Jäger der Finsternis. Rhya Wulf
waren Untote, Wiedergänger…ich meine…“
„In der Tat. Sie waren da. Geht.“
Ein plötzlicher Windstoß, kalt und voll wispernder Stimmen, ließ Fearghas aufblicken. Doch er sah niemanden mehr. Keinen Mann in schwarzer Robe, nur der Wald lag nun wieder schweigend und schwarz vor ihm. Er sah Aíne verblüfft an. Sie grinste breit und zuckte mit den schmalen Schultern.
„Lass uns reiten, ja? Lass uns nach Hause gehen“, Fearghas nickte.
„Ja“, strahlte er sie an, „das machen wir!“
Sie setzten ihre Pferde in Bewegung und fielen in einen leichten Trab.
„Und wie soll deine Tochter nun heißen?“, rief Aíne.
Fearghas lächelte prompt.
„Such du den Namen aus.“
Die Frau musterte das Kind in ihren Armen prüfend. Ihr Pferd lenkte sie im Augenblick allein durch die Kraft ihrer Gedanken.
„Ich glaube“, sagte sie nach einer kleinen Weile, „Niam wäre gut.“
Die Kleine begann daraufhin, fröhlich zu krähen.
„Scheint ihr zu gefallen“, meinte Fearghas grinsend, wurde dann aber ernster. Ein kleiner, nagender Gedanke, der aufkam und so schnell nicht wieder verschwinden würde, beanspruchte seine Aufmerksamkeit: Er hätte seine Familie niemals so beschützen können, wie der Zauberer es eben getan hatte.
Plötzlich riss ein ganz neuer und höchst unerwarteter Eindruck ihn aus seinen Gedanken. Er konnte es nicht fassen, denn wo eben noch kalter Nebel düster um die uralten Bäume herumkroch, da war nun nur noch der alte, halb überwucherte Pfad, der in Richtung des Schwarzen Steines führte. Nichts sonst. Der Wald lag einige Schritt zu ihrer Rechten, schwarz und schweigend. Fearghas hatte keine Ahnung, wann sie den Wald verlassen hatten - oder ob überhaupt - aber es lag auf der Hand, dass der Zauberer ihnen den Weg gewiesen hatte, irgendwie.
Die Fee lächelte und sagte:
„Ja. Er war für uns da. Und er ist es jetzt immer noch.“
Sie trabten weiter und nach einer kleinen Weile fügte sie hinzu:
„Nun…für uns war er da. Heißt das nicht, dass sich die Dinge ändern können? Dass er zu den Menschen zurückkehrt?"
Fearghas zuckte mit den Schultern.
„Ich weiß es nicht. Vielleicht. Hoffentlich."
Aber überzeugt war er davon nicht. Und wieder dachte er über seine Hilflosigkeit nach und wieder missfiel es ihm, obgleich ihm klar war, dass auch der stärkste menschliche Krieger keine Chance gegen gleich drei Elfen gehabt hätte. Und doch fühlte er zur gleichen Zeit tiefste Dankbarkeit und Erleichterung und all das führte zu Unsicherheit und Verwirrung. Schließlich seufzte Fearghas abermals und richtete sich auf. Es wird sich alles fügen, dachte er, ganz sicher, irgendwie. Es muss einfach. Und dann dachte er und hoffte, dass der Zauberer es wahrnehmen würde:
Danke.
Keiner bemerkte die große, massige Gestalt, die den Weg der drei Reisenden mit auf dem Rücken verschränkten Händen ganz genau verfolgte, so lange bis sie sicher in Camran, Caenas Siedlung, ankamen. Er konnte sehr weit sehen, weiter als sonst jemand und Hindernisse wie Bäume und dergleichen spielten dabei kaum eine Rolle.
Der Blick des Zauberers ruhte düster und nachdenklich auf der kleinen Familie, denn er hatte das unergründliche Gefühl, dass etwas mit der Kleinen nicht stimmte. Er konnte nur nicht sagen, was. Und dieser Umstand irritierte und nervte ihn. ALLES zu wissen, war sozusagen sein Markenzeichen. Er wusste allerdings, wer dahintersteckte, wer immer dahintersteckte.
