Ich sag's mit Sax!. Kathrin Eipert

Ich sag's mit Sax! - Kathrin Eipert


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Solche Menschen, die mit einem Satz meine (mir auch durchaus anzusehende) Verzweiflung in Lachen auflösen können, sind echt Gold wert.

      Ich ging Stunden später also wieder in den Ballon, logischerweise noch mehr schwitzend als sonst – wegen Aufregung pur! Mein Herz schlug so sehr, dass mein (zusätzlich wärmender) Pushup-BH nicht nötig gewesen wäre.

      Es kam diese Stelle im Lied – und – JA!

      Er knallte punktgenau, die mir entgegen kommende warme Studioluft empfand ich kühlender als einen Polarsturm und spielte erfrischt, zufrieden und überglücklich weiter.

      Bei der After-Show-Party war dann auch ich tiefenentspannt. Außerdem war es mir eine Freude, bei einem Glas Sekt mit den Höhnern zu plaudern. Und in der Künstlergarderobe hatte ich mit Veronika Fischer und Margot und Maria Hellwig eine Menge Spaß …, klar, wenn vier Blondinen sich die Garderobe teilen …!

       Zu Gast im Mittagsmagazin

      Ich bekam die erste Einladung ins Mittagsmagazin »MDR um zwölf«. Das bedeutete: Ich durfte als Studiogast der charmanten Moderatorin Andrea Horn gegenübersitzen, über neue Projekte mit dem Saxophon und meine Arbeit als Saxophon-Lehrerin mit den Kindern und Jugendlichen erzählen. Natürlich bereitete ich mich darauf vor und überlegte, was das Publikum interessieren könnte.

      Einer meiner Lebensgrundsätze ist: »Unterschätze niemals dein Publikum!« Ich glaube, dass das ein grober Fehler wäre. Die Leute, die mir zuhören, will ich auch begeistern. Und JEDER kann Musik beurteilen, völlig unabhängig von der eigenen Musikalität. Ich vergleiche es gern mit einem Bäcker. Wenn ich seinen Kuchen esse, kann ich ja auch sagen, ob er mir gut schmeckt oder nicht. Dafür muss ich nicht selbst backen können. Und so ist es auch mit der Musik. Außerdem merken die Zuschauer ganz schnell, wenn Sie verarscht werden. Die Leute sind ja nicht dumm.

      Also brauchte ich, um die Zuschauer nicht zu langweilen, schon die Ordnung in meinem Kopf – was ist wichtig, was unwichtig. Zufällig kündigte sich in unserem Haus kurz vorher Besuch an, nämlich Wolfgang Winkler. Wolfgang spielte in der Krimiserie »Polizeiruf 110« neben Jaecki Schwarz den Hauptkommissar Schneider und hatte mir Galaxien von Erfahrungen bei TV-Interviews voraus. Also erzählte ich Wolfgang von meiner Einladung und bat ihn um Hilfe. Als erstklassiger Schauspieler fing er an zu zelebrieren, er erzählte voller Betonung über Gott und die Welt und war richtig in einer Rolle drin, ich hörte ihm zu gern zu!

      Plötzlich kam der entscheidende Tipp: »Sag doch einfach: FRAUEN BLASEN BESSER – leg eine kurze Atempause ein, und sprich dann weiter – DAS SAXOPHON!«

      Wolfgang trug das alles vor wie ein Theaterstück von Berthold Brecht und aus seinem Mund klang es total seriös und klug, richtig weise! Fast so, als würde ich Helmut Schmidt zuhören. Ich war begeistert von seiner Schauspielerei und speicherte seine Worte in meinem Hinterkopf ab.

      Magdeburg, Landesfunkhaus.

      Die Maske schaffte es, mein Gesicht kameratauglich zu schminken und ich fühlte mich großartig. Matthias Makosch, der verantwortliche Redakteur, war eine Seele von Mensch und Moderatorin Andrea Horn (ich mag sie sowieso) nahm mir wie immer das Lampenfieber durch ihre lockere Ausstrahlung.

      Irgendwann fragte sie mich dann, ob das Instrument nicht ungewöhnlich für eine Frau sei. In diesem Augenblick fiel mir Wolfgangs Vortrag ein und ich polterte los: »Sehen Sie, es ist so … Frauen blasen besser – das Saxophon«.

      Ich merkte schlagartig, dass es bei mir nicht wirklich klug und weise rüberkam. Ich merkte auch, dass sogar Andrea irritiert war und kurz nach einer passenden Antwort suchen musste.

