Lehren und Lernen auf der Sekundarstufe II (E-Book). Группа авторов

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Ansatzes betrieben werden. Bei so viel externen Anforderungen und steigenden internen Ansprüchen ist der Ruf nach integrierter Kommunikation geradezu zwangsläufig. Aber: Würde das geschehen, wären die Universitäten klar strukturierte und geführte Organisationen. Schluss mit jeglicher Matrix, Schluss mit Selbstverwaltung. Die Universitäten wären in der Unternehmenswelt angekommen. Ziel erreicht? Was aber macht die Institution Universität aus – oder ist die Universität eine x-beliebige Organisation?

      Tatsächlich gibt es einen starken Veränderungstrend in der universitären Kommunikation, neu gerne als Hochschulkommunikation bezeichnet, den ich – zugespitzt – soeben dargestellt habe: Über die Vermittlung von besonderen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Leistungen und besonderen institutionellen Begebenheiten hinaus, über die man Externe wie Interne gerne orientiert, ist eine nach Binnen- und Außenkommunikation differenzierte Kommunikationspraxis entstanden. Doch: Diese Veränderung – das ist die zentrale Ausgangsthese des Beitrages – wurde nicht reflektiert und geplant. Sie ist das faktische Ergebnis zweier Einflussgrößen: Zum einen sind es die vielfältigen externen Umwelteinflüsse, die zu einer neuen Governance an Hochschulen wie Wissenschaftsorganisationen geführt haben. Vielfach werden diese Einflüsse mit den Schlagworten «Ökonomisierung», «Politisierung» und eben «Medialisierung» benannt. Zum anderen sind es die Folgen der Steigerung der Binnenkomplexität jeder einzelnen Hochschule bzw. Wissenschaftseinrichtung. Veränderungen in der Kommunikation sind eben nicht allein, auch wenn das gerne als legitimierende Begründung genannt wird, auf externe Anfordernisse, sondern auf das eigene selbstverantwortete Binnenwachstum wie auch auf veränderte Ansprüche von Hochschulangehörigen wie -leitungen zurückzuführen.

      1Kommunikationskonzepte – ein Thema für die Hochschulen?

      Das führt zu einer ersten These: Ob Medienarbeit, Wissenschaftskommunikation, Hochschulkommunikation, Marketing oder strategische Kommunikation – alle diese Begriffe finden wir nun an den Universitäten gleichermaßen vor. Über alle damit verbundenen Herausforderungen wie Folgen wird aber allenfalls ansatzweise reflektiert. Ein mehr oder minder institutionell gemeinsam geteiltes Verständnis von dem, was Hochschulkommunikation sein soll, das existiert nicht (vgl. Fähnrich, Metag, Post & Schäfer, 2018). Begriffe wie Konzepte werden derzeit vor allem, vielfach arg naiv, entlehnt – so aus dem Wirtschaftssystem. Über strategische oder gar integrierte Kommunikation hat man aber nicht gesprochen, auch weil es dafür keinen gemeinsamen Ort, etwa ein Gremium an der Universität, gab – bislang. Doch passen Konzepte der strategischen Kommunikation für Universitäten überhaupt? Und wo sind die Konzepte für Open Science?

      Zum einen sind es externe Umwelteinflüsse, die zu neuen Kommunikationsaktivitäten zwangen. Einige Beispiele:

      –Die Erhöhung der Autonomie der Hochschulen hat erweiterte Formen des institutionellen Austauschs mit Anspruchsgruppen aus der Gesellschaft mit sich gebracht: Universitäts- oder Hochschulräte. Zwar keine Stakeholder, denn nach wie vor bestimmen dominant die Politik und der Staat, aber ein wenig Stakeholder-Management wurde dann doch nötig. Diese neuen Gremienmitglieder wollen Sichtbarkeit, in der Region, in der Wirtschaft, für sich selbst. Weshalb sitzen sie sonst in diesem Gremium?

      –Der durch staatliche Akteure ausgelöste Wettbewerb um Forschungsressourcen, so beispielsweise die Exzellenzinitiativen in Deutschland oder der NCCR-Wettbewerb in der Schweiz, haben Universitäten dazu gezwungen, nicht nur exzellent zu sein, sondern «Exzellenz» zu kommunizieren – nicht nur, um Gutachterinnen und Gutachter zu beeindrucken. Wir sind exzellent: Diese Aussage wird zu einem Verkaufsargument. Und sie wird dann zum Problem, wenn man nicht mehr bei den Gewinnern ist. Exzellenz- wie Programmförderung heißt: «Hochschulen müssen nicht nur gut sein, sondern auch gut aussehen» (Marcinkowski, Friedrichmeier & Geils, 2014, S. 122). Es geht einerseits um das Bild für außen. Es geht andererseits auch um die Kommunikation nach innen: Intern muss die Leitung deutlich machen, warum man in einen Wettbewerb einsteigt und warum man verloren, was man daraus gelernt und welche Folgen das nun hat. Wird «Double Talk», wie Uwe Schimank (2017) es nennt, zu einem Kommunikationsmodus?

