Allgemeinbildung zum Mitnehmen. Bärbel Hoffmann

Allgemeinbildung zum Mitnehmen - Bärbel Hoffmann


Скачать книгу
waren. Auch hatte sich Bismarck gegen den Erwerb von Kolonien ausgesprochen, nicht zuletzt um Spannungen mit den Kolonialmächten England und Frankreich zu vermeiden.

      Wilhelm II. sucht innenpolitisch einen Ausgleich mit der Arbeiterschaft. Außenpoltisch ist die neue Linie bestimmt von imperialistischer Weltmachtpolitik.

      Der Kaiser will die Gleichstellung mit anderen imperialistischen Staaten wie Großbritannien und Frankreich. Dafür vermeidet er langfristige Verpflichtungen durch Bündnisse – Politik der freien Hand –, baut die Flotte aus, tritt oft provokativ und undiplomatisch auf. Kolonien werden im Deutschen Reich zuerst auf Privatinitiative erworben – etwa in Südwestafrika und Ostafrika. Ab 1890 werden Gebiete gepachtet und dann gekauft, 1911 zum Beispiel Neu-Kamerun. Motive sind neben dem Prestigegewinn der gestiegene Bedarf an industriellen Rohstoffen und Nahrungsmitteln.

      Imperialismus

      „Als Zeitalter des klassischen Imperialismus gilt der Zeitraum zwischen 1880 und 1918.

      Internationale Krisen kommen auf. Österreich-Ungarn hat einige slawische Völker unter seine Vorherrschaft gebracht, demgegenüber unterstützt Russland den Panslawismus, also die Vereinigung aller slawischen Völker. Zu ihnen gehören auch die Südslawen auf dem Balkan. Serbien ist unabhängig und erhält von seiner Schutzmacht Russland Unterstützung. Unterdessen sind die europäischen Großmächte in zwei feindliche Bündnissysteme integriert: der Triple Entente zwischen Frankreich, Russland und Großbritannien und dem Dreibund von Deutschem Reich, Österreich-Ungarn und Italien.

      Eine entscheidende Rolle für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs spielt das Pulverfass Balkan. Dort verliert das Osmanische Reich Ende des 19. Jahrhunderts seine langjährige Vorherrschaft. Immer mehr Völker streben nach Unabhängigkeit. In Bosnien fordert die Bewegung der Jungtürken Wahlrecht und Gleichberechtigung für alle Untertanen; sie wollen die türkische Souveränität wiederherstellen. Um das zu verhindern, annektiert Österreich-Ungarn Bosnien und die Herzegowina – Serbien protestiert.

      Die jungen Balkanstaaten führen untereinander Unabhängigkeitskriege. Gestärkt wird dadurch die Position Serbiens. Auf dem Berliner Kongress 1878 war durch Bismarcks Vermittlung zunächst ein Kompromiss geschlossen worden. Doch 1912/13 brechen erneut Unabhängigkeitskriege aus. Russland und Österreich-Ungarn konkurrieren um das Balkangebiet.

      Auslöser für Ersten Weltkrieg

      Die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand am 28. Juni 1914 in Sarajewo lässt im Juli die langjährigen Konflikte zwischen den europäischen Großmächten ausbrechen und führt zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Für das Attentat von Sarajevo macht Österreich die serbische Regierung verantwortlich. Nach einem kurzen Ultimatum erklärt Österreich Serbien den Krieg. Russland macht sich daraufhin für Serbien stark. Das Deutsche Reich wiederum verspricht seinem Bündnispartner Österreich-Ungarn volle Unterstützung und erklärt Frankreich und Russland den Krieg. Als deutsche Truppen in das neutrale Belgien einmarschieren, erklärt auch England dem Deutschen Reich den Krieg.

      Der Kriegsausbruch führt in den beteiligten Ländern zunächst zu einem vehementen Patriotismus. Kaiser Wilhelm II. preist einen Burgfrieden an:

       Mit Burgfrieden ist gemeint, dass Wilhelm II. soziale, politische und religiöse Probleme im Innern beilegen möchte, insbesondere bei der Arbeiterschaft und den Sozialdemokraten, um Zustimmung zu den erforderlichen Kriegskrediten zu erhalten.

      Denn mittlerweile sind die Sozialdemokraten die größte Fraktion im Reichstag. Wilhelm spricht von einem notwendigen Präventivkrieg, quasi einem Verteidigungskrieg, um dem drohenden Angriff zuvorzukommen. Er überzeugt damit das Volk. Der Generalstab erarbeitet den Schlieffen-Plan: Die deutschen Truppen sollen schnelle Erfolge an der Westfront erzielen, um daraufhin mehr Soldaten im Osten gegen Russland stellen zu können.