      Ich sah sofort ein, dass ich mächtig Mist erzählt hatte. Und war wieder um eine Erfahrung reicher: Jemanden kopieren zu wollen, kann richtig schiefgehen. Und – warum wollte ich eigentlich eine Kopie spielen – wenn ich doch als bemerkenswertes Original auf die Welt kam! Heute lachen wir natürlich über diese Geschichte und manche Dinge passieren nun mal …

      Viel Zeit zum Ärgern hatte ich auch nicht. Noch am gleichen Tag führte mein Weg 600 Kilometer weiter nach Friedrichshafen, zur Generalprobe für den Weltkonzern EADS Astrium. Ich war am nächsten Tag zur Eröffnungsshow der Tagung über die neuesten Entwicklungen der Luft- und Raumfahrttechnik gebucht. Nicht wirklich mein Fachgebiet. Abendsprache war englisch und ich hatte von dem Thema nicht mal in Deutsch eine Ahnung. Also bereitete ich mich auf meine Englisch-Moderation sicherheitshalber auch die gesamte Autobahnfahrt vor.

      Klar saß ich nicht selbst am Steuer. Bei allen Veranstaltungen begleitet mich ein Mann. Er fährt das Auto, er sitzt am Mischpult und regelt den Ton, er korrigiert mich durch Tipps, er macht Fotos für Facebook, er passt auf, dass ich nichts vergesse, er sorgt für Süßigkeiten im Auto und heißt Peter.

      Peter schließt vorm Auftritt sogar meine Abendkleider – und er meckert dabei regelmäßig, wenn der Reißverschluss mal wieder etwas schwerer zu geht.

      Aber das liegt daran, dass die Kleider durch SEINE eingepackten Süßigkeiten im Auto irgendwie einlaufen.

      Peter ist oft an vielen Dingen schuld …!

       Das Lied vom Schwan

      Danny Dittrich gehörte zu den Künstler- und Konzertagenturen, die mich inzwischen regelmäßig buchten. Er sorgte so dafür, dass ich ebenso regelmäßig alle anfallenden Rechnungen im Alltag bezahlen konnte. Ich mochte ihn und schätzte ihn schon damals wegen seiner außergewöhnlichen Inszenierungen.

      Eines Tages rief er an und meinte, für eine bestimmte Gala wäre etwas mehr Aufwand erforderlich. Ich sollte ein Lied speziell für seine neue Show produzieren. Er sagte: »Kathrinchen, das gewünschte Lied heißt Schwanensee!«

      Oha, nun gut … Tschaikowskis Ballettmusik fand ich schon faszinierend. Schließlich handelt es von einer Prinzessin, die vom bösen Zauberer in einen wunderschönen Schwan verwandelt wurde. Und nur die bedingungslose Liebe eines Prinzen konnte diesen Zauber rückgängig machen. Ich fand es ein grandioses Thema, ein wahrer Diamant unter den Edelsteinen der Klassik. Und eine Melodie – bestens geeignet zum Interpretieren – also ganz großes Kino!

      Ich sagte sofort am Telefon zu und bat ihn, mir einen tollen Prinzen in Form eines klassischen Balletttänzers für die Live-Inszenierung an die Seite zu stellen. Erstaunt fragte er, warum es ein Prinz sein sollte und im Original komme doch ein Prinz gar nicht vor …

      Wir redeten offensichtlich über sehr unterschiedliche Themen. Auf genauere Nachfrage von mir kam seine Antwort: »Na was weiß ich wie das Lied genau heißt! Irgendwas mit Schwan!« Mir »schwante« es – und so produzierte ich statt Tschaikowskis Schwanensee nun den Schwanenkönig von Karat.

      Die Gala war ausverkauft und meine Fassung des »Schwanen-Königs« schien echt zu gefallen. Das musste ich nutzen! Ich erinnerte mich an Rainer Trautmann, einen Radio-Redakteur beim MDR, rief ihn an – bekam einen Termin und spielte ihm das Lied vor. Kurz darauf lief »mein Schwanenkönig« sogar im Radio. Die momentane Glückssträhne hielt an und ich bekam die Zusage für »Musik für Sie«, einer Samstagabend-Show.

      Tragischerweise brach jetzt die Vogelgrippe aus!

      Und ich hatte ein Lied im Gepäck, das nicht von liebenden Prinzen handelt, sondern von einem liebenden – aber sterbenden Vogel. »Es ist ein Schwanenkönig, der in Liebe stirbt!«

      So schnell, wie ich im Fernsehen war – war ich fast wieder raus. Denn ein Redakteur empfand es als völlig abartig, zu dieser Zeit auch noch musikalisch Vögel sterben zu lassen. Und als »Nobody-Z-Promi« diskutiert man nicht mit TV-Leuten. Aber irgendwie fanden sie das Lied dann doch zu schön, um es in den Papierkorb zu verdammen. Nach sehr klarer und akzentuierter Ansage des zuständigen Regisseurs musste der geniale Background-Gesang »wenn ein Schwan singt …« auf »ha-ha-ha-hah« (man nennt das »Vocalisen«) umgestellt werden.

      Ich


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