Besteuerung von Unternehmen II. Wolfram Scheffler
und der Einzelbewertung dient der Objektivierung der Gewinnermittlung. Durch die auf die einzelnen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter bezogene Bilanzierung und Bewertung ist ein Identitätsnachweis möglich. Damit wird eine größere Genauigkeit erreicht und die Überprüfung durch Außenstehende erleichtert. Darüber hinaus verhindert dieses Prinzip einen Bewertungsausgleich zwischen Wirtschaftsgütern, deren Wert sich erhöht hat, und Wirtschaftsgütern, bei denen Wertverluste eingetreten sind. Der Systemgrundsatz der Einzelerfassung und Einzelbewertung steht also auch in enger Verbindung mit den Periodisierungsgrundsätzen (insbesondere Realisationsprinzip) und den Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen (insbesondere Imparitätsprinzip).
Der Grundsatz der Einzelerfassung und Einzelbewertung führt dazu, dass im Rahmen der externen Rechnungslegung die Gewinnermittlung anhand eines Einzelvermögensvergleichs vorgenommen wird. Dadurch werden – im Gegensatz zu einer ertragsorientierten Gesamtbewertung des Unternehmens – Kombinationseffekte zwischen den einzelnen Vermögensgegenständen vernachlässigt. Die Differenz zwischen der Summe der Einzelwerte und dem Gesamtwert des Unternehmens schlägt sich im Geschäfts- oder Firmenwert nieder.
Vom Grundsatz der Einzelerfassung und Einzelbewertung kann aufgrund von (gesetzlich formulierten oder zu den ungeschriebenen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gehörenden) Ausnahmeregelungen abgewichen werden, soweit der Identitätsnachweis nicht möglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist. Das Hauptargument für eine Durchbrechung des Grundsatzes der Einzelerfassung und Einzelbewertung bildet der zur Gruppe der Rahmengrundsätze gehörende Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Soweit der Informationswert für die Adressaten des Jahresabschlusses (vermutlich) geringer ist als der mit einer getrennten Erfassung und Bewertung verbundene Arbeitsaufwand, dürfen Inventur- und Bewertungsvereinfachungen in Anspruch genommen werden. Konkretisiert wird dieses Kriterium durch die Anforderung, dass bei der Inanspruchnahme einer Inventur- oder Bewertungsvereinfachung der ermittelte Gewinn nur unwesentlich von dem Gewinn abweicht, der sich bei einer Beachtung des Grundsatzes der Einzelerfassung und Einzelbewertung ergeben würde.
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Eine Besonderheit gilt für Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und die ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen („Planvermögen“). Beim Ausweis im handelsrechtlichen Jahresabschluss sind diese Vermögensgegenstände mit den entsprechenden Schulden und die damit verbundenen Aufwendungen mit den Erträgen zu verrechnen (§ 246 Abs. 2 S. 2, 3 HGB).[1] Für die steuerliche Gewinnermittlung gilt diese Ausnahme vom Saldierungsverbot nicht, da in § 5 Abs. 1a S. 1 EStG ausdrücklich vorgegeben wird, dass Posten der Aktivseite nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden dürfen. Das Maßgeblichkeitsprinzip wird durch eine verbindliche Vorschrift durchbrochen (Fall 2b). In der Steuerbilanz bleibt es insoweit bei der Geltung des Grundsatzes der Einzelerfassung und damit auch beim Grundsatz der Einzelbewertung.
Zur Bildung von Bewertungseinheiten im finanzwirtschaftlichen Bereich („Hedge-Accounting“) siehe Zweiter Abschnitt, Kapitel B.IV.2e), Rn. 393).
Anmerkungen
Zu den Zielen und Einzelheiten dieser Ausnahme vom Saldierungsverbot siehe Dritter Abschnitt, Kapitel B.III.2e), Rn. 535–536.
