Allgemeinbildung zum Mitnehmen. Bärbel Hoffmann

Allgemeinbildung zum Mitnehmen - Bärbel Hoffmann


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       höhere Löhne

       Wahlen zu einem gesamtdeutschen Parlament

      Danach brechen in allen Staaten Demonstrationen und Aufstände aus: Bei der Märzrevolution 1848 kämpfen die Aufständischen – Bürger, Handwerker, Bauern – gemeinsam. Die Fürsten werden zu politischen Reformen gezwungen. Auch die Großmächte Preußen und Österreich müssen nachgeben und versprechen Erneuerungen.

      Am 18. Mai 1848 wird in der Frankfurter Paulskirche die Nationalversammlung eröffnet.

      Die Abgeordneten sind meist Akademiker, daher spricht man von einem Professorenparlament. Debattiert wird über die Frage, ob Österreich in einem neuen deutschen Nationalstaat einbezogen werden soll oder nicht. Angesprochen ist die großdeutsche oder kleindeutsche Lösung. Ferner gibt es Meinungsverschiedenheiten über die Staatsform. Zur Debatte stehen die Erbmonarchie (wie bisher), die Wahlmonarchie: der Kaiser wird gewählt, oder die Republik: das Volk wird Souverän, hat also die Staatsmacht inne. Ungeklärt bleibt, ob die Großmächte Preußen und Österreich sowie andere deutsche Fürsten ihre Macht an eine gesamtstaatliche Regierung abtreten würden.

      Abgeordnete mit ähnlicher politischer Gesinnung tun sich in Fraktionen zusammen. Daher spricht man von 1848 auch als dem Geburtsjahr deutscher Parteien.

       Auf der linken Seite formieren sich die Demokraten: Sie wollen eine deutsche Republik und fordern politische und soziale Rechte auch für die Unterschichten.

       Die Liberalen setzen dagegen auf die Beibehaltung der Monarchie, die durch ein Parlament kontrolliert werden soll.

       Die Konservativen wollen die alte Ordnung der Herrschaft souveräner Fürsten bewahren.

      Die Debatten in der Nationalversammlung ziehen sich über Monate. Im Dezember werden die allgemeinen Grundrechte verabschiedet. Im März 1849 einigt sich eine liberale Mehrheit auf die Paulskirchenverfassung: Man entscheidet sich für die kleindeutsche Lösung und eine konstitutionelle Monarchie – was heißt, dass die Macht des Königs durch die Verfassung eingeschränkt wird. Allerdings: die Entscheidung wird zwar von 28 deutschen Staaten anerkannt, die Verfassung scheitert jedoch am Veto der Großmächte Preußen und Österreich.

      Zudem hatte Preußen bereits im Dezember 1848 eine Verfassung erlassen. Darin sind viele geforderte liberale Positionen übernommen worden, etwa die Meinungs- und Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit. Die Gewaltenteilung ist jedoch eingeschränkt: Die Gesetzgebung (Legislative) liegt beim König und den beiden Kammern des Parlaments. Beim König allein liegen die Exekutive, also vollziehende Gewalt und das Bestimmungsrecht über die Judikative: Justiz und Richter.

      Im Vielvölkerstaat Österreich wird es in der Hauptstadt im März 1848 brenzlig: Aufständische stürzen in Wien Staatskanzler Fürst von Metternich, sie setzen Pressefreiheit durch und proklamieren eine Verfassung. Kaiser Franz Ferdinand I. macht die Zugeständnisse, flieht im Oktober aber aus der Hauptstadt und bereitet eine Gegenrevolution vor. Ende Oktober ist Wien wieder vollständig unter kaiserlicher Kontrolle.

       Vielvölkerstaat: Zum Kaisertum Österreich gehören Ungarn, der größte Teil Tschechiens, die Slowakei, Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina. 1867 entsteht die Österreichisch-Ungarische Monarchie. Die Bezeichnung k. und k. ergibt sich aus der Doppelmonarchie, also Kaisertum Österreich und Königtum Ungarn.

      Die Rückeroberung Wiens motiviert den preußischen Königshof zur Gegenrevolution. Preußische Truppen marschieren in Berlin ein. Die revolutionären Bürgerwehren werden ohne Widerstand entwaffnet. Im Dezember 1848 löst König Friedrich Wilhelm IV. die preußische Nationalversammlung unter Waffengewalt auf.

