Besteuerung von Unternehmen III. Wolfram Scheffler
Dritter Teil Einfluss der Besteuerung auf die Rechtsformwahl › Sechster Abschnitt Vergleich der Rechtsformen › B. Thesaurierungsfall
B. Thesaurierungsfall
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(1) Gegenüberstellung der Besteuerungskonzeption: Werden die Gewinne im Unternehmen thesauriert, ergeben sich gegenüber dem Ausschüttungsfall für Personenunternehmen, die der Regelbesteuerung unterliegen, keine Abweichungen. Bei Kapitalgesellschaften und Personenunternehmen, die die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG beantragen, entfällt die Besteuerung der Dividenden mit der 25%igen Abgeltungsteuer (Kapitalgesellschaften) bzw die Besteuerung der Entnahmen mit der 25%igen Nachversteuerung (Personenunternehmen):
Abb. 3.12: Vergleich der Besteuerungskonzepte im Thesaurierungsfall
Rechtsform | Besteuerungskonzept | |
---|---|---|
Einzelunternehmen, Personengesellschaften: Regelbesteuerung | einstufige transparente Besteuerung • Einkommensteuer (Normaltarif) • Gewerbesteuer, abgeschwächt durch Steuerermäßigung nach § 35 EStG | |
Einzelunternehmen, Personengesellschaften: Thesaurierungsbegünstigung | zweistufige transparente Besteuerung | |
• Einkommensteuer (Sondersteuersatz von 28,25%) • Gewerbesteuer, abgeschwächt durch Steuerermäßigung nach § 35 EStG | Nachversteuerung mit 25% entfällt, da (noch) keine Entnahme | |
Kapitalgesellschaften | Trennungsprinzip | |
• Körperschaftsteuer • Gewerbesteuer | Besteuerung auf Ebene des Gesellschafters entfällt, da (noch) keine Ausschüttung |
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(2) Belastungsvergleich: Werden die Gewinne auf Ebene des Unternehmens in vollem Umfang thesauriert, sind bei niedrigen Einkünften Einzelunternehmen und Personengesellschaften (Regelbesteuerung) die aus steuerlicher Sicht vorteilhafte Rechtsform. Bei höheren Einkommensteuersätzen ist die Rechtsform „Kapitalgesellschaft“ zu empfehlen (Abb. 3.13).[14]
Personenunternehmen, die die Begünstigung nicht entnommener Gewinne nach § 34a EStG beantragen, nehmen im Regelfall eine Mittelposition ein.
• | Bei hohen Gewinnen liegt die Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften mit 29,83% niedriger als bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die die Thesaurierungsbegünstigung wählen. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass der Sondersteuersatz von 28,25% nur auf die thesaurierten Gewinne angewandt wird. Der Teil des Gewinns, der für die Begleichung der Einkommen- und Gewerbesteuer sowie für den Solidaritätszuschlag entnommen wird, unterliegt der (höheren) Regelbesteuerung. |
• | Bei niedrigen Gewinnen ist die Regelbesteuerung wesentlich günstiger als die Thesaurierungsbegünstigung, da bei dieser die Einkommensteuer nicht unter den Sondersteuersatz von 28,25% sinken kann. |
Abb. 3.13: Rechtsformvergleich bei Thesaurierung
Einkommensteuersatz | Einzelunternehmen, Personengesellschaften (Regelbesteuerung) | Einzelunternehmen, Personengesellschaften (Thesaurierungsbegünstigung) | Kapitalgesellschaften |
---|---|---|---|
0,00% | 0,00% | nicht zu empfehlen | 29,83% |
10,00% | 10,55% | nicht zu empfehlen | 29,83% |
20,00% | 21,07% | nicht zu empfehlen | 29,83% |
25,00% | 26,34% | nicht zu empfehlen | 29,83% |
28,25% | 29,77% | 29,77% | 29,83% |
28,30% | 29,83% | 29,79% | 29,83% |
28,42% | 29,95% | 29,83% | 29,83% |
30,00% | 31,62% | 30,33% | 29,83% |
40,00% | 42,17% | 33,99% | 29,83% |
42,00% | 44,28% | 34,82% | 29,83% |
45,00% | 47,44% | 36,16% | 29,83% |
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Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften zeigt der Vergleich zwischen Regelbesteuerung und Thesaurierungsbegünstigung, dass sich die Thesaurierungsbegünstigung nur dann empfiehlt, wenn der persönliche Steuersatz des Steuerpflichtigen über 28,25% liegt. Diese auf der Grundlage einer Ein-Periodenbetrachtung getroffene Aussage ist aber nur dann zutreffend, wenn die thesaurierten Gewinne niemals entnommen werden. Realistischer ist allerdings, dass die Gewinne zumindest nach einigen Jahren vom Inhaber bzw dem Gesellschafter für private Zwecke verwendet werden oder dass die unternehmerische Aktivität durch Verkauf des Unternehmens bzw des Gesellschaftsanteils beendet wird (Mehr-Periodenbetrachtung). Werden die Gewinne zunächst thesauriert und erst nach einigen Jahren ausgeschüttet, weisen Personenunternehmen, bei denen die Gewinne der Regelbesteuerung unterliegen, den Nachteil auf, dass die gesamte Ertragsteuerbelastung in dem Jahr anfällt, in dem die Gewinne entstehen. Demgegenüber kann sowohl bei Personenunternehmen, die sich für die Thesaurierungsbegünstigung entscheiden, als auch bei Kapitalgesellschaften die 25%ige Nachversteuerung von Entnahmen bzw die 25%ige Abgeltungsteuer auf Dividenden