AGB-Recht. Martin Schwab
aber nicht abschließt, dazu verpflichtet, eine Abstandsgebühr zu zahlen. Denn diese Klausel erzeugt eine mittelbare Angebotsbindung.
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Kritisch zu beurteilen sind Versuche, die einseitige Bindung einer Partei an einen in Aussicht genommenen Vertrag durch die Konstruktion einer aufschiebenden Bedingung herbeizuführen. Das sieht dann etwa so aus: (1) Der Vertrag wird unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass der Verwender erklärt, der Vertrag solle unbedingt verbindlich werden. (2) Der Verwender hat das Recht, auf den Bedingungseintritt zu verzichten mit der Wirkung, dass die Bedingung dann endgültig ausgefallen ist und der Vertrag letztlich niemals Wirksamkeit erlangt. Im Ergebnis hat der Verwender es allein in der Hand, ob und wann der Vertrag wirksam wird; der Klauselgegner hat keine Chance, das zu beeinflussen. Auf eine solche Konstruktion ist § 308 Nr. 1 BGB anwendbar[24]. Rechtskonstruktive Schwierigkeiten bereitet es freilich, die Rechtsfolge zu bestimmen, wenn man eine vorformulierte Bedingung nach dem vorstehend beschriebenen Muster für unwirksam erklärt. Würde man nur die Bedingung streichen, wäre der Vertrag von Anfang an unbedingt geschlossen. Der Klauselgegner würde dann an einem Vertrag festgehalten, vor dem er gerade deshalb geschützt werden muss, weil sein Zustandekommen so lange in der Schwebe lag. Daher ist der Vertrag in diesem Fall nach § 306 III BGB ausnahmsweise im Ganzen nichtig.
2. Interne Anweisungen
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Es liegt wiederum keine Vertragsbedingung vor, wenn nachgeordnete Mitarbeiter oder Zweigniederlassungen intern angewiesen werden, im Geschäftsverkehr mit Kunden bestimmte Verfahrensweisen anzuwenden. An einer Vertragsbedingung fehlt es daher, wenn eine Bank ihre Filialen anweist, für die Nichteinlösung von Schecks und die Nichtausführung von Lastschriften mangels Deckung Gebühren zu erheben[25]. Eine solche Handhabung kann freilich gegen das Umgehungsverbot des § 306a BGB verstoßen. Es kann nämlich geschehen, dass das Verhalten, zu dem die Filialen angewiesen worden sind, als unangemessene Benachteiligung des Kunden anzusehen wäre, wenn es Gegenstand einer Vertragsbedingung wäre. Im soeben gebildeten Beispiel 1 ist eben dies der Fall: Eine Bank darf für Nichtausführung von Lastschriften und Nichteinlösung von Schecks mangels Deckung keine Gebühren erheben[26]. Dann darf sie nicht dadurch das gleiche Ergebnis erzielen, dass sie in ihrer tatsächlich geübten Geschäftspraxis den Kunden so stellt, als schuldete dieser eine solche Gebühr. Das Umgehungsverbot des § 306a BGB gilt mithin nicht bloß für die Inhalts-, sondern ebenso für die Einbeziehungskontrolle und darüber hinaus für die Einordnung von Geschäftspraktiken als AGB, mithin ebenso für die §§ 305 bis 305c BGB[27].
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Wenn ein Kfz-Hersteller (bzw. dessen Leasing-Tochter) seinen Vertragshändlern „Abwicklungsrichtlinien“ für das Leasinggeschäft zuleitet und darum bittet, diese Richtlinien – in denen wesentliche Bestimmungen über Rechte und Pflichten der Parteien enthalten sind – „zum Zeichen Ihrer Kenntnisnahme“ gegenzuzeichnen, handelt es sich nicht mehr um bloße interne Anweisungen, sondern um echte Vertragsbedingungen. Die Bezeichnung „Richtlinien“ kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Hersteller die Absicht hegt, ein Rechtsregime zu errichten, auf dessen Basis die Vertragspraxis zwischen ihm und seinen Vertragshändlern gelebt werden soll[28].
Anmerkungen
Vgl. LG Köln ZIP 1997, 1328 f.: Die Klausel in Wertpapiervermittlungsbedingungen „Im Interesse günstiger Konditionen verzichtet die Bank 24 auf jede Form der Beratung“ enthält nach dem Eindruck des Kunden einen Haftungsausschluss für fehlerhafte oder unterlassene Beratung. In gleicher Weise sind im Bauwesen die VOB/C Vertragsbedingungen, weil sie geeignet sind, den Preis der erbrachten Bauleistungen zu beeinflussen (BGH NJW-RR 2004, 1248, 1249).
Zu letzterem BGH NJW 2009, 1337 Rn. 11 ff., zustimmend Niebling MDR 2009, 557; skeptisch bezüglich der Formulierung „Irrtümer vorbehalten“ aber Pfeiffer LMK 2009, 279564.
KG NJW 1981, 2822.
LG Köln RRa 2009, 229, 230.
LG Leipzig MMR 2010, 751; ebenso Wiese MMR 2010, 751 f.
So aber für eine vergleichbare Klausel OLG Düsseldorf MMR 2013, 300, 302.
BGH NJW 2013, 291 Rn. 17 ff.
OLG Nürnberg ZNER 2011, 455 f.
LG Hamburg MMR 2013, 506, 507.
BGH NJW 2010, 2873 Rn. 11 ff.
BGH NJW 2014, 854 Rn. 12; BGH NJW 2014, 857 Rn. 8; zustimmend Graf von Westphalen NJW 2014, 2242, 2246.
BGH NJW 2010, 2873 Rn. 7 ff.; für Unwirksamkeit einer viermonatigen Bindungsfrist auch OLG Nürnberg MDR 2012, 630 f.
OLG Dresden NotBZ 2012, 107, 108.
BGH NJW 2014, 857 Rn. 9 ff.; ebenso BGH NJW 2016, 2173 Rn. 11.
BGH NJW 2014, 854 Rn. 17.
OLG Düsseldorf BauR 2014, 110, 111; OLG München VuR 2005, 155, 156.
Blank DNotZ 2014, 166, 169 f.; differenzierend Herrler DNotZ 2013, 887, 913 ff.
OLG Dresden NotBZ 2012, 105 f.; Cremer/Wagner NotBZ 2004, 331, 335 f.; Walter NotBZ 2012, 81, 83 f.
Herrler DNotZ 2013, 887, 896 ff.; Herrler/Suttmann DNotZ 2010, 883, 890 ff.