Ray Bradbury - Poet des Raketenzeitalters. Hardy Kettlitz

Ray Bradbury - Poet des Raketenzeitalters - Hardy Kettlitz


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geht zu der Stelle, wo der Bademeister sie gefunden hat, und da steht eine Sandburg, nur zur Hälfte gebaut. Der Schluss der Erzählung lautet:

      Ich ging am Strand entlang zurück zu der Stelle, wo eine fremde Frau namens Margaret auf mich wartete und lächelte …

      Dies ist eine der traurigsten frühen Geschichten Bradburys, der hier den Verlust der unschuldigen Jugendliebe und der Kindheit betrauert.

      Bradbury betrachtet den Text als eine seiner ersten wirklich gelungenen Geschichten. Vielleicht auch deshalb, weil sie auf einer Kindheitserinnerung basiert. Das Mädchen, das damals tatsächlich ertrunken ist, hatte er persönlich nicht gut gekannt, aber er konnte sich laut seiner Biografie gut an die Stimmung am Strand erinnern.

      Die Geschichte wurde für die Serie THE RAY BRADBURY THEATER verfilmt.

      (Juli 1944 in WEIRD TALES, enthalten in Dark Carnival, The October Country und The Stories of Ray Bradbury; dt. »Es war einmal eine alte Frau«)

      Die alte Tante Tildy bekommt Besuch von einem Mann in Schwarz, der von vier anderen Männern begleitet wird, die einen großen Weidenkorb mit sich führen. Tante Tildy erklärt, dass sie nicht an den Tod glaubt, doch kaum ist sie einen Moment eingenickt, da sind die Männer auch schon wieder gegangen … mit Tildys Körper. Doch das lässt sich die alte Dame nicht gefallen. Die junge Emily, die Tildy regelmäßig besucht, bekommt einen Schreikrampf, als sie Tildys Geist vor sich stehen sieht. Als sie sich beruhigt hat, bleibt ihr nichts weiter übrig als Tildy ins Leichenschauhaus zu fahren, wo die alte Tante so lange Ärger macht, bis man ihr wieder ihren Körper aushändigt und sie hineinschlüpfen kann.

      Es handelt sich um eine witzige und beschwingt erzählte Geistergeschichte, in der die Protagonistin durch ihre unerschütterliche Entschlossenheit und Starrköpfigkeit dem Tod ein Schnippchen schlägt und schließlich unbehelligt weiterlebt, weil sie eben nicht an den Tod glaubt.

      Die Geschichte wurde für THE RAY BRADBURY THEATER im Jahr 1988 verfilmt, hier mit einem deutlich düstereren Ton. In der Hauptrolle ist eine umwerfend gute Mary Morris zu sehen, die bereits 1940 an der Seite von Conrad Veidt in Der Dieb von Bagdad spielte und die tatsächlich fünf Monate nach der Erstausstrahlung der Folge im Alter von 72 Jahren starb.

      (September 1944 in WEIRD TALES, enthalten in Bradbury Stories: 100 of His Most Celebrated Tales; nicht auf Deutsch)

      Hier erzählt Bradbury die Geschichte von Johnny, einem jungen Soldaten im Zweiten Weltkrieg, der die Gefahren des Krieges nicht erkennt und die Gefechte als Spiel ansieht. Wenn er einen deutschen Soldaten getroffen hat, ruft er »Bang! I gotcha!« oder Ähnliches, und er begreift nicht, dass die getroffenen Leute tatsächlich tot sind. Selbst seine eigenen Kameraden hält er nicht für tot und fordert sie auf, wieder aufzustehen, nachdem sie getroffen wurden. Seine Freunde versuchen ihm die Realität klarzumachen, müssen aber erkennen, dass Johnny vermutlich seine verdrehte Weltsicht hat, um nicht verrückt zu werden. Die Geschichte geht glücklich aus: Johnny wird zwar verwundet, am Ende jedoch zu seiner geliebten Mutter nach Hause geschickt.

      Bradbury wollte hier sicher darauf hinaus, dass die meisten Soldaten im Krieg noch viel zu jung sind, um die Konsequenzen ihrer Handlungen voll zu erfassen.

      Zu fünf Erzählungen aus dem Jahr 1944 liegen leider gar keine Informationen vor, da sie nie übersetzt wurden und auch in keinem Sammelband enthalten waren: »The Monster Maker« (Frühjahr 1944 in PLANET STORIES), »Morgue Ship« (Sommer 1944 in PLANET STORIES), »And Then – The Silence« (Oktober 1944 in SUPER SCIENCE STORIES), »Lazarus Come Forth« (Winter 1944 in PLANET STORIES) und »Undersea Guardians« (Dezember 1944 in AMAZING STORIES, 1992 in Combat! Great Tales of World War II, Hrsg. Bill Pronzini & Martin H. Greenberg).