      Die anfängliche Kriegsbegeisterung im Volk schwindet bereits im September 1914. Der Krieg entwickelt sich zu einem Grabenkrieg, das heißt ein Krieg, bei dem die Fronten aus Schützen- und Laufgräben bestehen. Die Opferzahlen sind enorm. 1917 treten die USA in den Weltkrieg ein, nachdem das Deutsche Reich einen uneingeschränkten U-Boot-Krieg entfesselt hat. Im November 1918 verliert das Deutsche Reich den Krieg.

       Der Erste Weltkrieg fordert eine bis dahin nie gekannte Opferzahl. Über 9 Millionen Soldaten sterben auf den Schlachtfeldern. Hinzu kommen ungefähr 7 Millionen Zivilisten. Das Massensterben geht zurück auf die moderne Kriegsführung, das heißt auf den Einsatz von Maschinengewehren, Flammenwerfern, Handgranaten und U-Booten. Dadurch wird aus großer Entfernung angegriffen. Erstmals wird auch Giftgas eingesetzt.

      Europa hat sich durch den Krieg verändert. Die alten Monarchien gibt es nicht mehr. Im Deutschen Reich wird in der Novemberrevolution 1918 die Weimarer Republik ausgerufen. Die Novemberrevolution beendet das Deutsche Kaiserreich. Aus Protest gegen den Ersten Weltkrieg sind in zahlreichen Städten Streiks und Demonstrationen ausgebrochen. Kaiser Wilhelm II. muss abdanken. Demokratische Parteien übernehmen die Führung. Die allerdings können sich nicht auf eine neue Regierungsform einigen: ob parlamentarische Demokratie oder sozialistische Räterepublik. Weiterhin übernehmen in Russland nach der Oktoberrevolution 1917 die Bolschewiki, also die Kommunisten die Regierung. Europa muss seine Rolle als Weltmacht an die aufstrebenden USA abgeben.

      1918 legt US-Präsident Woodrow Wilson einen 14-Punkte-Plan vor. Darin ist ein Nachkriegseuropa von gleichberechtigten Staaten gelistet sowie ein vermittelnder Völkerbund. Wilsons Vorschlag scheitert an den Siegermächten Großbritannien und Frankreich. Sie hatten sich bereits im Vorfeld über einige Punkte geeinigt und bestehen auf den Versailler Vertrag.

       Versailler Vertrag: Der Friedensvertrag muss im Juni 1919 bedingungslos von der deutschen Regierung unterzeichnet werden. Deutschland wird die alleinige Kriegsschuld zugesprochen. Es muss Gebiete abtreten, zum Beispiel Posen, Teile Oberschlesiens an Polen, Elsass-Lothringen an Frankreich. Das Rheinland wird durch alliierte Truppen besetzt. Die deutsche Armee wird auf 100.000 Mann begrenzt. Die Reparationszahlung beträgt 132 Milliarden Goldmark und jährlich 26 Prozent vom Wert der deutschen Ausfuhr. Was für die damalige Zeit eine ungeheure Summe ist.

      Politisch ist Deutschland nun isoliert und gerät durch die hohen Reparationen in eine tiefe Wirtschaftskrise. Diese erreicht mit der Inflation ( Wirtschaft: S. 147) im Jahr 1923 ihren Höhepunkt.

      Da im Herbst 1918 der Erste Weltkrieg für das Deutsche Kaiserreich bereits verloren ist, weigern sich am 3. November Kieler Matrosen Angriffsbefehle auszuführen. Aus ihrer Sicht ein sinnloses Opfer.

      Von Kiel aus breiten sich Massenkundgebungen, Streiks und Demonstrationen in viele Städte aus – die Novemberrevolution ist in vollem Gange. Es bilden sich Arbeiter- und Soldatenräte nach Vorbild der Russischen Revolution. Das kaiserliche Militär steht der protestierenden Bevölkerung machtlos gegenüber. Am 9. November verkündet Reichskanzler Max von Baden – ohne sich abzusprechen – die Abdankung von Kaiser Wilhelm II. Noch am selben Tag wird die Republik ausgerufen. Ein Machtkampf zwischen gemäßigtem und radikalem Lager entsteht. Schließlich wird im Januar 1919 die Republik ausgerufen.


Скачать книгу