AGB-Recht. Martin Schwab
href="#ulink_53f439b7-9c84-56ec-a8b3-52fc60a4aba5">Beispiel 8: Die Bank nimmt sich entgegen §§ 675, 665 BGB das Recht heraus, willkürlich von Weisungen des Kunden abzuweichen. Der Kunde steht – wie auch sonst bei der Verwendung von AGB durch die Gegenseite – vor der Wahl, entweder das Formular unverändert zu akzeptieren oder zu riskieren, dass die Bank sich weigert, den Überweisungsauftrag auszuführen.
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Der BGH hielt die Klausel für nach § 307 I BGB unwirksam, weil der Kunde, der einem Gläubiger Geld schulde, diesem gegenüber von seiner Verbindlichkeit nur frei werde, wenn der Gläubiger mit der bargeldlosen Zahlung einverstanden sei. Der Gläubiger sei nur mit der Zahlung auf dasjenige Konto einverstanden, das er angegeben habe; er könne ein Interesse an der Zahlung auf ein bestimmtes Konto haben, weil andere Konten gepfändet oder im Debet seien. Werde der vom Schuldner gezahlte Betrag auf ein anderes Konto als das angegebene überwiesen, komme dieser Überweisung keine Tilgungswirkung zu, so dass der Kunde mit dem Risiko belastet sei, ein weiteres Mal zahlen zu müssen und wegen der ersten Zahlung auf einen uneinbringlichen Bereicherungsanspruch gegen den Gläubiger verwiesen zu sein[28]. Dieses richtige Ergebnis hätte man auch auf § 307 II Nr. 1 BGB stützen können: Die Klausel weicht von einem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab, nämlich vom Weisungsrecht des Geschäftsherrn nach §§ 675, 665 BGB. Heute wäre eine Unwirksamkeit nach § 307 II Nr. 1 BGB deshalb anzunehmen, weil die Überweisung auf das angegebene Konto nach § 675f I BGB Hauptpflicht der Bank ist. Die Bank kann diesen Leistungsinhalt nicht nach ihrem Belieben ändern.
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Ebenso handelt es sich um AGB, wenn der Verwender im Rahmen der Vertragsbeziehung zum Kunden als dessen Stellvertreter ein Rechtsgeschäft vornehmen soll und dem Kunden für die Erteilung der erforderlichen Vollmacht ein vorgedrucktes Formular vorlegt[29]. Auch wenn die Vollmachtserteilung ein einseitiges Rechtsgeschäft ist, weist sie doch einen erheblichen Bezug zum Grundvertrag auf und konkretisiert zugleich, was der Verwender auf dem Boden dieses Vertrags für den Kunden tun soll und was nicht.
6. Vorformulierte Bestätigung von Tatsachen
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Die rechtliche Stellung der Vertragsparteien hängt nicht selten davon ab, dass bestimmte Tatsachen, welche ihnen zum Vorteil gereichen, bewiesen werden können. Die Parteien werden daher geneigt sein, sich solche Tatsachen von der jeweiligen Gegenseite bestätigen zu lassen. Auch dafür werden häufig Vordrucke verwendet.