      –Die mit der Bologna-Reform wie mit Akkreditierungen verbundenen Maßnahmen führten ebenso zu Formen von Werbung und Marketing: Studieren am See. Schaut auf unsere Master-Angebote. Ein – wie wir eigentlich alle wissen: nur scheinbarer – Wettbewerb um Studierende wurde ausgelöst. Wie ist es faktisch mit der Mobilität auf der BA-Stufe? Egal, wir werben mit unseren Mobilitätsfenstern.14

      Es ließen sich viele weitere Beispiele anführen.15

      Aus der vormals sehr zurückhaltenden Wissenschafts- und Institutionenberichterstattung entwickeln sich Formen der institutionellen wie werblichen Kommunikation. Die institutionelle Kommunikation hat markant zugenommen. Das ist aufgrund der Wettbewerbssituation verständlich, denn die Universitäten stehen sowohl in einem nationalen wie globalen Wettbewerb untereinander als auch im Wettbewerb in einem erweiterten Konkurrenzfeld: Andere Hochschultypen, wie Pädagogische Hochschulen, Fachhochschulen, Einrichtungen der dualen Ausbildung, aber auch private Universitäten, sind nun dabei.16

      Zudem agieren im Forschungsmarkt neue öffentliche wie auch private Einrichtungen. Die Notwendigkeit des Einwerbens von Mitteln zur Grundfinanzierung wie von – staatlichen wie privaten, von evaluierten wie nicht evaluierten – Drittmitteln kommt als Wettbewerbsfaktor hinzu. Aus den Erfolgen bei der Einwerbung von Projekt- wie Drittmitteln kann man Daten generieren – und diese kommunizieren.17

      Nun lösen diese institutionellen Formen der Kommunikation weitere soziale Prozesse aus.

      2Universität: Institution oder Organisation?

      Dazu die zweite These: Aus der Institution Universität wird mehr und mehr eine Organisation.

      Die Organisationswerdung der Universität hat viele Ursachen. Natürlich kamen und kommen viele Anstöße von außen. Es gibt zum anderen aber auch interne Treiber. Dafür einige Beispiele:

      –Die Einführung von Formen des New Public Management erfordert die Definition von Strategien, macht mehrjährige Planungen nötig oder hat neue Formen der internen wie öffentlichen Rechenschaftsablegung zur Folge. Dazu bedarf es eines organisationalen Verständnisses: Definition von Rollenträgern, Definition von Prozessen – und deren kommunikativer Begleitung.

      –Wenn ein soziales System wie die Universität familiengerecht, nachhaltig oder sonst was sein möchte, so muss sie sich zertifizieren lassen. Mit der Akkreditierung werden Regeln wie durchzuführende Prozesse akzeptiert, die intern durchgesetzt werden müssen. Und es müssen Rollenträger, meist zudem mit einer Kommission verbunden, etabliert werden. Was weitere Kommunikation auslöst.

      –Und wenn die Institution Universität auf die Idee kommt, dass man Kindern eine Kinder-Universität, begabten Schülerinnen und Schülern eine Form von Studium, den mittelalten Absolventinnen wie Absolventen ein Weiterbildungsangebot und den alten Menschen eine Senioren-Universität schuldig sei, so schafft man letztlich viele kleine, zum Teil eigenständige Organisationseinheiten.18 Noch mehr Kommunikation als Folge.

      Externe wie interne Anstöße haben Effekte, eben nicht nur die Kommunikationsformen selbst betreffend: Durch Kommunikation wird die Institution bzw. Organisation verändert. Vermittels Kommunikation werden Entscheidungen getroffen, werden Regeln und Normen definiert, bilden sich Strukturen. Kommunikation ist ein sozial folgenreiches und insoweit immer auch riskantes Vorhaben. Werden die möglichen organisationalen wie institutionellen Folgen von Kommunikation abgeschätzt?

      Die Institution Universität ist längst nicht mehr nur eine Organisation loser Kopplungen (vgl. Weick, 1976) zwischen wissenschaftlichen Einheiten, die von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nebenbei und auf Zeit «geführt» werden, sondern wird zu einer Art Superorganisation: Die moderne Universität vereint höchst unterschiedliche Organisationstypen mit verschiedenen Handlungsrationalitäten unter ihrem Dach. Die Folgen sind zu bewältigen. Die internen Schnittstellen nehmen laufend zu. Die Managementnotwendigkeiten in einer Mehr-Ebenen-Matrixstruktur steigen damit. Es muss delegiert werden: Spezialisierte Stäbe und weitere Stabsstellen werden aufgebaut. Mit «Third Space» wird nicht mehr nur experimentiert, es ist realisiert.19

      Die Binnenkomplexität von Universitäten


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