      (November 1944 in WEIRD TALES, enthalten in Dark Carnival, The October Country und The Stories of Ray Bradbury; dt. »Das Glas«)

      Auf einem Jahrmarkt entdeckt Charly ein faszinierendes Ding, das in einem Glas mit Spiritus ausgestellt wird. Er schwatzt es dem Schausteller für 12 Dollar ab, um zu Hause seine Freunde zu beeindrucken. Er stellt es auf sein Regal, und die Nachbarn, die ihn nun regelmäßig besuchen, stellen Vermutungen an, was das Ding im Glas sein könnte. Nur Charlys Frau Thedy ist skeptisch. Sie behauptet ein paar Tage später, dass sie den Schausteller aufgesucht hat und er ihr verraten hat, dass es sich nur um Müll und Draht handelt. Doch Charly will das nicht glauben. Er weiß, dass seine Frau schon lange nicht mehr zu ihm hält. Dass Charly seine Frau später umbringt, wird in der Geschichte nur angedeutet. Am Ende sitzen wieder alle Nachbarn um das Glas und stellen weiter ihre Vermutungen an, was wohl darin sein könnte.

      Im Grunde handelt es sich um eine Horrorstory, wenn auch eine sehr stille und besinnliche. Bradbury verrät nicht, was sich tatsächlich in dem Glas befindet und ob Thedy vielleicht recht gehabt hat mit ihrer Behauptung.

      Die Geschichte wurde für die Serie THE RAY BRADBURY THEATER verfilmt.

      (Januar 1945 in WEIRD TALES, enthalten in Bradbury Stories: 100 of His Most Celebrated Tales; nicht auf Deutsch)

      David ist Dichter, und endlich ist ihm der große Durchbruch gelungen. Er ist mit seinem neuen Gedicht sehr zufrieden und liest es seiner Frau Lisa vor. Danach unternehmen die beiden einen Spaziergang, und Lisa stellt dabei fest, dass all die Dinge, die David beschrieben hat, verschwunden sind. Vor allem die Blumen im Tal. Bei jedem neuen Gedicht passiert etwas Ähnliches und Lisa fürchtet sich, dass David etwas wirklich Wichtiges in seinen Gedichten beschreiben könnte. Doch David ist wie im Rausch und fest davon überzeugt, nun einer der ganz Großen zu werden.

      Die Pointe lässt sich schnell erahnen: Lisa bleibt keine andere Möglichkeit als David dazu zu bringen, sich selbst in einem Gedicht zu beschreiben. Als einige Zeit später der New Yorker Verleger den jungen Dichter besuchen will, ist nicht nur dieser verschwunden, sondern auch sein Haus und sämtliche Vegetation im Tal. Zumindest konnte Lisa ihren Mann davon abhalten, ein Gedicht über die Erde oder das ganze Universum zu schreiben.

      (März 1945 in WEIRD TALES, enthalten in Dark Carnival, The Small Assassin und The Toynbee Convector; alternativer Titel »Exit Mr White«; dt. »Der Grabstein«)

      Das Ehepaar Walter und Leota ist auf einer Reise und nimmt sich unterwegs ein Zimmer zum Übernachten. Mitten im Zimmer finden sie einen Grabstein. Leota will nicht das Zimmer mit einem Toten teilen, doch der Hausbesitzer erzählt, dass der Vormieter ein Steinmetz war, der ausgezogen ist und den Grabstein zurückgelassen hat, weil der Name darauf falsch geschrieben ist. In der Nacht fürchtet sich Leota, weil sie Geräusche hört, die sie einem Geist zuschreibt. Irgendwann klopft es an der Tür, und der Steinmetz kommt, um den Grabstein abzuholen. Walter ist erleichtert, denn nun ist klar, dass Leota nicht die Nacht im selben Haus mit einem Toten verbringen muss. Doch kurz darauf belauschen sie, wie der Steinmetz den Grabstein in der Wohnung unter ihnen abliefert, denn der dort gerade verstorbene Mann hatte zufällig genau den Namen, der auf dem Grabstein eingemeißelt ist.

      Die Geschichte wurde für die Serie THE RAY BRADBURY THEATER verfilmt.

      (Mai 1945 in WEIRD TALES, enthalten in Bradbury Stories: 100 of His Most Celebrated Tales; dt. »Die Beobachter«)

      Der Erzähler der Geschichte, die im Sommer 1944 spielt, ist Sekretär bei Mr. Tinsley, einem


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