Daher drehte er sich auch nicht um, als er sagte:
„Was immer du planst, lass es lieber bleiben.“
Eine Stimme hinter ihm in der Dunkelheit antwortete:
„Kannst du mir mal erklären, wie du das immer anstellst? Meine Güte, ich habe absolut kein Geräusch verursacht, das wird langsam lächerlich.“ Und mit diesen Worten trat Aengus aus dem Schatten neben den Zauberer und baute sich mit vor der Brust verschränkten Armen vor ihm auf.
„Lenk nicht ab“, erwiderte Cathbad unwirsch.
„Weiß gar nicht, was du meinst“, erklärte der andere unschuldig. „Und mal ehrlich: Wenn du verlangst, ich solle nichts planen, ach herrjeh, wenn der Zeitpunkt tatsächlich mal da ist, heißt das nur eines: Ich bin tot.“
„Sehr witzig, Aengus. Wie immer.“
„Weiß ich doch! Und davon mal abgesehen, hat Aíne recht, von mir ganz zu schweigen: Du solltest die Wunde behandeln lassen. Dian Cecht wartet schon und die Standpauke, die er mal wieder für dich hat, will ich nicht verpassen.“
Der Zauberer warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
„Lass es.“
„Kommst du zurecht?“
„Sicher.“ Der Zauberer hob eine Hand zur Brust, betastete die Wunde und konzentrierte sich.
Bestandsaufnahme:
Schnitt in der rechten Kammer, nicht tief, innere Blutungen. Hauptschlagader unverletzt. Geht doch.
„Hm“, brummte der junge Mann, „geht doch, meinst du? Sehe ich etwas anders. Dian Cecht hat es gesagt: Dein Herz. Was hat er gemeint?“
„Frag ihn.“
Der Jüngere seufzte und beschloss, das Thema zu wechseln, denn er kannte diese Stimmung nur zu gut.
„Was das Kind angeht: Das Wichtigste ist, dass du mir vertraust.“ Er klang jetzt ernster und der Zauberer maß ihn mit langen Blicken.
„Aengus, sie kannte mich. Sie hat mich erkannt. Was hast du vor?“
Dann atmete er einmal tief durch und lehnte sich an einen Baum, der freundlicherweise extra zu diesem Zweck ein Stück nähergekommen war.
Der junge Mann machte einen schnellen Schritt auf den Zauberer zu und nahm seinen Arm.
„Komm“, sagte er sanft, „es ist Zeit, nach Hause zu gehen.
Tja, ich darf also vorstellen: Cathbad, der Zauberer. Um ihn geht es hier in dieser Geschichte…aber wie ihm selbst gerade klar geworden sein dürfte, nicht nur um ihn.
Gut, oder?
Nun, das wisst ihr jetzt nicht, aber ich helfe euch: Die Antwort, die ihr geben müsst, lautet:
Ja. Sehr gut sogar!
So, was nun…?
Ah ja, sehen wir mal hierhin:
Gormals Haus, zur selben Zeit
Der Junge schlief unruhig, wälzte sich hin und her, als die grausamen Traumbilder seinen Geist heimsuchten:
„Du warst es! Es ist deine Schuld! Deine Schwester ist deinetwegen tot! Ich sagte dir, räum deinen Ball auf, aber du musstest ja mal wieder ungehorsam sein, verdammter kleiner Schwächling! Und sowas soll mein Sohn sein? Sieh, was du angerichtet hast!“ Der Mann wies mit einem anklagenden Zeigefinger auf das kleine Mädchen, das mit gebrochenem Genick am Boden lag. Der Junge stand starr vor Schreck im Türrahmen und starrte voll ungläubigem Entsetzen auf das grauenvolle Schauspiel. Er sah das Blut, das aus der Nase des kleinen Mädchens - seiner Schwester – floss; er sah das Blut, das aus den aufgeplatzten Lippen sprudelte und als er schließlich langsam und mühsam den Blick dem Mann zuwandte, nahm er das Blut an dessen Faust wahr. Das Feuer flackerte hell in der Feuerstelle und der Junge meinte, dort vertraute Umrisse entdecken zu können: Der Schatten, der dort langsam im Feuer schmolz, sah dem kleinen Püppchen, das er für seine Schwester angefertigt hatte, sehr ähnlich - sie hatte sonst keine Spielsachen, ihr Vater hatte es verboten. Er meinte, es müsse reichen, dass er das Kind eines anderen Mannes aufzog, dafür solle das Mädchen gefälligst dankbar sein. Diese und andere Gedanken schossen dem Jungen durch den Sinn, als er den Mann, der sein