Keine Cupcakes für Bad Boys. Isabella Lovegood
fühlt sich gut an! Ich werde mir eine eigene Wohnung suchen!«
»Überstürze nichts«, versuchte Carolin, ihre Freundin zu bremsen. Sie hatte oft genug miterlebt, dass sie zu unüberlegten Handlungen neigte.
Sonja grinste vergnügt. »Ich doch nicht! Mama kriegt die Krise, wenn sie mich aus ihren Fängen entlassen muss!«
Mario verteilte den letzten Rest des Rotweins auf die Gläser und Oliver betrachtete sein fast leeres Glas etwas missmutig. »Was haltet ihr davon, wenn ich Nachschub hole? Ich hab noch welchen.« Er wartete ihre Antwort gar nicht ab, sondern war schon aufgestanden und auf dem Weg zur Tür. Carolin folgte ihm.
»Warte, das Schloss klemmt ein wenig, da gibt es einen Trick.« Mit einer Hand zog sie die Tür an der Klinke zu sich heran, während sie den Schlüssel umdrehte. Trotzdem knackte es bedrohlich.
»Das gehört geölt, dann geht es leichter. Irgendwann brichst du sonst den Schlüssel ab«, stellte Oliver fest. »Außerdem muss man das hier festschrauben, sonst hast du irgendwann die Klinke in der Hand.«
Als er aus seiner Wohnung kam, trug er die Weinflasche unter den Arm geklemmt und in der Hand hatte er eine kleine Sprayflasche und einen Schraubenzieher.
»Nimm mir bitte mal den Wein ab«, wies er sie an, dann zog er die lose Schraube an und sprühte in das Türschloss. Prüfend bewegte er den Schlüssel einige Male hin und her. Nun ließ er sich beinahe geräuschlos drehen.
»Besser«, nickte er befriedigt und legte das Werkzeug auf dem Schuhschrank ab. »Was?«, fragte er, als er Carolins überraschten Gesichtsausdruck bemerkte.
»Anfangs hielt ich dich für einen ziemlichen Miesepeter, aber du scheinst ja richtig nett zu sein!«
Seine Miene verfinsterte sich so plötzlich, als hätte jemand einen Schalter betätigt. »Quatsch. Bin ich überhaupt nicht!«
Er riss ihr die Weinflasche aus der Hand und ließ sie völlig verdutzt stehen. Kopfschüttelnd folgte sie ihm ins Wohnzimmer.
»Seht mal, zwei Stücke haben wir euch übrig gelassen.« Mario deutete auf die Reste. »Die Pizza war sensationell, Carolin! Großes Kompliment.«
Oliver hatte sich wieder auf seinen Stuhl fallen lassen und griff danach. »Ja, die hast du ganz ordentlich hinbekommen. Für eine Frau, meine ich. Die besseren Köche sind doch die Männer, das ist ja erwiesen.« Nun hatte er wieder den arroganten, kühlen Tonfall angeschlagen und Mario verdrehte die Augen.
»Ja, du besonders! Letztens sind dir sogar die Würstchen beim Wärmen im Wasser aufgeplatzt«, erinnerte er ihn.
»Männer brauchen nicht zu kochen. Da findet sich doch immer jemand, der das erledigt. Als Gegenleistung für ein bisschen körperliche Zuwendung und Schmeicheleien.«
Die beiden Frauen sahen sich fassungslos an.
»Sag mal, ist bei dir eine Schraube locker?«, fand Sonja als Erste die Sprache wieder. »Hast du deinen netten Zwilling in der Wohnung eingesperrt?«
»Es gibt keine ›nette‹ Ausgabe von mir.« Oliver spuckte das Wort förmlich aus. »Nur mich. Wer nett ist, bleibt übrig. Nett sind nur Idioten. Richtige Männer nehmen sich, was sie haben wollen.«
»Wer hat dir denn diesen Schwachsinn eingeredet?«, wollte sie wissen.
»Wenn du das wirklich denkst, bist du bei mir an der falschen Adresse«, stellte Carolin fest. »Ich habe von solchen Typen die Nase gestrichen voll. Besonders seit ich mitbekommen habe, wie sich das längerfristig auswirkt, wenn man sich zu viel gefallen lässt.«
»Was meinst du?«, hakte Mario nach.