      Die Revolutionäre verlieren mit den beiden Großmächten ihre wichtigsten Stützen. Ungeachtet dessen tagt die Nationalversammlung in Frankfurt am Main weiter und verhandelt über einen künftigen deutschen Nationalstaat. Ihre Entscheidungen bleiben jedoch ohne Wirkung. Friedrich Wilhelm IV. lehnt 1849 die ihm angebotene Kaiserkrone ab. Damit ist die Revolution gescheitert. Gründe sind neben der Gegenrevolution auch die unvereinbaren Ziele der Revolutionäre.

       In England startet die Erste Industrielle Revolution bereits 1780. England verfügt über viele Hafenstädte, ein effizientes Kanalsystem und einen florierenden Binnenmarkt. Zudem kann das Land als Kolonialmacht durch den Überseehandel billig Rohstoffe importieren. Die technische Modernisierung der Landwirtschaft und die bessere Bewirtschaftung, etwa durch die Fruchtwechselwirtschaft, sorgen für ein schnelles Bevölkerungswachstum. Dazu tragen auch medizinische Erkenntnisse und die bessere Versorgung der Menschen bei. Dadurch können auch mehr Arbeitskräfte in der wachsenden Industrie eingesetzt werden.Im deutschsprachigen Raum setzt ab 1830 die Zweite Industrielle Revolution ein. Begünstigt durch die Preußischen Reformen ( Preußischen Reformen: S. 29), Bauernbefreiung und Gewerbefreiheit. Der Deutsche Zollverein, gegründet 1834, bewirkt das wirtschaftliche Zusammenwachsen der deutschen Länder. Die Idee ist, die Handelsschranken zu beseitigen und langfristig eine Wirtschaftseinheit zu bilden. Letztlich schließen sich alle deutschen Länder an, außer Österreich. Dabei stellt der Zollverein die Weichen für die kleindeutsche Reichsgründung 1871.Industrielle RevolutionenDie Erste Industrielle Revolution in England rührt von der Erfindung der Dampfmaschine, befördert durch den Kohleabbau. Die Produktivität wächst, mithilfe der Dampfmaschine werden der mechanische Webstuhl und die Spinnmaschine betrieben. Dadurch wird die Textilindustrie zum Motor der englischen Wirtschaft.In der Zweiten Industriellen Revolution steht der Eisenbahnbau im Mittelpunkt. Zum einen beschleunigt die Eisenbahn den Transport von Post, Personen und Gütern, somit den zwischenstaatlichen Handel, zum anderen wächst durch den Bau von Eisenbahnen auch der Bedarf an Kohle und Eisen. Und die Nachfrage nach Stahl und Kohle bewirkt wiederum in Deutschland die Industrialisierung und den Aufschwung der Wirtschaft ab 1830.

      Rasch steigt Deutschland zur Industrienation auf. Bereits 1860 übertrifft der Export den Import.

      Die Gesellschaftsstruktur verändert sich durch den Wandel von der Agrar- zur Industriegesellschaft. Vor allem Kleinbauern und Landarbeiter ziehen in die Städte, die traditionellen Schranken der Ständegesellschaft sind durch die gesellschaftlich-politische Revolution weggefallen.

      Mit der Arbeiterschaft wächst eine neue Gesellschaftsklasse heran. Auf der anderen Seite steigt das Bürgertum, dessen reiche Vertreter über Kapital, Fabriken, Maschinen verfügen, in der Gesellschaftshierarchie auf. Nicht mehr allein die Abstammung zählt, sondern Leistung und Vermögen werden ausschlaggebend für den sozialen Aufstieg.

      Verbesserte Hygiene, zum Beispiel zur Vermeidung des Kindbettfiebers, bahnbrechende Entdeckungen in der Medizin, wie die des Cholera-Erregers oder das Verwenden moderner Anästhesie, bewahrt Menschenleben. Die Ernährung aller Bevölkerungsschichten ist durch Fortschritte in der Landwirtschaft gewährleistet. Die Bevölkerung des Deutschen Reiches steigt von 25 Millionen 1816 auf 65 Millionen 1910. Mitte des 19. Jahrhunderts ist auch die Lebenserwartung stark angestiegen, liegt aber immer noch bei 35 Jahre (Männer), 38 Jahre (Frauen).

      Durch das Bevölkerungswachstum kommt es zu Binnenwanderungen etwa aus den östlichen Gebieten in Industriereviere wie das Ruhrgebiet mit seinen Kohlevorkommen. Der Anteil der Lohnarbeiter an der Erwerbsbevölkerung steigt, die Städte wachsen über ihre Grenzen hinaus und werden zu Ballungszentren. Der Bevölkerungsdruck bewirkt auch eine stetige Auswanderungsbewegung nach Übersee. Zwischen 1820 und 1920 brechen 5 Millionen Deutsche in die Neue Welt auf.

       Bildung


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