V. Grundsätze der Periodisierung
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Im ersten Schritt wird erläutert, nach welchen Grundsätzen im externen Rechnungswesen Ein- und Auszahlungen zu Erträgen und Aufwendungen periodisiert werden und wie sich die Periodisierungsgrundsätze in das Konzept einer vorsichtigen Gewinnermittlung einordnen lassen. Ergänzend wird auf das Verhältnis der Periodisierungsgrundsätze zum Grundsatz der objektivierten Gewinnermittlung eingegangen. Im zweiten Schritt werden die Unterprinzipien des Periodisierungsgrundsatzes im Einzelnen vorgestellt:
– | Realisationsprinzip |
– | Anschaffungswertprinzip |
– | Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach |
– | Abgrenzung von Erträgen und Aufwendungen der Zeit nach. |
1. Zielsetzung und Verhältnis zum Vorsichtsprinzip
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(1) Grundgedanke und Einteilung der Grundsätze der Periodisierung: Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres sind unabhängig von den Zeitpunkten der damit verbundenen Zahlungen zu berücksichtigen (§ 252 Abs. 1 Nr 5 HGB). Im externen Rechnungswesen wird auf periodisierte Zahlungen abgestellt. Der Gewinn ergibt sich nicht durch eine Gegenüberstellung von Ein- und Auszahlungen. Es wird keine Cashflow-Rechnung vorgenommen, sondern ein Betriebsvermögensvergleich. Für die Abgrenzung zwischen den einzelnen Wirtschaftsjahren werden deshalb Leitlinien benötigt, um Zahlungen entweder (erfolgswirksam) der Gewinn- und Verlustrechnung oder (zunächst erfolgsneutral) der Bilanz zuzuordnen:
– | Die Interpretation der Handels- oder Steuerbilanz als Vermögensbilanz löst die Abgrenzungsfrage primär aus Sicht der Bilanz. Bei diesem als statische Bilanztheorie bezeichneten Ansatz besteht die wesentliche Aufgabe des externen Rechnungswesens in der jährlichen Ermittlung des am Abschlussstichtag vorhandenen Reinvermögens. Die Höhe des Gewinns ergibt sich als Nebenprodukt aus der Veränderung des Reinvermögens zwischen zwei Bilanzstichtagen. Da bei diesem Konzept der Objektivierungsgedanke sehr stark betont wird, dürfen auf der Aktivseite nur körperliche Gegenstände (Sachen), Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie finanzielle Vermögenswerte (zB Kassenbestände, rechtlich bestehende Forderungen) und auf der Passivseite nur das Eigenkapital sowie rechtlich bestehende Schulden angesetzt werden. Diese enge Auslegung der bilanzierungsfähigen Werte erschwert allerdings eine aussagekräftige Periodenabgrenzung. |
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Fasst man die Handels- und Steuerbilanz als Erfolgsbilanz auf, ist von der Gewinn- und Verlustrechnung auszugehen. Als Orientierungsmaßstab für die Gewinnermittlung dient das Verursachungsprinzip. Bei der auf Eugen Schmalenbach zurückgehenden dynamischen Bilanztheorie dient die Bilanz lediglich als Abgrenzungskonto.[1] Auf der Aktivseite werden die vor dem Abschlussstichtag getätigten Ausgaben erfasst, von denen erst nach dem Bilanzstichtag ein Nutzen erwartet wird („schwebende Vorleistungen“). Spiegelbildlich handelt es sich bei den Passiva um am Bilanzstichtag vorhandene Verpflichtungen, die erst nach dem Abschlussstichtag erfüllt werden müssen („schwebende Nachleistungen“).
Beispiele:
Der Kauf einer Maschine, die über mehrere Jahre eingesetzt werden kann, stellt eine Ausgabe dar, die noch kein Aufwand ist („schwebende Vorleistung“). Die Aufwandswirksamkeit tritt in den Perioden ein, in denen die Maschine genutzt wird.
Vorauszahlungen von Kunden führen zu Einzahlungen, deren Ertragswirkung erst in dem Zeitpunkt eintritt, in dem der Bilanzierende seine Verpflichtung zur Lieferung der bereits bezahlten Waren erfüllt („schwebende Nachleistung“).
Das durch die dynamische Bilanztheorie geprägte Verursachungsprinzip ist zu allgemein, um eine willkürfreie Periodenabgrenzung zu gewährleisten. Beispielsweise kann die Erfolgswirkung eines Werbefeldzugs („schwebende Vorleistung“) in den nachfolgenden |