Besteuerung von Unternehmen III. Wolfram Scheffler
der Thesaurierungsbegünstigung bzw von Kapitalgesellschaften im Ausschüttungsfall gegenüber der Regelbesteuerung mit dem positiven Zeiteffekt der verzögerten Besteuerung von zunächst einbehaltenen Gewinnen zu vergleichen.[15]
Dritter Teil Einfluss der Besteuerung auf die Rechtsformwahl › Siebter Abschnitt Veränderung der Gesamtsteuerbelastung durch Abschluss eines Gesellschafter-Geschäftsführungsvertrags
Siebter Abschnitt Veränderung der Gesamtsteuerbelastung durch Abschluss eines Gesellschafter-Geschäftsführungsvertrags
Dritter Teil Einfluss der Besteuerung auf die Rechtsformwahl › Siebter Abschnitt Veränderung der Gesamtsteuerbelastung durch Abschluss eines Gesellschafter-Geschäftsführungsvertrags › A. Steuerplanerische Zielsetzung
A. Steuerplanerische Zielsetzung
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Bei den Vergütungen aus einem Geschäftsführungsvertrag (Dienstvertrag) handelt es sich um eine spezielle Form der Gewinnverteilung:[16]
• | Bestehen keine Gesellschaft-Gesellschafter-Verträge, erhalten die Anteilseigner ausschließlich Gewinnanteile bzw Dividenden. |
• | Bei Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags mit einem der Gesellschafter wird diesem für seine Tätigkeit ein Gehalt gezahlt. An die Gesellschafter kann nur der um die Geschäftsführungsvergütung geschmälerte Gewinn verteilt werden. Vor Steuern entspricht die Summe aus Gehalt und der nach Abzug der Vergütungen aus Geschäftsführungsverträgen verbleibende „Restgewinn“ dem Gewinn, der in dem Fall zur Verfügung steht, in dem zwischen dem Unternehmen und seinen Gesellschaftern keine schuldrechtlichen Leistungsbeziehungen bestehen. Die Auswirkungen von Geschäftsführungsverträgen werden deshalb daran gemessen, welche steuerlichen Folgen alternativ bei einer Leistungserbringung auf gesellschaftsrechtlicher Basis, dh bei einem Verzicht auf eine gesonderte Geschäftsführungsvergütung, entstehen. Da bei beiden Alternativen vor Steuern die Summe der Einkünfte identisch ist, kann die Entscheidung anhand der insgesamt zu zahlenden Steuern getroffen werden (relative Steuerminimierung).[17] |
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Vergleichsobjekt für die Analyse der Auswirkungen von Gesellschaft-Gesellschafter-Verträgen bildet der Ausschüttungsfall. Dies ist aus Vergleichbarkeitsgründen erforderlich. Bei Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags wird an den Gesellschafter ein Gehalt ausbezahlt. Hinsichtlich der Liquidität des Gesellschafters ist nur dann mit dem Fall, in dem kein Gesellschaft-Gesellschafter-Vertrag besteht, Übereinstimmung gegeben, wenn die auf Ebene des Unternehmens erzielten Gewinne an die Gesellschafter verteilt werden. Damit ist bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften nur die Regelbesteuerung zu betrachten. Im Thesaurierungsfall ist die Vergleichbarkeit nicht gegeben. Werden die Gewinne einbehalten, verbleiben die Einzahlungsüberschüsse aus Leistungsbeziehungen mit Außenstehenden auf Ebene des Unternehmens. Demgegenüber werden bei Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags die Erfolge über das vereinbarte Gehalt insoweit an die Anteilseigner transferiert.
Dritter Teil Einfluss der Besteuerung auf die Rechtsformwahl › Siebter Abschnitt Veränderung der Gesamtsteuerbelastung durch Abschluss eines Gesellschafter-Geschäftsführungsvertrags › B. Gegenüberstellung der Besteuerungskonzeption
B. Gegenüberstellung der Besteuerungskonzeption
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(1) Einzelunternehmen: Da Einzelunternehmen keine eigenständige Rechtsfähigkeit besitzen, können zwischen dem Einzelunternehmen und seinem Inhaber keine schuldrechtlichen Verträge abgeschlossen werden. Aufgrund des Einheitsprinzips ergeben sich keine Ansatzpunkte zur Beeinflussung der Steuerbelastung durch Gesellschaft-Gesellschafter-Verträge.
Abb. 3.14: Besteuerung eines Gesellschafter-Geschäftsführungsvertrags in Abhängigkeit von der Rechtsform des Unternehmens [18]
Einkommen- und Körperschaftsteuer | Gewerbesteuer | |
---|---|---|
Einzelunternehmen | keine Veränderung: schuldrechtlicher Vertrag zwischen einem Einzelunternehmen und seinem Inhaber nicht möglich (Einheitsprinzip) • Einkommensteuer (Normaltarif) • Gewerbesteuer, abgeschwächt durch Steuerermäßigung nach § 35 EStG | |
Personengesellschaft | grundsätzlich keine Veränderung: Vergütung wird den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugerechnet (Mitunternehmerkonzeption) • Einkommensteuer (Normaltarif) • Gewerbesteuer, abgeschwächt durch Steuerermäßigung nach § 35 EStG | |
Kapitalgesellschaft | Trennungsprinzip | |
• Einkommensteuer (Normaltarif) | ||
± Einkommensteuer anstatt Nebeneinander von Körperschaftsteuer und Abgeltungsteuer sESt < 36,04%: Entlastung sESt = 36,04%: keine Veränderung sESt > 36,04%: Mehrbelastung | + keine Gewerbesteuer | |
Legende: | + Vorteil (Minderung der Gesamtsteuerbelastung) ± Auswirkung auf die Gesamtsteuerbelastung unbestimmt sESt Einkommensteuersatz | |
Vergleichsbasis: | Leistungen werden auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erbracht (Ausschüttungsfall) |
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(2) Personengesellschaften: Bei Personengesellschaften werden die schuldrechtlichen Vertragsbeziehungen zwischen dem Unternehmen und den Gesellschaftern auf der ersten Stufe (Gesellschaftsebene) wie Verträge zwischen der Personengesellschaft und fremden Dritten anerkannt. Auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung (Gesellschafterebene) werden allerdings die von der Personengesellschaft an ihre Gesellschafter gezahlten Vergütungen dem gewerblichen Bereich zugerechnet (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr 2 EStG). Aufgrund der Mitunternehmerkonzeption können bei Personengesellschaften durch Gesellschaft-Gesellschafter-Verträge weder im Bereich der Einkommensteuer noch bei der Gewerbesteuer Steuerersparnisse erzielt werden. Durch Gesellschaft-Gesellschafter-Verträge ändert sich lediglich die Verteilung der Gewinne zwischen dem Gesamthandsbereich (gesellschaftsrechtliche Beziehungen) und dem Sonderbetriebsvermögen (schuldrechtliche Leistungsbeziehungen). Die Summe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Gesellschafter bleibt unverändert. Insoweit kommt es zu einer Gleichbehandlung mit Einzelunternehmen, bei denen schuldrechtliche Verträge zwischen dem Einzelunternehmen und seinem Inhaber nicht abgeschlossen werden können. Für steuerplanerische Zwecke bedeutet dies, dass die aufgrund eines Geschäftsführungsvertrags an den Gesellschafter gezahlten Vergütungen wie die Beteiligung am Gewinn der Personengesellschaft besteuert werden. Gegenüber der Regelbesteuerung kommt es zu keiner Veränderung.[19]
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(3) Kapitalgesellschaften: Bei Kapitalgesellschaften stellen Gesellschaft-Gesellschafter-Verträge