Ich sag's mit Sax!. Kathrin Eipert

Ich sag's mit Sax! - Kathrin Eipert


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– keine Tür! Man geht nicht einfach durch eine Tür und ist am Ziel. Und eine Treppe kann man recht mühsam nach oben steigen, aber ebenso flott nach unten stolpern … und in High Heels geht’s noch schneller abwärts! Aber oft war das Glück an meiner Seite.

Storys hinter der TV Kamera

       Vom Fern-Sehen

      Wenn sich ein Künstler nur auf sein Glück verlässt, wird er ganz schnell vom Glück verlassen sein. Zu unserem Beruf gehört mehr, als so mancher glaubt. Das Zauberwort heißt Arbeit. Damit meine ich Beständigkeit, Biss, Kreativität und immer wieder üben, üben und nochmals üben. Sonst sieht man dem Geschäft schneller zu, als einem lieb ist – und zwar aus der Ferne!

      Da ich das nicht vorhatte, war ich längst zum Arbeiter geworden. Ich wollte nicht auf dem Sofa liegen, Schokolade in mich reinstopfen und über andere Leute im Fernsehen meckern.

      Und ein Künstler braucht Öffentlichkeit. Er muss gesehen werden – am besten im Fernsehen. Mein Ziel war, es wenigstens selbst zu versuchen. Dass diesen Gedanken Unmengen an Menschen haben, ist zu jeder Tageszeit im TV zu erleben. Nun gut, bei manchen klappt es, bei manchen geht es schief. Welche Varianten hatte ich also für mich?

      Das Risiko, dass mein Fernsehauftritt bei Günther Jauchs »Wer wird Millionär« in öffentlicher Blamage endet, war zu hoch. Ehrlich, dafür bin ich zu doof.

      Für die Chirurgen-Sendung »Extrem schön« war ich eventuell von Mutter Natur noch zu gut ausgestattet, also nicht hässlich genug. Ich halte mich zwar nicht für schön, aber wenn ich gebadet, eingecremt und geschminkt bin, ist es zumindest irgendwie auch ohne plastische Chirurgie zu vertreten. Und das »Dschungelcamp« kam für mich als Vegetarier und mit einigen Phobien belastet auch nicht in Frage. Es gibt noch »Frauentausch«. Aber das hätte extremes Aufräumen bedeutet. Irgendwie ist bei mir im Haus immer das Chaos vorherrschend. Ich hatte ja schon als Kind in Ordnung nur ne Zwei auf dem Zeugnis. Außerdem, welcher fremde Mann könnte mich und mein ständiges Saxophonspiel eine Woche lang ertragen? Diese Kraft hatte nur einer, und der hätte mich NIEMALS eine komplette Woche mit einer anderen Frau getauscht.

      Beim Schreiben dieser Zeilen stockt mir gerade der Atem – ich hab IHN eigentlich nie danach gefragt …

      Oh, also schnell zurück zur Realität!

      Meine realistische Chance ins Fernsehen zu kommen, bestand also nur, wenn ich gute Arbeit vorlegte und mein Saxophon klingen ließ. Dieser Grundsatz zieht sich bis heute durch mein Leben. Ich hab ganz sicher ne Menge Fehler, aber mangelnden Fleiß kann mir niemand vorwerfen.

      Nun ist Fernsehen aber ein sehr spezielles Thema.

      Als Zuschauer erlebt man immer die perfekte Show, hoch professionell inszeniert. Allerdings – wie im wahren Leben auch – spielen sich hinter den Kulissen manchmal lustige, manchmal auch tragische und nicht immer vorhersehbare Dinge ab. Und genau dahin möchte ich Sie jetzt mitnehmen und Ihnen einige Begebenheiten erzählen.

       Wie ein Balletttänzer meinen Auftritt rettete

      Vorweihnachtszeit 2011.

      Es stand eine Musiksendung im Fernsehen an.

      Für einen Instrumentalisten ist das prinzipiell ein großes Glück, zum ganz großen Glück wird es, wenn man diese Chance bekommt, ohne einen Namen wie zum Beispiel Claydermann oder Garrett zu tragen. Und da mein Name Kathrin Eipert ist, ich aus Brehna komme, und ich weder ein Management noch eine Plattenfirma mit entsprechenden »Vitamin-B-Kontakten« im Rücken habe, war es echt phänomenal.

      Es ging also in die Chemnitzer Stadthalle zur Aufzeichnung von »Weihnachten bei uns« mit Inka Bause. Der Weg klingt kürzer als er ist, nicht unbedingt in Kilometern gerechnet, sondern in Zeit. Ich füge vor TV-Shows dieses Kalibers nämlich immer einige »Umwege« ein.