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Beispiel 9
Ein Lieferant von Einbauküchen lässt sich in einer vorgedruckten Erklärung von seinem Kunden bestätigen, dass die vom Lieferanten erstellte Raumskizze und die von ihm zugrunde gelegten Maßangaben, anhand derer die Küche angefertigt und beim Kunden installiert wird, vor Ort nachgemessen und für richtig befunden wurden.[30]
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Die Bestätigung wird im Beispiel 9 nicht bei Vertragsschluss unterschrieben und daher auch nicht Bestandteil des Vertrags zwischen dem Verwender und dem Kunden. Sie enthält nicht einmal eine einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung des Kunden, sondern lediglich eine Art „Wissenserklärung“ über eine bestimmte Tatsache. Diese Erklärung wird freilich bei Gelegenheit einer Vertragsergänzung abgegeben, nämlich dann, wenn der Lieferant beim Kunden erschienen und die Maße genommen hat. Sie soll beweisen, dass die später angefertigte Küche den Wünschen des Kunden entspricht und daher der Kunde nicht deswegen Mängelrechte geltend machen kann, weil die Küche nicht nach den gewünschten Maßen konstruiert worden sei. Die vorgedruckte Bestätigung ist damit Teil der Vertragsergänzung, folglich ihrerseits „Vertragsbedingung“ und, wenn sie die weiteren Voraussetzungen des § 305 I BGB erfüllt, AGB[31]. Nicht anders wäre freilich zu entscheiden gewesen, wenn die vorformulierte „Bestätigung“ des Kunden nicht auf eine Vertragsänderung oder Vertragsergänzung abgezielt hätte: Die Gefährdungslage für den Kunden ändert sich dadurch nicht. Wenn der Verwender einseitige Erklärungen seines Kunden vorformuliert, sind diese folglich immer AGB, wenn sie nur einen Zusammenhang mit einer vertraglichen Beziehung aufweisen[32].
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In der Sache ist die im Beispiel 9 gebildete Klausel nach § 309 Nr. 12 b unwirksam, weil durch die Erklärung des Kunden die in der Erklärung bezeichneten Tatsachen bestätigt werden. Solche Klauseln sind dem Verwender im nicht-gewerblichen Geschäftsverkehr (nur für diesen gelten die §§ 308, 309 BGB, vgl. § 310 I 1 BGB) kategorisch untersagt. Aus dem gleichen Grunde ist eine Klausel in AGB eines Versicherers unwirksam, wonach der potentielle Versicherungsnehmer, indem er den vom Versicherer vorformulierten Versicherungsantrag stellt, den Erhalt der Allgemeinen Versicherungsbedingungen bestätigt[33].
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Ebenso liegt eine „Vertragsbedingung“ vor, wenn der Vertrag an sich schon geschlossen ist und der Verwender sich vom Kunden den Auftrag nochmals auf einem vorgedruckten Formular bestätigen lässt, in dem zusätzliche Klauseln enthalten sind[34]: Diese „Auftragsbestätigung“ ist im Zusammenwirken mit den neuerlichen Klauseln ein Angebot zur Vertragsänderung und zielt darauf ab, die vertraglichen Rechte und Pflichten zumindest partiell neu zu verteilen.
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Tipp
Als allgemeiner Grundsatz ist festzuhalten, dass Erklärungen des Kunden, die vom Verwender vorformuliert werden, immer dann AGB sind, wenn sie einen sachlichen Bezug zu einem bereits geschlossenen oder in Aussicht genommenen Vertrag haben.
Anmerkungen
Nach BGH NJW 1990, 2313.
BGH NJW 1990, 2313, 2314; ebenso Gounalakis NJW 1990, 752 (für eine vom Krankenhausträger einseitig vorformulierte Bestätigung des Patienten, über mögliche Auswirkungen und Risiken des ärztlichen Heileingriffs informiert worden zu sein); Kohte AcP 185 (1985), 105, 128 f.; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack AGB-Recht, § 305 Rn. 17, der aber von einer „entsprechenden“ Anwendung spricht (expliziter zu diesem Fall, mit weiteren Quellen Rn. 27).
BGH NJW 1990, 2313, 2314 f.
Aus diesem Grunde gegen die Annahme einer AGB Lettl NJW 2001, 42, 43.
BGH NJW 1999, 1864; für Annahme einer AGB auch BGH WRP 2000, 722, 723; BGH NJW 2003, 1237, 1240; BGH NJW 2017, 2119 Rn. 21; OLG Köln WRP 2009, 1416; ebenso für Einverständniserklärungen, die im Zusammenhang mit einem Gewinnspiel abgegeben werden, BGH NJW 2013, 2683 Rn. 20.
Im Ergebnis ebenso OLG Köln WRP 2009, 1416 f.; anders aber KG NJW 2011, 466.
BGH