»Meine Mutter ist auf einen totalen Macho hereingefallen. Anfangs fand sie es schön, eine starke Schulter zum Anlehnen zu haben, nachdem wir uns viele Jahre alleine durchkämpfen mussten. Aber er wurde immer bestimmender und jetzt ... Er hat sie komplett umgedreht und sie ist kaum mehr wiederzuerkennen.« Während sie erzählte, wurde ihr wieder bewusst, wie sehr sie das alles belastete. »Nun macht sie keinen Schritt mehr, ohne ihn zu fragen. Er bestimmt, was sie anziehen soll, was sie kocht und mit wem sie sich treffen darf. Sie hat ihm zuliebe ihre Haare blond gefärbt, und er hat sie dazu überredet, ihre Lippen aufspritzen und den Busen vergrößern zu lassen. Kohle hat er ja genug. Von der starken Frau, zu der ich mal aufgesehen habe, ist nichts mehr übrig.« Sie kämpfte mit den Tränen. Sonja legte ihre Hand auf Carolins, während diese weitersprach. »Ich kann Frank nicht ausstehen, doch ich wollte sie auch nicht mit ihm alleine lassen. Aber natürlich hat er darauf gedrängt und sie unter Druck gesetzt, dass ich wegmusste.«
»Das ist wirklich Scheiße, tut mir leid!« Mario war echt betroffen und froh, dass sein Freund den Mund hielt. ›Wenn er noch so einen Macho-Spruch loslässt, schmeißt uns Carolin raus. Völlig zu Recht!‹
Stattdessen griff Oliver nach seinem Glas und leerte es mit einem Zug. »Er hat sie zu seiner Marionette gemacht. Wie erbärmlich«, sagte er in die entstandene Stille hinein. »Jemanden zu unterdrücken, ist kein Zeichen von Stärke.«
Die Mädchen sahen zuerst ihn, dann einander verblüfft an. Seine Aussagen waren so konträr, dass sie sich langsam fragten, was mit ihm nicht stimmte. Sonja hatte das Bedürfnis, die Situation aufzulockern.
»Wer will Dessert? Wir haben gemeinsam Cupcakes gebacken. Na ja, von mir stammt die Verzierung ...«
Kapitel 5
Carolin zog den Reißverschluss ihres hellblauen Arbeitskittels hoch. Matthias fand, dass nüchternes Weiß zu einschüchternd für eine Tierarztpraxis war. Aus dem Wartebereich war das anklagende Miauen einer Katze zu hören, als die Türglocke einen Neuankömmling ankündigte. Sie drückte auf den Öffner und schob den kleinen Vorhang zur Seite, damit sie durch die Scheibe ins Wartezimmer sehen konnte. Überrascht erkannte sie Oliver und registrierte, dass sich ihr Herzschlag ein wenig beschleunigte. Mit keinem Wort hatte sie erwähnt, bei welchem Tierarzt sie arbeitete. Es musste also Zufall sein, dass er ausgerechnet hier auftauchte. Seit dem etwas seltsam verlaufenen Pizza-Abend vor zwei Tagen hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Gleichzeitig mit ihm war eine ältere Dame eingetreten, die einen kleinen Hund auf dem Arm trug, der vor Schmerzen winselte.
Herr Doktor Wasner trat vom hinteren Bereich der Praxis ein, wo sich seine Wohnräume befanden.
»Guten Morgen, Caro. Dann gehen wir`s mal an!«, meinte er gut gelaunt. »Was steht an?«
Sie arbeitete gerne für ihn. Es war deutlich zu spüren, dass er seine Arbeit liebte, und nur sehr selten brachte ihn etwas aus der Ruhe.
»Eine Katze wartet auf ihre jährliche Impfung. Aber soeben scheint ein Notfall hereingekommen zu sein.« Sie sah ihn fragend an.
»Na, dann sehen wir uns den zuerst an.« Er ging selbst zur Tür und begrüßte die Wartenden. »Was ist passiert?«, fragte er die sichtlich aufgeregte alte Dame.
»Der junge Mann hat meine Sissy angefahren und jetzt kann sie nicht mehr laufen!«
Carolin erschrak und sie fragte sich sofort, wie das wohl passiert war. Doch zunächst war nur wichtig, dem Hund zu helfen. Der Tierarzt wandte sich an die Katzenbesitzerin, die schon länger wartete, aber die nickte nur verständnisvoll. Dann bat er Oliver und die Hundehalterin ins Behandlungszimmer. Caro schloss die Tür hinter ihnen. Sie warf ihrem Nachbarn nur einen schnellen Blick zu und stellte fest, dass er blass war und der Schreck ihm in den Gliedern zu sitzen schien. Dann lenkte sie ihre Aufmerksamkeit vollkommen auf die kleine Patientin und ihre Arbeit. Behutsam und mit kundigen Griffen tastete Matthias den zitternden Körper ab. »Ah, ich denke, das haben wir gleich. Caro, hältst du sie vorne?«
Carolin legte beide Hände um Brustkorb und Kopf des Hundes und fixierte ihn an ihrem Bauch. Es gab einen kurzen Ruck, Sissy jaulte für einen Moment auf, dann war sie still. Der Tierarzt untersuchte die Hüfte noch einmal und nickte dann befriedigt. »Das Bein dürfte durch den Aufprall aus dem Hüftgelenk gesprungen sein. Ich habe es wieder eingerichtet. Lass sie mal los, Carolin.«
Der Hund machte einige