      Umwege zum Frisör, Umwege zur Kosmetikerin, Umwege ins Fingernagelstudio. Nicht zu vergessen sind die Umwege in Boutiquen. Irgendetwas brauche ich ja immer zum Anziehen, und zwar etwas Neues, Schönes, Passendes. Einkaufen ist für mich übrigens der absolute Horror. Es ist eine wahnsinnige Zeitinvestition, bis ich das passende Outfit komplett habe. Passen muss die Klamotte ja zu mir, zum Musiktitel und nicht zuletzt zum schwarz-silbernen Sax.

      Ich beneide jeden Star, der dafür Profis an seiner Seite hat!

      Und ganz sicher wünschen sich meine begleitenden Freunde auch, dass ich dafür ’nen Profi hätte. Sie erleben nämlich bei meinen Shopping-Trips die gesamte Klaviatur der Emotionen.

      Nun gut, die Umwege lagen erfolgreich hinter uns (ich besaß ein neues Abendkleid, schwarz, mit lachsfarbener Schleppe) und meine beiden Techniker und ich kamen in Chemnitz an.

      Es war eine Weihnachtssendung mit wirklich gelungener Kulisse. Der MDR hatte eine Kombination aus Weihnachtslandschaft, kleinen Fachwerkhäusern und tausenden Lichtern aufgebaut.

      Meine Musik war total romantisch – ein Medley aus Bette Midlers »The rose«, »From a distance« und »Wind beneath my wings«.

      Der Auftritt war so geplant, dass vier tolle Tänzer vom MDR Fernsehballett mir optische Unterstützung gaben und ich in einer riesigen Weihnachtskugel spielte.

      Diese Weihnachtskugel war ein dekorierter, knapp zwei Meter großer Luftballon.

      Der Riesenballon ist eigentlich wie jeder normale kleine Luftballon auch, nur wesentlich größer. Ich musste da ja reinpassen. Das Zeug besteht aus Gummi. Wie sich jeder vorstellen kann, ist Gummi nicht wirklich atmungsaktiv. Und bei einem Durchmesser von etwa einem Meter achtzig ergibt sich ein Volumen von knapp über drei Kubikmetern, also deutlich kleiner als beispielsweise ein Renault Twingo. Nicht wirklich viel, um darin längere Zeit zu verweilen …

      Und zusätzliches Fernsehlicht macht zwar immer ausgesprochen schön, ist aber gefühlt heißer als die Sonne.

      Ich möchte Ihnen meine Situation etwas verdeutlichen. Stellen Sie sich bitte vor, Sie sitzen fünfzehn Minuten im Hochsommer bei gleißendem Sonnenlicht im komplett geschlossenen Renault Twingo – und zwar ohne Klimaanlage! Recht zügig steigt die Temperatur auf über 50 Grad Celsius und Sie werden beginnen, extrem zu schwitzen. Ich auch!

      Die Maske hatte echt großartige Arbeit geleistet, die Frisur hielt wie ursprünglich gedacht und das Make-up sah aus, als würde ich mich völlig normal fühlen. Dass meine Garderobe inzwischen komplett nassgeschwitzt war, konnte der TV-Zuschauer weder sehen noch riechen.

      Nur die Luft wurde irgendwann knapp. Aber gut, darauf war ich ja trainiert.

      Doch eine winzige Kleinigkeit hatte ich nicht bedacht: Meine Hände waren auch nassgeschwitzt.

      An einem ganz bestimmten Punkt im Lied musste der Ballon wirkungsvoll knallen und ich in voller Schönheit weiter spielen.

      Da ich das musikalische Arrangement kannte wie kein zweiter, sollte ich den Ballon zum Knallen bringen. Dafür hatte ich im Kleid eine Nagelfeile befestigt, die ich nur kurz raus ziehen und in den Ballon stechen musste. Eigentlich ein guter Plan. Wenn da nicht die nassen Hände gewesen wären. Die dämliche Nagelfeile rutschte durch meine Finger, noch bevor sie den Ballon auch nur annähernd erreichte. Ich versuchte kurz, durch einen kräftigen Boxschlag den Knall zu erzwingen – aber auch das ging schief. Panik setzte ein.

      Da hatte ich es bis zu einer Musiksendung geschafft und sollte trotz neuem Kleid und perfekter Maske die Sendung als Silhouette im Gummiballon verbringen? Nun, es sah fast so aus.

      Der Regisseur, Axel Müller-Hönow, gab mir noch eine einzige Chance, ansonsten wäre der Beitrag vielleicht sogar komplett aus der Sendung geflogen. Diesen Umstand bekamen natürlich auch die Tänzer vom Fernsehballett mit.

      Der


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