Kommunalrecht Baden-Württemberg. Matthias Müller
B. Voraussetzung für die Schaffung öffentlicher Einrichtungen
D. Anschluss- und Benutzungszwang
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Zu den Aufgaben der Gemeinde gehören die Errichtung und die Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen. § 10 Abs. 2 GemO statuiert:
„Die Gemeinde schafft in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen.“
JURIQ-Klausurtipp
Das Thema „öffentliche Einrichtungen“ ist sowohl in der Praxis wie auch in der Klausur von besonderer Relevanz. Die hiermit verbundenen typischen Fragestellungen, insbesondere die nach dem Anspruch auf Zulassung, müssen Ihnen unbedingt geläufig sein.
Beispiel
Typische öffentliche Einrichtungen sind Gemeindehallen, Schwimmbäder, Theater, Museen, Obdachlosenunterkünfte, Schulräume, Asylbewerberheime, Festplätze, Schlachthäuser, öffentliche Waagen, Frauenhäuser, Anschlagtafeln, Friedhöfe, die öffentliche Wasserversorgung sowie die Abwasserentsorgung oder Internet-Domains.
7. Teil Öffentliche Einrichtungen › A. Begriff der öffentlichen Einrichtung
A. Begriff der öffentlichen Einrichtung
110
Die Gemeindeordnung definiert den Begriff der öffentlichen Einrichtung nicht. Aus diesem Grunde hat es die Rechtsprechung[1] übernommen, die Merkmale, die eine öffentliche Einrichtung auszeichnen, wie folgt herauszuarbeiten:[2]
7. Teil Öffentliche Einrichtungen › A. Begriff der öffentlichen Einrichtung › I. Einrichtung
I. Einrichtung
111
Damit eine öffentliche Einrichtung i.S.d. § 10 GemO anzunehmen ist, muss es sich bereits rein begrifflich um eine Einrichtung handeln, also um die Zusammenfassung von sachlichen und/oder personellen Mitteln, die durch Gemeindeeinwohner allgemein nutzbar sind. In Abgrenzung hierzu sind keine öffentlichen Einrichtungen die „Sachen im Gemeingebrauch“, z.B. Straßen, die zulassungsfrei von jedermann und nicht nur von den Einwohnern genutzt werden können (vgl. § 13 StrG).
Hinweis
Bei der Abgrenzung zwischen den öffentlichen Einrichtungen und den Sachen im Gemeingebrauch anhand des Benutzerkreises ist Vorsicht geboten: Eine Einrichtung verliert ihren Status als öffentliche Einrichtung der Gemeinde nicht bereits dadurch, dass neben den Einwohnern auch Dritte (= Nichteinwohner = Ortsfremde) zugelassen werden können. Abzustellen ist daher in jedem Falle auf den Inhalt des Widmungsaktes (Rn. 112). Das maßgebliche Differenzierungsmerkmal ist vielmehr, dass bei einer Sache im Gemeingebrauch für eine Nutzung gerade keine Zulassung erforderlich ist.
Ebenfalls keine öffentlichen Einrichtungen sind die Verwaltungseinrichtungen, die nur den Zwecken der Gemeindeverwaltung dienen. Gleiches gilt für die fiskalischen Betriebe der Gemeinde, die den Zweck haben, den gemeindlichen Eigenbedarf zu decken.
Beispiel
Weder das Rathaus der Gemeinde noch der örtliche Bauhof sind öffentliche Einrichtungen.
Einrichtungen, die der (öffentlichen) Sicherheit dienen, wie etwa die Feuerwehr, sind nach zutreffender Ansicht keine öffentlichen Einrichtungen i.S.d. § 10 Abs. 2 GemO; dies folgt daraus, dass sie allen Menschen diesen und Ansprüche eines Einzelnen aufgrund eines Tätigwerdens der Feuerwehr nicht entstehen (§ 2 Abs. 3 FwG).[3]
7. Teil Öffentliche Einrichtungen › A. Begriff der öffentlichen Einrichtung › II. Widmungsakt
II. Widmungsakt
112
Des Weiteren muss die Einrichtung für eine unmittelbare und gleiche Nutzung durch die Einwohner oder den diesen Gleichgestellten (§ 10 Abs. 3 GemO) gewidmet sein.
Die Widmung definiert die Zweckbestimmung der Einrichtung; sie kann durch Satzung, einen einfachen Gemeinderatsbeschluss, Verwaltungsakt oder faktisches Handeln (z.B. die Vergabepraxis der Verwaltung) erfolgen; sie ist an eine bestimmte Form nicht gebunden. Eine häufig anzutreffende Form der Widmung ist die faktische Indienststellung durch Eröffnung der Einrichtung. Bei der Bestimmung des Widmungszwecks hat die Gemeinde einen Gestaltungsspielraum, der umso größer ist, je weniger Einwohner auf die öffentliche Einrichtung angewiesen sind. Beschränkt ist dieser Gestaltungsspielraum durch Art. 3 GG und das darin enthaltene Verbot, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine vom Gesetz vorgenommene Differenzierung sich nicht auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lässt.[4]
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Zuständig für die inhaltliche Festlegung der Widmung, d.h. für die Ausgestaltung des Nutzungszwecks ist regelmäßig der Gemeinderat. Anhaltspunkte für den Inhalt der Widmung können sich aus den Benutzungsordnungen etc. ergeben. Allerdings kann die vom Gemeinderat geschaffene Zweckbestimmung im Laufe der Zeit durch die Vergabepraxis der Kommunalverwaltung erweitert werden.
Beispiel
Wurde die örtliche Sporthalle für Sportveranstaltungen gewidmet und lässt die Gemeindeverwaltung in ihrer Zulassungspraxis die Durchführung von kulturellen Veranstaltungen zu, so ist der Widmungszweck entsprechend erweitert.
Möchte die Gemeinde einen durch die Vergabepraxis erweiterten Widmungszweck wieder auf sein ursprüngliches Maß zurückführen, ist dies für die Zukunft möglich. Erforderlich hierzu ist aber regelmäßig ein formeller Akt (meist in Form eines Gemeinderatsbeschlusses), mittels dessen nach Außen die Einschränkung der bisherigen Vergabepraxis dokumentiert wird.[5] Zu beachten ist allerdings, dass sich die Änderung des Widmungszwecks nicht auf bereits gestellte Nutzungsanträge auswirken darf. Damit kann sich eine Gemeinde also „unliebsamen“ Nutzungsanfragen nicht durch eine Änderung der Widmung entledigen.[6]
7. Teil Öffentliche Einrichtungen › A. Begriff der öffentlichen Einrichtung