Zur Fremdrechtsanwendung im Wirtschaftsstrafrecht. Christina Konzelmann
Verweisungen durch Strafblankettgesetze gestellt werden, bedürfen daher einer eingehenden Prüfung, für die auch die Differenzierung normativer Tatbestandsmerkmale von den Blanketttatbeständen von Relevanz ist.
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Für den Tatbestand der Untreue nach § 266 StGB hat der BGH[3] mittlerweile klar gestellt, dass sich das Merkmal der Pflichtwidrigkeit für den Geschäftsleiter einer EU-Auslandsgesellschaft nach deren Gründungsrecht bestimmt. Gleichwohl werden hierbei unter verfassungsrechtlichen Aspekten der Inbezugnahme der ausländischen gesellschaftsrechtlichen Verhaltenspflichten Bedenken gehegt, die auch die Frage betreffen, ob eine Strafbarkeit wegen Untreue als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ausscheiden muss, wenn ein Vergleich mit Verhaltensanforderungen des Gründungsstaats ein schwächeres Schutzniveau aufweist. Nachgegangen wird hierbei auch der Frage, ob eine Übertragung deutscher Kapitalschutzinstrumente wie der Existenzvernichtungshaftung auf EU-Auslandsgesellschaften möglich ist, die eine Strafbarkeit nach § 266 StGB begründen könnte, oder ob einer solchen Anwendung die Niederlassungsfreiheit entgegensteht. Abschließend werden die vorgebrachten praktischen Bedenken einer Fremdrechtsanwendung sowie die hierzu als Lösungsansatz vertretenen legislativen Möglichkeiten dargestellt.
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Im Folgenden soll zunächst ein kurzer Überblick über die Organisationsverfassung der SL sowie auf diese anzuwendenden Rechtsgrundlagen gegeben werden.
Anmerkungen
EuGH Slg. 1999, I-1459 = EuZW 1999, 216 – Centros; EuGH Slg. 2002, I-9919 = EuZW 2002, 754 – Überseering; EuGH Slg. 2003, I-10155 = EuZW 2003, 687 – Inspire Art.
EuGH Slg. 1993, I-6097 = NJW 1994, 121 – Keck und Mithouard.
BGH NStZ 2010, 632.
Teil 2 Zur spanischen Sociedad de Responsabilidad Limitada (SL)
Inhaltsverzeichnis
IV. Kapitalaufbringung und -erhaltung bei der SL
V. Die Organisationsverfassung der SL
VI. Die zivilrechtliche Haftung des Verwalters
VII. Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Verwalter
VIII. Buchführungs- und Bilanzierungspflichten bei der SL
Teil 2 Zur spanischen Sociedad de Responsabilidad Limitada (SL) › I. Allgemeines
I. Allgemeines
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Die Sociedad de Responsabilidad Limitada (SRL oder, wie im Folgenden: SL), die spanische Gesellschaft mit beschränkter Haftung, gilt als beliebteste und häufigste Unternehmensform in Spanien, die sich als geeignete Rechtsform nicht nur für kleine und mittlere Unternehmen, sondern auch für Großunternehmen darstellt.[1]
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Bis zum Inkrafttreten des LSC[2] bestand für die SL ein eigenes Regelwerk im LSRL[3], das jedoch nicht umfassend war, da es auf diversen Verweisungen auf Regelungen des LSA sowie auf Regelungen des CCo basierte.[4] Die Tatsache, dass sich im spanischen Gesellschaftsrecht Regelungen für die jeweiligen Gesellschaftsformen in unterschiedlichen Gesetzbüchern befanden, bewog den spanischen Gesetzgeber, die einzelnen Gesetze zu den Kapitalgesellschaften zu überarbeiten und in einem einzigen Regelwerk, dem LSC zu vereinen.[5] Entsprechend unterwirft nun Art. 3 LSC alle Kapitalgesellschaften den Regelungen des LSC, sofern im Einzelfall nicht speziellere gesetzliche Regelungen zur Anwendung gelangen.
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Durch Reformgesetz 7/2003 vom 1.4.2003 über die SLNE[6] wurde zudem im Interesse der Gründungserleichterung einer SL eine neue Gesellschaftsform eingeführt, die vielfach unter dem Stichwort der „Blitzgründung“ geführt wird, da sie eine schnelle und unkomplizierte Gründung mittels einer einzigen elektronischen Urkunde (Documento único electrónico, DUE) und eine Eintragung innerhalb von 48 Stunden ermöglichen soll.[7] Sie wurde in den Artt. 434 ff. in das LSC integriert. Da sich die SLNE in der Praxis bisher nicht durchsetzen konnte,[8] wird auf eine umfassende Darstellung dieser Gesellschaftsform verzichtet. Wesentliche Unterschiede im Gegensatz zur Grundform der SL bestehen in der Begrenzung der Gesellschafterzahl während der Gründungsphase und dem Ausschluss der Fremdorganschaft für den Verwalter.[9] Das Stammkapital darf nicht unterhalb von 3.012 € und nicht oberhalb von 120.200 € liegen und kann nur in Form von Kapitaleinlagen erbracht werden.[10] Zudem bietet die Gesellschaftsform neben der vereinfachten Buchführung auch Steuervorteile in den ersten Geschäftsjahren nach Gründung.[11]
Anmerkungen
Grüter S. 26 ff.; Löber/Lozano/Steinmetz S. 13 f. mit einer Übersicht zur Anzahl der Neugründungen von Gesellschaften in Spanien; zur geschichtlichen Entwicklung und der wachsenden Bedeutung der SL vor dem Hintergrund der Reform des spanischen Gesellschaftsrechts Tresselt S. 21 ff.
Real Decreto Legislativo 1/2010 vom 2. Juli 2010, BOE Nr. 161 vom 3.7.2010, in Kraft getreten am 1.9.2010.
Gesetz 2/1995, vom 24.3.1995 über die SL, BOE Nr. 71, S. 9181 ff.
Vgl. zu der rechtlichen Entwicklung der SL Tresselt S. 21 ff.; sowie zu den Rechtsquellen des spanischen Handels- und Gesellschaftsrechts Rades S. 22 ff.; zu den einzelnen Gesellschaftsformen im spanischen Recht Moya Jiménez Disolución, S. 14 ff.; Löber/Lozano/Steinmetz S. 15 ff.