BGB Allgemeiner Teil I. Achim Bönninghaus
dies will. Von den geschäftsähnlichen Handlungen unterscheiden sich die Realakte dadurch, dass es sich nicht um Erklärungen handelt.[8]
Unter einem Realakt verstehen wir jedes auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtete Verhalten eines Menschen, das weder Willenserklärung noch geschäftsähnliche Handlung darstellt.[9]
Beispiele
Besitzerwerb gem. § 854 Abs. 1, Übergabe i.S.d. § 929 S. 1, Verbindung, Vermischung, Verarbeitung i.S.d. §§ 946 ff., Fund (§ 965), Verletzung eines Rechtsguts i.S.d. § 823 Abs. 1 durch tatsächliches Handeln.
Auf Realakte sind die Vorschriften über Willenserklärungen nicht anwendbar.[10] So gelten beispielsweise beim Besitzerwerb gem. § 854 Abs. 1 die Regeln zur Geschäftsfähigkeit nach §§ 104 ff. oder zur Stellvertretung nach §§ 164 ff. BGB nicht.
Anmerkungen
Vgl. nur Überschrift zu Abschnitt 3 des 1. Buches sowie §§ 111, 117 Abs. 2, 125, 134, 138 ff., 158 ff., 311 Abs. 1.
Palandt-Ellenberger Überbl. v. § 104 Rn. 2.
Leenen BGB AT § 4 Rn. 101 ff.
Palandt-Ellenberger Überbl. v. § 104 Rn. 6; Leenen BGB AT § 4 Rn. 9 f.; Faust BGB AT § 2 Rn. 16.
BGH Urteil vom 17. Oktober 2000 (Az: X ZR 97/99) unter Ziff. II 1b aa = NJW 2001, 289, 290; Palandt-Ellenberger Überbl. v. § 104 Rn. 6.
Sofern Sie nicht auf der Fiktion des § 177 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 beruht.
Palandt-Ellenberger Überbl. v. § 104 Rn. 7; Faust BGB AT § 2 Rn. 16; Leenen BGB AT § 4 Rn. 9 f.
Palandt-Ellenberger Überbl. v. § 104 Rn. 9; Faust BGB AT § 2 Rn. 17.
Palandt-Ellenberger Überbl. v. § 104 Rn. 9; Faust BGB AT § 2 Rn. 17
Palandt-Ellenberger Überbl. v. § 104 Rn. 9; Faust BGB AT § 2 Rn. 13.
2. Teil Die Funktion und Struktur von Rechtsgeschäften › C. Einteilung von Rechtsgeschäften
C. Einteilung von Rechtsgeschäften
2. Teil Die Funktion und Struktur von Rechtsgeschäften › C. Einteilung von Rechtsgeschäften › I. Einseitige und mehrseitige Rechtsgeschäfte
I. Einseitige und mehrseitige Rechtsgeschäfte
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Nach der Anzahl der für die Vornahme eines Rechtsgeschäfts seiner Art nach zwingend erforderlichen Willenserklärungen unterscheidet man zwischen einseitigen und mehrseitigen Rechtsgeschäften.[1]
Einseitige Rechtsgeschäfte sind solche Rechtsgeschäfte, die ihrer Art nach zur Durchführung lediglich eine Willenserklärung erfordern.
Mehrseitige Rechtsgeschäfte müssen dagegen immer aus mindestens zwei Willenserklärungen gebildet werden.[2]
Beispiele
Einseitige Rechtsgeschäfte sind zum Beispiel die Auslobung (§ 657), die Eigentumsaufgabe nach § 959, die Anfechtung, Kündigung, der Rücktritt und das Testament.
Der Einordnung steht nicht entgegen, dass im Einzelfall mehrere Personen das Rechtsgeschäft vornehmen müssen. So können z.B. mehrere Mieter eines einheitlichen Mietvertrages die Kündigung gegenüber ihrem Vermieter nur gemeinsam ausüben.[3] Gleichwohl ist auch diese Kündigung ein „einseitiges Rechtsgeschäft“.
Mehrseitige Rechtsgeschäfte sind der Vertrag oder der Beschluss von Mitgliedern einer Personenvereinigung (sog. „Gesamtakt“), etwa gem. § 27 Abs. 1 beim Verein.
2. Teil Die Funktion und Struktur von Rechtsgeschäften › C. Einteilung von Rechtsgeschäften › II. Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte
1. Verpflichtungsgeschäfte
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Wir haben im ersten Teil dieses Skripts schon gesehen, dass durch Rechtsgeschäfte Ansprüche begründet werden können. Oder anders ausgedrückt, aus der Sicht des Schuldners: Durch Rechtsgeschäft kann man sich zu einer Leistung verpflichten. Ein solches Rechtsgeschäft nennt man deshalb auch „Verpflichtungsgeschäft“ oder „obligatorisches Geschäft“.[4] Dadurch entsteht ein Schuldverhältnis i.S.d. § 241.
Durch Rechtsgeschäft kann man aber niemandem einseitig eine Leistungspflicht „aufs Auge drücken“. Es gibt keine Rechtsgeschäfte zu Lasten Dritter. Dem steht ja schon die Privatautonomie des Anderen entgegen, die die Reichweite der eigenen Gestaltungsmacht begrenzt. Umgekehrt muss sich niemand gegen seinen Willen einen Anspruch aufdrängen lassen.[5] Jeder muss sich dem Willen des Gesetzgebers beugen, aber nicht dem Willen einer anderen Privatperson. Wer einen anderen dazu bringen möchte, eine Leistung zu übernehmen, muss sich mit diesem darauf einigen. Deshalb stellt § 311 Abs. 1 klar, dass „zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich ist.“
Die Vertragstypen sind dabei im Gesetz nicht abschließend geregelt; es gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit.
Verpflichtungsgeschäfte sind also fast immer Verträge. Aber eben nur „fast immer“, wie § 311 Abs. 1 am Ende zum Ausdruck bringt: „…soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.“
Das Gesetz sieht ausnahmsweise die Möglichkeit vor, durch einseitiges Rechtsgeschäft ein Schuldverhältnis zu begründen. Nach dem eben Gesagten geht das nur, wenn es der unbeteiligten Person ausnahmsweise zuzumuten ist, ohne ihre Zustimmung am Schuldverhältnis beteiligt zu sein.[6] Die entsprechenden Ausnahmen