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts (1899). Es wird zu einem Standardwerk des rassistischen und ideologischen Antisemitismus in Deutschland.Als Arier werden Menschen aus dem indo-iranischen Sprachraum bezeichnet – im heutigen Iran und Nordwesten Indiens. Die dort gesprochene Sprache ist Teil der indogermanischen Sprachfamilie, aus der auch die deutsche Sprache kommt. Die lediglich auf die Sprache bezogene Verwandtz sich die falsche Ansicht, die hellhäutigen Europäer stammen von den Ariern ab, die als Kulturbringer gewirkt hätten.Antijudaismus ist in Europa seit der Spätantike und dem Mittelalter präsent. Der christliche Antijudaismus lehnt Juden vorwiegend aus religiösen Motiven ab, da sie nicht an Jesus Christus glauben. Das setzt sich fort, indem Juden sozial und politisch ausgrenzt werden.Im neuzeitlichen Antisemitismus werden Juden vorwiegend mit biologistischen und pseudowissenschaftlichen Begründungen aus der Gesellschaft ausgrenzt. Im Unterschied zu allgemeiner Fremdenfeindlichkeit wird Antisemitismus mit angeblich unveränderlichen Eigenschaften von Juden begründet. Juden sollen immer Verursacher aller möglichen negativen Fehlentwicklungen und menschengemachten Katastrophen sein.Der Nationalismus der Nationalsozialisten grenzt sich vom marxistischen Internationalismus und vom liberalen Nationalbegriff ab und steigert sich zum Chauvinismus. Das heißt zu einem aggressiven Nationalismus, bei dem sich Angehörige einer Nation gegenüber Menschen anderer Nationen überlegen fühlen und sie abwerten.

      All diese Ideologien lenkt der Nationalsozialismus ohne klare Aussage oder Definition in eine aggressive und wirkmächtige Gesinnung.

      Adolf Hitler, geboren 1889 in Oberösterreich, kommt nach einem Lazarettaufenthalt 1918 nach München und stößt als Propagandabeauftragter des Heeres auf die Deutsche Arbeiterpartei (DAP). Sie wird später in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) umbenannt.

      1921 übernimmt Adolf Hitler den Vorsitz der NSDAP. Seine Rhetorik und sein nationaler Radikalismus sprechen ehemalige Soldaten ebenso an wie große Teile der Bevölkerung, die von der Niederlage im Ersten Weltkrieg enttäuscht sind. Mithilfe der von ihm 1921 gegründeten Sturmabteilung (SA) inszeniert Hitler spektakuläre Massenveranstaltungen. Die SA ist eine paramilitärische Kampforganisation und fungiert als Ordnertruppe bei den Versammlungen der Nationalsozialisten. Sie vertreibt politische Gegner mit Gewalt und behindert auf der anderen Seite gegnerische Veranstaltungen.


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