Soldatengesetz. Stefan Sohm
ist i.d.R. nicht jünger als 40 Jahre. Diese altersmäßige Exklusivität ist im Hinblick auf die Einsatzbereitschaft und einen homogenen Altersaufbau der SK ohne Belang. Ob ein Zug Soldaten seine Befehle von einem 37-jährigen oder einem 43-jährigen StFw erhält, ist für die Auftragserfüllung ohne Bedeutung. Keinem von beiden kann nur aufgrund des Alters die grds. Eignung als Vorg. mit diesem Dienstgrad abgesprochen werden. Das Alter ist in diesem Fall kein Eignungskriterium. Somit kann es die vorrangigen Auswahlkriterien Eignung, Befähigung und Leistung nicht verdrängen. Auch die Alterspyramide der Uffz ändert sich nicht, weil eine Beförderung keinen Einfluss auf die besondere Altersgrenze für BerufsUffz (§ 45 Abs. 2 Nr. 5) hat.
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Ein längeres Dienstalter wirkt sich nicht per se leistungssteigernd durch vermehrte Berufserfahrung aus. Dies kann (möglicherweise in der Mehrzahl der Fälle), muss aber nicht sein. Es gibt keinen allg. gültigen Erfahrungssatz, mit zunehmendem (Dienst- oder Lebens-)Alter erhöhten sich automatisch Leistungsfähigkeit und Fachwissen.[365] Sollte es im Einzelfall so sein, müsste sich dies im Ergebnis der Leistungsbeurteilung des dienstälteren Soldaten widerspiegeln.[366] Sonst kann ein längeres Dienstalter zwischen im Wesentlichen gleich gut beurteilten Soldaten nur als Hilfskriterium bei Auswahlverfahren dienen.
Wartezeiten schwächen die Motivation insgesamt: Wer warten muss, sieht keinen Sinn darin, sich besonders anzustrengen, weil er während der Wartezeit auch durch Spitzenleistungen keine vorzeitige Förderung erreichen kann. Lebensältere werden keine besonderen Aktivitäten entfalten, weil sie früher oder später – die Wartezeit schließt die Konkurrenz aus – gleichwohl zum Zuge kommen. Nur Wettbewerb untereinander schafft Leistungsanreize und motiviert individuell. Leistungskonkurrenz führt zur bestmöglichen Besetzung von Dienstposten und gewährleistet die Schlagkraft der SK zur möglichst effektiven Aufgabenwahrnehmung. Die Besetzung höherwertiger Dienstposten mit Leistungsschwächeren, aber Lebensälteren führt zu einer schlechteren Aufgabenerledigung.
Die Verwendungsbeschränkung von Soldaten infolge laufender disziplinarischer Ermittlungen („keine Förderung und keine Beförderung“) ist nicht unumstritten,[367] begegnet aber zu Recht keinen grds. Bedenken.[368] Denn es ist mit dem nach dem Grundgesetz allein zulässigen Zweck des Disziplinarrechts[369] nicht vereinbar, bei einem Verdacht von Dienstpflichtverletzungen gegen einen Soldaten diesen unbefangen weiter zu verwenden oder gar zu ernennen, da disziplinare Vorwürfe (d.h. Beanstandung von Dienstausübung oder persönlichem Verhalten) i.d.R. berechtigte Zweifel an der Eignung des Soldaten auslösen.[370] Hier entscheidungserheblich sind jedoch vielmehr ein zutreffendes Verständnis von dem Verdachtsbegriff, der Ermittlungsdauer sowie der dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht werdenden Einzelfallbetrachtung.
dd) Vom Dienst freigestellte oder entlastete Soldaten
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Probleme bereitet eine Bestenauslese unter Einbeziehung vom Dienst freigestellter oder entlasteter Soldaten. Hierzu gehören insbes. Soldatenvertreter in Personalvertretungen, die von ihrer dienstl. Tätigkeit freigestellt werden, hierdurch aber keine Beeinträchtigung ihres beruflichen Werdegangs erleiden dürfen[371] (§ 8, § 46 Abs. 3 Satz 1 und 6 BPersVG i.V.m. § 51 Abs. 3 SBG). Entspr. gilt dies für mil. Gleichstellungsbeauftragte, die nach § 18 Abs. 2a Satz 1 SGleiG von ihrer dienstl. Tätigkeit grds. ganz zu entlasten sind und nach § 18 Abs. 5 SGleiG wegen ihrer Tätigkeit in ihrer beruflichen Entwicklung nicht benachteiligt oder begünstigt werden dürfen. Ihnen ist die fiktive Nachzeichnung ihres beruflichen Werdegangs im Hinblick auf die Einbeziehung in Personalauswahlentscheidungen zu gewährleisten.[372] In allen Fällen besteht die Schwierigkeit, dass diese Personen keine dienstl., einer Beurteilung zugängliche Tätigkeit ausüben und dass ihr Wirken als Interessenvertreter nicht bewertet werden darf.
