Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz / Verwaltungszustellungsgesetz. Eva-Maria Kremer

Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz / Verwaltungszustellungsgesetz - Eva-Maria Kremer


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      Kapitel I Kommentar zum Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG)Erster Abschnitt Vollstreckung wegen Geldforderungen › § 4 Vollstreckungsbehörden

      Vollstreckungsbehörden sind:

a) die von einer obersten Bundesbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern bestimmten Behörden des betreffenden Verwaltungszweiges;
b) die Vollstreckungsbehörden der Bundesfinanzverwaltung, wenn eine Bestimmung nach Buchstabe a nicht getroffen worden ist.

      Erläuterungen

      I.Vollstreckungsbehörden nach Bundesrecht1 – 17

       1.Vorrangige Vollstreckungsbehörden nach Buchstabe a6

       2.Vollstreckungsbehörden der Bundesfinanzverwaltung nach Buchstabe b7

       3.Gesetzlich bestimmte Vollstreckungsbehörden8

       4.Gerichtsvorsitzender als Vollstreckungsbehörde9 – 17

      II.Vollstreckungsbehörden nach Landesrecht18

      III.Verweigerung der Beitreibung durch die Vollstreckungsbehörde19 – 21

      1

      Als Vollstreckungsbehörden bezeichnet man die Behörden, die für die Vollstreckung von öffentlich-rechtlichen Geldforderungen zuständig sind. Ihre Zuständigkeit beginnt, sobald die Anspruchsbehörde, welche als Gläubigerin die Vollstreckungsanordnung erlassen hat, sie um die Durchführung der Vollstreckung ersucht.

      Hierzu bestimmt § 252 AO: Im Vollstreckungsverfahren gilt die Körperschaft als Gläubigerin der zu vollstreckenden Ansprüche, der die Vollstreckungsbehörde angehört (vgl. BGH B 14.2.2013 – IX ZR 115/12, juris = MDR 2013, 620S ). Die Geltung des § 252 AO ist im Falle des § 4 VwVG durch § 5 Abs. 1 VwVG vorgeschrieben.

      2

      

      Mit ihrem Ersuchen bittet die Gläubigerbehörde die Vollstreckungsbehörde um Amtshilfe. Rechtsgrundlage ist Art. 35 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 4 bis 8 VwVfG. Die Ausführungsvorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes sind erforderlich. Denn sie füllen den Rahmen des Art. 35 Abs. 1 GG aus. So wird die Amtshilfe konkretisiert. Nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 VwVfG handelt es sich bei der Amtshilfe um „ergänzende Hilfe“. Das bedeutet: Die um Amtshilfe ersuchte Behörde ergänzt durch ein Nebenverfahren das Verfahren der ersuchenden Behörde, bei welcher die Hauptsache anhängig ist. In diesem Zusammenhang sei auf die Bedeutung einer gesetzlichen Begriffsbestimmung hingewiesen.

      Ihrem Wesen nach ist die gesetzliche Begriffsbestimmung ein nahezu einzigartiges Element im Rechtssystem. Denn sie ist die allgemein verbindliche Auslegung eines Rechtsbegriffs durch den Gesetzgeber mit Kurzfassung in einer Klammer. Mit der Kurzfassung erklärt der Gesetzgeber bindend, was ein voranstehender Gesetzestext zu bedeuten hat. Diese Festlegung gilt nunmehr für alle Rechtsgebiete. Ausführlich Sadler, Bedeutung der gesetzlichen Begriffsbestimmung, Polizei 2009 S. 266–268.

      Die Voraussetzungen und Grenzen der Amtshilfe werden in § 5 VwVfG behandelt. Mit dem Ausdruck „insbesondere“ in § 5 Abs. 1 VwVfG weist der Gesetzgeber aber darauf hin, dass es sich bei den dort genannten Fällen nur um wichtige Beispiele für ein Amtshilfeersuchen und also nicht um eine abschließende Regelung handelt.

      Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG muss die Gläubigerbehörde um die Amtshilfe bitten, wenn sie „aus rechtlichen Gründen die Amtshandlung nicht selbst vornehmen kann“. Ihr rechtliches Unvermögen ergibt sich aus § 4 VwVG. Denn danach ist sie wegen der Sonderregelung des § 4 Buchst. a VwVG keine Vollstreckungsbehörde. Vielmehr sind laut § 249 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 250 AO die Finanzämter und die Hauptzollämter als Vollstreckungsbehörden für derartige Vollstreckungsersuchen im Wege der Amtshilfe zuständig.

      Eine derartige rechtliche Konstellation ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zulässig: Amtshilfe ist auch dann gegeben, wenn eine Behörde keine Zwangsbefugnis besitzt und sich zwecks Vollstreckung ihrer Anordnungen an Behörden mit entsprechenden Befugnissen wendet (BVerwG U 28.2.1969 – 7 C 22/67, juris Rn. 19 f. = BVerwGE 31, 328 (329)).

      Allgemein ist für jede Amtshilfe der Verwaltungsbehörden und Gerichte Folgendes zu berücksichtigen: Entsprechend der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 VwVfG ist sie in allen Fällen nur eine „ergänzende“ Hilfe. „Grundsätzlich gilt, dass der Verwaltungsträger, dem durch eine Kompetenznorm des Grundgesetzes Verwaltungsaufgaben zugewiesen sind, diese Aufgaben durch eigene Verwaltungseinrichtungen – mit eigenen personellen und sächlichen Mitteln -wahrnimmt“ (BVerfG B 12.1.1983 – 2 BvL 23/81, juris Rn. 131 = BVerfGE 63, 1 (32)). Also ist die Amtshilfe auf Teilgebiete eines Verwaltungsverfahrens begrenzt (BVerfG B 13.7.2011 – 2 BvL 742/10, juris = NVwZ 2011, 1254).

      In dem Vollstreckungsersuchen sollte die Anspruchsbehörde bestätigen: „Wir haben bereits gemahnt. Die Vollstreckung ist angeordnet. Wir bescheinigen hierdurch die Vollstreckbarkeit der Forderung.“

      Das Vollstreckungsersuchen ist kein Verwaltungsakt (BVerwG U 18.11.1960 – 7 C 184/57, juris = NJW 1961, 332). Denn das Ersuchen dient nur dem Zweck, einen schon erlassenen Verwaltungsakt, nämlich den Leistungsbescheid, durchzusetzen. Es ist ein innerdienstlicher Vorgang zwischen zwei Behörden. Daher fehlt die für einen Verwaltungsakt erforderliche Rechtswirkung nach außen (OVG Magdeburg B 23.12.2008 – 2 M 235/08, juris = NVwZ-RR 2009, 410).

      3

      Die Anordnungsbehörde ist gegenüber der Vollstreckungsbehörde sachlich lenkungsbefugt. Denn allein sie ist die Behörde, die den zu vollstreckenden Anspruch geltend machen darf (§ 3 Abs. 4). Sie kann also die materielle Art. der Vollstreckung bestimmen (z.B. keine Mobiliarpfändung, keine Vollstreckungshandlung zur Nachtzeit sowie an Sonn- und Feiertagen), die Einstellung der Vollstreckung verfügen oder ihren Anspruch summenmäßig begrenzen.

      4


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