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Aus dem Benachteiligungsverbot folgt, dass vom Dienst freigestellten Soldaten weitgehend jene berufliche Entwicklung zu eröffnen ist, die sie ohne ihre Tätigkeit im Personalrat oder als Gleichstellungsbeauftragte nehmen könnten. Das gilt insbes. für die Teilnahme an Beförderungskonkurrenzen. Unberücksichtigt muss bleiben, dass diese Soldaten nach der Beförderung wegen der andauernden Freistellung oder Entlastung vom Dienst keinen mil. Dienst leisten können. Außerdem muss ihnen, sofern auf eine aktuelle Beurteilung nicht zurückgegriffen werden kann, zur Vergleichbarkeit mit den aktuellen Beurteilungen der Mitbewerber ein Ersatz bereitgestellt werden, der ihnen eine Konkurrenz ermöglicht.
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Nach der Rspr. des BVerwG liegt das Verfahren zur Verwirklichung einer Vergleichbarkeit, insbes. im Hinblick auf fehlende dienstl. Beurteilungen, im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn.[373] Er entscheidet, auf welche Weise er sicherstellt, dass die Freistellung nicht zu einer Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führt.[374] Er darf typisierend vorgehen, den Aufwand zur Ermittlung einer fiktiven Laufbahnentwicklung in praktikablen Grenzen halten und die Erörterung von Personalangelegenheiten anderer Soldaten auf das unvermeidliche Maß beschränken.
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Praxis des BMVg ist es, für die Entscheidung über die Förderung vom Dienst freigestellter oder entlasteter Soldaten eine Laufbahnentwicklung fiktiv nachzuzeichnen (vgl. für Beamte auch § 33 Abs. 3 BLV). Nach der ZDv A-1340/49 Nr. 201 ist die Beförderung eines Soldaten allerdings grds. nur zulässig, wenn dessen Verwendung auf einem im Frieden zu besetzenden Dienstposten, dessen Bewertung mindestens dem Beförderungsdienstgrad entspricht, verfügt und als Personalmaßnahme wirksam geworden ist sowie eine besetzbare Planstelle vorhanden ist. Die Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten ist Voraussetzung für eine spätere Beförderung.[375] Dieses gestufte Modell (Versetzung vor Beförderung) gilt auch für freigestellte Personalratsmitglieder. Um sie trotz der Freistellung befördern zu können, hat das BMVg das Institut der fiktiven Versetzung auf einen höher bewerteten Dienstposten geschaffen. Auch insoweit handelt es sich aber um eine förmliche, dem Soldaten schriftl. mitzuteilende Versetzungsentscheidung. Erst mit der fiktiven Versetzung werden freigestellte Soldaten in die Bewerberauswahl für Beförderungsentscheidungen einbezogen.[376]
Um anschließend – obwohl der freigestellte Soldat nicht mehr dienstl. beurteilt wird – eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen, bildet das BMVg Referenzgruppen, um den beruflichen Werdegang des freigestellten Soldaten ohne die Freistellung fiktiv nachzuzeichnen. Nach den VV der Bw[377] soll eine Referenzgruppe aus neun weiteren, in begründeten Ausnahmefällen aus fünf nicht freigestellten BS bestehen, die zu Beginn der Freistellung ein wesentlich gleiches Eignungs- und Leistungsbild aufweisen, im gleichen Jahr wie das freigestellte Personalratsmitglied auf einen vergleichbaren Dienstposten versetzt wurden und der gleichen Ausbildungs- und Verwendungsreihe (AVR) wie dieses angehören. Innerhalb der Referenzgruppe wird eine am Leistungsbild orientierte Rangfolge der Mitglieder gebildet. Das freigestellte Personalratsmitglied wird fiktiv auf einen höherwertigen Dienstposten versetzt und nach Einweisung in eine verfügbare Planstelle befördert, sobald eine seinem Rangplatz entspr. Anzahl von Gruppenmitgliedern einen höherwertigen Dienstposten erhalten hat und kein persönlicher Hinderungsgrund vorliegt.[378]
Dieses Verfahren hat die grds. Billigung der Rspr. gefunden.[379] Es berücksichtigt sowohl die letzten planmäßigen Beurteilungen des Soldaten (das Beurteilungsbild vor der Freistellung oder Entlastung), die fortgeschrieben werden, als auch den Werdegang vergleichbarer Soldaten. Sachgerecht erscheint es, über die Berücksichtigung des Werdegangs hinaus insbes. auf dienstgradgleiche Soldaten abzustellen. Einzubeziehen sind auch die allg. üblichen Beförderungslaufzeiten in der jew. Laufbahn und im jew. mil. OrgBereich des Soldaten.
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